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Zum Jubiläum: Bouffier würdigt Verdienste der Deutsch-Israelischen Gesellschaft

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat ihr 50-jähriges Bestehen mit einem Festakt in Wiesbaden gefeiert. Der hessische Ministerpräsident Bouffier betonte, dass auch Flüchtlinge die besonderen Beziehungen zwischen den beiden Ländern begreifen müssten. Sonst könne Integration nicht gelingen.
Betonte die Besonderheit der deutsch-israelischen Beziehungen: Volker Bouffier

WIESBADEN (inn) – Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat am Sonntag den Beitrag der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) für die Beziehungen der Bundesrepublik zum jüdischen Staat gewürdigt. Anlass war das 50-jährige Bestehen der Organisation. In seiner Festrede im Wiesbadener Schloss Biebrich sprach der CDU-Politiker von einem „Tag der Freude und der Verpflichtung“.

Bouffier erinnerte an die vielzitierte Aussage, Israels Existenzrecht sei deutsche Staatsräson. Das wirke sich auch auf die Integration von Flüchtlingen aus Staaten aus, die Israel feindlich gesinnt seien. Viele Neuankömmlinge seien mit einem einzigen Feindbild aufgewachsen und erzogen worden: Israel. Sie müssten nun lernen, was Deutschland ausmache – dazu gehöre eben auch das besondere Verhältnis zum jüdischen Staat. „Wie soll ein junger Mann aus Syrien verstehen, was das Besondere an den Beziehungen ist?“, fragte der Ministerpräsident. Die Deutschen müssten diesen Menschen beibringen, „dass für uns dieses nicht verhandelbar ist“. Nur so könne Integration gelingen.

Ferner ging Bouffier auf Kommentare in sozialen Netzwerken ein, die ein „Ausdruck der Verkommenheit, der Feigheit, des Hasses, des mangelnden Respektes“ seien. Diese Hassbotschaften richteten sich häufig gegen jüdische Mitbürger. „Es ist wichtig, dass man dies nicht einfach so laufen lässt.“ Aufstehen, widerstehen und Gesicht zeigen sei angebracht. Dafür habe sich die DIG in der Vergangenheit eingesetzt. Wegen ihrer vielfältigen Errungenschaften sei das Jubiläum ein Tag der Freude. Aber der Rückblick verpflichte auch zu weiterem Engagement in der Zukunft.

Errungenschaften der DIG in Gefahr

Die DIG habe bei ihrer Gründung zwei Anliegen formuliert: die deutsch-israelischen Beziehungen stärken und die Völkerverständigung in Nahost unterstützen. Der erste Teil sei in weiten Teilen erfüllt, beim zweiten Teil bestehe hingegen noch Nachholbedarf. Auch die Weltgemeinschaft sei hier nicht weitergekommen, das zeige sich gerade jetzt beim Morden in Aleppo, merkte der CDU-Politiker an. Israel müsse in Frieden und Sicherheit bestehen können, doch auch für die Palästinenser müsse eine Lösung gefunden werden.

Bouffier nahm auch Bezug auf die Juden in Deutschland. Er bekundete seine Freude darüber, dass jüdische Bürger aus der ehemaligen Situation Vertrauen in das neue Deutschland gefasst hätten. „Juden gehören zu Deutschland“, sagte der Ministerpräsident. „Sie haben unser Land entscheidend geprägt.“ Doch heute könnten Extreme von rechts und links das gefährden, wofür die Deutsch-Israelische Gesellschaft sich eingesetzt habe.

Das Bundesland Hessen war vor 50 Jahren institutionelles Mitglied der DIG geworden. Dafür verlieh Präsident Hellmut Königshaus dem Ministerpräsidenten eine Urkunde. Dieser wies darauf hin, dass alle Verantwortlichen des Bundeslandes, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, den Beitritt zur DIG ernstgenommen hätten.

Staatsministerin: Scho’ah als Teil der historischen Identität

Im Namen der Bundesregierung sprach die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Maria Böhmer ein Grußwort. Sie sieht eine „beeindruckende Bilanz“ der DIG in 50 Jahren beim Versuch, die Beziehungen zu Israel zu stärken. „Wir stehen an Ihrer Seite und werden Sie auch zukünftig gerne unterstützen“, betonte sie. Dass die Deutsch-Israelische Gesellschaft nach der offiziellen Aufnahme der diplomatischen Beziehungen die Menschen mitgenommen habe bei der Annäherung an Israel, sei ein großes Verdienst. Die Organisation bemühe sich, das Wissen um die besondere Verantwortung für den jüdischen Staat in der deutschen Bevölkerung zu verankern. Die Scho’ah sei ein Teil der historischen Identität. „Wer zu Deutschland gehören will, muss diese Geschichte akzeptieren – und dazu gehört die Solidarität mit Israel.“

Israels Botschafter in Berlin, Yakov Hadas-Handelsman, lobte die Fähigkeit der DIG, die richtigen Kontakte mit den richtigen Leuten zu knüpfen. Der direkte Austausch von Mensch zu Mensch sei der Motor, der die Beziehungen in Schwung halte. Allerdings sei es falsch, sich entspannt zurückzulehnen und den Erfolg zu genießen. Der Diplomat nannte vier Herausforderungen, vor denen die Beziehungen stünden: Antisemitismus, die internationale Boykottbewegung BDS, die Forderung nach einem Schlussstrich unter das Kapitel der Scho’ah sowie die Berichterstattung über Israel. Gleichzeitig nannte er Deutschland den wichtigsten Partner und Partner seines Landes in Europa – und äußerte die Hoffnung, dass dies in Zukunft so bleiben möge.

Medaille für „Geigen der Hoffnung“

Bei dem Festakt vergab die DIG die Ernst-Cramer-Medaille, die alle zwei Jahre verliehen wird. Sie ist benannt nach dem 2010 verstorbenen Journalisten Ernst Cramer, der sich als Scho‘ah-Überlebender für Versöhnung eingesetzt hatte. Diesjähriger Preisträger ist der israelische Geigenbauer Amnon Weinstein, der in seinem Projekt „Geigen der Hoffnung“ Instrumente aus der Scho’ah zum Klingen bringt. Königshaus würdigte die Initiative in seiner Laudatio als „Projekt, das mit kleinen Gesten große Wirkung erzielt“. Die Freude sei nicht ungetrübt, da hinter den Violinen eine traurige Geschichte stehe. Vor zwei Jahren hatte der kürzlich verstorbene ehemalige israelische Staatspräsident Schimon Peres die Ehrung erhalten.

Der DIG-Präsident wies darauf hin, dass Amnon 1986 in seiner Werkstatt in Tel Aviv ein Instrument in die Hände gekommen war, das in Auschwitz zum Einsatz gekommen war. Der Besitzer wollte nicht mehr darauf spielen, es aber für seinen Enkel restaurieren lassen. Als der Israeli die Violine öffnete, entdeckte er darin Asche aus Auschwitz. Das habe ihm „das Blut in den Adern gefrieren lassen“ – hatte er doch während der Scho’ah mehr als 360 Angehörige verloren. Die Geige reparierte er nicht. Aber später begann er, den Geschichten anderer Instrumente und ihrer früheren Besitzer nachzuspüren. Zu Recht, sagte Königshaus, heiße das Projekt „Geigen der Hoffnung“ – es lasse hoffen, dass sich der Schrecken der NS-Herrschaft nicht wiederholen werde.

Der Preisträger war aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Deshalb nahm sein Sohn Avshalom Weinstein für ihn die Auszeichnung entgegen – er beteiligt sich ebenfalls an dem Projekt. Auf Hebräisch verlas der aus Istanbul angereiste Israeli die Dankesrede seines Vaters. Jedes Konzert mit den „Geigen der Hoffnung“ sei ein Klangdenkmal für seine Angehörigen und die Musiker, die in der Scho’ah ermordet wurden. „Unsere Geigen schweigen nicht länger.“ Sie erreichten viele Menschen. Der Stimmstock in der Violine heißt auf Hebräisch „Neschamah“, also „Seele“. Und in der Tat entdecke Amnon Weinstein in jedem Instrument, das er restauriere, eine Seele. „Jede Geige birgt ein Rätsel, das ich zu entziffern versuche.“ Bislang haben Musiker mit den „Geigen der Hoffnung“ rund 30 Konzerte veranstaltet. Das bedeutsamste habe am 27. Januar 2015 stattgefunden – als die Berliner Philharmoniker im Gedenken an die Befreiung von Auschwitz 70 Jahre zuvor musizierten. (eh)

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