Ursprünglich war die Sondersitzung der Vereinten Nationen zum Gedenken an die Vernichtung der europäischen Juden für Dienstag angesetzt. Doch am 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz legte ein Schneesturm den Verkehr in New York lahm, so dass die Veranstaltung um einen Tag verschoben wurde. Der israelische Staatspräsident Rivlin sprach auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon vor den Vertretern der internationalen Gemeinschaft.
Der Holocaust sei das „entsetzlichste Verbrechen, das in der Menschheitsgeschichte je begangen wurde“, sagte Rivlin in seiner Ansprache gemäß einer UN-Mitteilung. Das Staatsoberhaupt erinnerte daran, dass die Vereinten Nationen auf den Ruinen des Zweiten Weltkrieges entstanden seien. Der internationale Gedenktag sei nicht nur eine Geste, denn das Versprechen „Nie wieder“ mache „das Wesen der UNO“ aus.
Doch seit der Gründung seien weitere Nationen und Gemeinschaften abgeschlachtet worden, gab Rivlin zu bedenken. Er nannte Kriege in Bosnien, Afghanistan, Syrien und Nigeria. „Wir müssen uns ehrlich fragen: Ist unser Kampf – der Kampf der Generalversammlung gegen den Genozid – effektiv genug? Vergießen wir zu viele Tränen und handeln zu wenig?“
Die Konvention zum Völkermord sei 64 Jahre alt, bleibe aber ein lediglich „symbolisches Dokument“, das seine Ziele nicht umgesetzt habe. Die internationale Gemeinschaft müsse die roten Linien festlegen, die einen Völkermord definieren, forderte der israelische Präsident. Und dann müsse sie klar machen, dass das Überschreiten dieser Linien eine Intervention bedeute. „Nationen können und dürfen nicht erst im Nachhinein oder aus Kosten-Nutzen-Erwägungen gerettet werden. Wenn nicht das moralische Feuer in uns brennt, werden die Lektionen des Holocaust niemals gelernt werden.“
Einem Bericht der Onlinezeitung „Times of Israel“ ging Rivlin auch auf den Islam ein: „Weder der Westen, noch die Christen noch die Juden befinden sich im Krieg gegen den Islam.“ Gerade jetzt beinhalte der Islam Opfer von Verfolgung und Terror, während er gleichzeitig auch als das Banner der Angreifer diene. Sein eigener Vater Josef Joel habe die erste hebräische Koran-Übersetzung verfasst. Er habe „an die Bedeutung des Dialoges und die kulturelle Bedeutung des Koran für alle Kinder Abrahams“geglaubt. Ferner nannte der Staatspräsident den Genozid an Armeniern in der Türkei vor 100 Jahren. Vor seiner Amtsübernahme hatte er sich dafür eingesetzt, dass Israel diesen Völkermord offiziell anerkennt.