Im 19. Jahrhundert griff Naphtali Hertz Imber, selbst Bürger der Habsburger Monarchie, diese biblischen Formulierungen für ein Gedicht auf, das er „HaTikvah“, „Die Hoffnung“, nannte: „Solange im Innern des Herzens noch jüdisches Leben rumort, auf die äußersten Enden des Ostens, nach vorne gerichtet, ein Auge nach Zion blickt, ist unsere Hoffnung nicht verloren, die Hoffnung von zwei Jahrtausenden: Ein freies Volk zu sein, in unserem eigenen Land, im Land Zion und in Jerusalem!“ 2004 wurde „Die Hoffnung“ offiziell zur Nationalhymne des Staates Israel erklärt.
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts diese jahrtausendealte jüdische Sehnsucht Gegenstand konkreter politischer Überlegungen wurde, tauchte der Begriff „Zionismus“ auf, als Zusammenfassung der praktischen Bemühungen des jüdischen Volkes, nach zweitausend Jahren Diaspora in seine Heimat, nach „Zion“, zurückzukehren. Wer dem jüdischen Volk ein Recht auf Selbstbestimmung zugesteht, die Heimkehr des Volkes Israel in das Land zwischen Mittelmeer und Jordan für rechtens hält, sie grundsätzlich bejaht und unterstützt, ist „Zionist“ – sei er nun Jude, Christ, Muslim, Hindu oder auch Atheist.
Von seinen Gegnern wird dem Zionismus vorgeworfen, Landraub, Gewalt und die Vertreibung von Palästinensern zu rechtfertigen. Er wird als Kolonialismus kritisiert. 1975 verurteilte die UNO-Generalversammlung Zionismus als Rassismus. 1981 riefen 53 Länder der Afrikanischen Union in der Präambel ihrer Charta für Menschenrechte dazu auf, „Kolonialismus, Neo-Kolonialismus, Apartheid und Zionismus zu eliminieren“.
Abgesehen von einigen ultra-orthodoxen Strömungen des Judentums und dem Großteil der islamischen Welt war es vor allem die römisch-katholische Kirche, die ein theologisches Problem mit jüdischen Nationalbestrebungen hatte. Papst Pius X. ließ den Vater des säkularen Zionismus, Theodor Herzl, wissen: „Die Juden haben unseren Herrn nicht anerkannt, deshalb können wir das jüdische Volk nicht anerkennen.“ In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzog der Vatikan eine Kehrtwende in seiner Einstellung zum jüdischen Volk und verurteilte alle christlichen Wurzeln des Antisemitismus. Dies bedeutete allerdings noch lange keine Unterstützung einer politisch real existenten Heimkehr des jüdischen Volkes in sein Land Israel. „Auch wenn wir die Juden nicht daran hindern können, nach Jerusalem zu gehen“, hatte Papst Pius X. einst Theodor Herzl erklärt, „wir werden das niemals sanktionieren“.
Doch der Zionismus hat nicht nur Antagonisten. Es gibt vielerlei Zionisten, ganz unterschiedlicher Couleur. Während sich Juden lautstark als Antizionisten outen, befürworten unzählige Nichtjuden die Rückkehr des jüdischen Volkes in das Land Israel. Lange bevor Juden aktiv eine Staatsgründung vorbereiteten, waren die britische Königin Victoria, Frankreichs Napoleon Bonaparte, der tschechoslowakische Präsident Tomáš Garrigue Masaryk und der Gründer des Internationalen Roten Kreuzes, Henry Dunant, de facto Zionisten.
Zionistische Meinungen unter Muslimen
Dabei waren und sind es nicht nur Christen, die zionistische Meinungen äußern, sondern auch Muslime. Bereits im 19. Jahrhundert befürwortete der Schah von Persien, Naser al-Din Schah Kadschar, dass Juden sich in Palästina niederließen. Später war es der pakistanisch-amerikanische Journalist und Autor Taschbih Sajjed. Unter den muslimischen Zionisten dürfte heute der Direktor des Kulturinstituts der italienischen islamischen Gemeinde und Imam von Rom, Scheich Abdul Hadi Palazzi, der bekannteste sein. Nicht selten zitieren Israel-freundliche Muslime den Koran, wie etwa Sure 7,137: „Und wir [Allah] gaben dem Volk, das (vorher) [in Ägypten] unterdrückt war [den Israeliten], die östlichen und westlichen Gegenden des Landes [die Ostbank und die Westbank des Jordan] (d.h. das ganze Land) zum Erbe.“
Asaad Schukeiri, Vater des ersten PLO-Generalsekretärs, Achmed Schukeiri, widersprach in der Zeit des Britischen Mandats Palästina öffentlich dem palästinensischen Nationalisten und Hitler-Freund Großmufti Hadsch Amin al-Husseini, als dieser islamische Lehren nutzte, um den Zionismus anzugreifen. Emir Faisal, Sohn des Scherifen Hussein von Mekka, der sich nach dem Zerfall des Osmanischen Reichs als rechtmäßiger Herrscher der arabischen Völker verstand, sympathisierte offen mit den Vorstellungen der Zionisten. Bis zum heutigen Tag haben jüdisch-nationale Ambitionen große Freunde, nicht nur unter Muslimen in Kurdistan und Nordafrika, sondern auch in Indien. Internationale Umfragen offenbaren Indien als pro-israelischstes Land der Welt – während es gleichzeitig die größte muslimische Bevölkerung weltweit verzeichnet.