WETZLAR (inn) – Der Jom HaSchoa vereint die Israelis in einer bewegenden Schweigeminute, um der im Holocaust ermordeten Juden zu gedenken. Der Tag mahnt auch, den Kampf gegen Antisemitismus und Hass in der Gegenwart fortzusetzen.
Wie sehr das auch in Deutschland notwendig ist, verdeutlichte Uwe Becker, Staatssekretär und Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, zum Abschluss dieses Tages bei einer Veranstaltung der Evangelischen Allianz im mittelhessischen Wetzlar. Rund 250 Interessierte kamen am Donnerstagabend in die Freie evangelische Gemeinde.
„Das Zeitfenster für jüdisches Leben in Deutschland wird sich schließen, wenn wir uns nicht aktiver gegen Antisemitismus einsetzen“, fand Becker deutliche Worte, „es ist nicht fünf vor zwölf, es ist bereits zehn nach zwölf!“
Nicht wegsehen, sondern hinschauen und sich einmischen
Seit dem Terrorakt der Hamas am 7. Oktober 2023 habe sich die Zahl gemeldeter Straftaten gegen jüdische Bürger mehr als verdoppelt. „Jüdisches Leben in Deutschland ist von rechter, linker wie auch von islamistischer Seite so bedroht wie noch nie seit der Schoa“, betonte Becker. Er forderte dazu auf, nicht wegzusehen, sondern hinzuschauen und sich einzumischen, wenn in Gesprächen stereotypische Aussagen geäußert werden, wie beispielsweise, dass Juden zu viel Einfluss weltweit hätten.
„Wir dürfen uns nicht an Unsagbares gewöhnen, das schürt die Angst von Juden im Alltag“, sagte Becker und verwies darauf, dass 70 Prozent der jüdischen Mitbürger es vermeiden würden, Symbole wie den Davidstern in der Öffentlichkeit zu tragen.
Becker: „Lernen Sie Juden kennen!“
Im Beisein von Wetzlars Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) und dem Landtagsabgeordneten Frank Steinraths (CDU) forderte Becker dazu auf, den Kontakt zu Juden in Deutschland zu suchen, Synagogen zu besuchen und sich bewusst zu machen, dass es seit 1.700 Jahren jüdisches Leben in Deutschland gibt. „Ich appelliere an Ihre Neugier, gehen Sie den ersten Schritt und lernen Sie Juden kennen“, betonte Becker.
Auch die Diskussion über die israelische Politik sollte selbstverständlich sein, wobei es einen entscheidenden Unterschied gebe: „Ich erlebe es häufig, dass es im politischen Diskurs unterschwellig immer auch um die Existenz des Staates Israel geht. Wenn Sie über Trump reden, reden Sie auch nicht über die USA – warum ist das nur bei Israel der Fall?“
Einen Unterschied machen
An der sich anschließenden Diskussionsrunde beteiligte sich der 18-jährige Schüler Luke Schaaf aus Grünberg. Er schreibt ein Buch über die Holocaust-Überlebende Ruth Wertheim: „Wer sich intensiv mit der Lebensgeschichte einer Person beschäftigt, kann viel eher nachvollziehen, was in der NS-Zeit passiert ist, als wenn er über die Zahl ‚6 Millionen‘ nachdenkt.“
Es gehe darum, einen Unterschied zu machen und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: „Damit Hass und Hetze in unserem Land keine Chance haben.“
Nicht aus der Angst heraus leben
Lawrence de Donges-Amiss-Amiss, Vorstand der Jüdischen Gemeinde Gießen, erinnerte sich an seine erste Reaktion auf das Massaker an 1.200 Juden in Israel vor anderthalb Jahren: „Ich dachte sofort, jetzt erst recht! Wir dürfen nicht aus der Angst heraus leben.“
So organisierte das Mitglied der „European Jewish Association“ zahlreiche Führungen und Angebote zur Begegnung von Juden und Nicht-Juden in Mittelhessen. Gerade im Austausch liege ein großes Potential zur Verständigung. Hier seien auch Christen gefordert, sagte de Donges-Amiss-Amiss.

Yossi Herzka, Student und Mitglied der Jüdischen Gemeinde Gießen, nimmt eine deutliche Bereitschaft in Deutschland wahr, sich mit dem wachsenden Antisemitismus nach dem Holocaust auseinanderzusetzen. Nach dem 7. Oktober habe die Diskussion an Schärfe zugenommen: „Ich überlege mir gut, wem ich in meinem Umfeld von meiner jüdischen Identität erzähle und wem nicht.“ Moderiert wurde der Abend von Ingo Marx, Journalist und Leiter von ERF Jess.
Von Bernhard Limberg
16 Antworten
Uwe Becker, guter Mann.
Der Antisemitismus war bereits seit 20 – 30 Jahren mehr oder weniger „unterschwellig erheblich“… das habe selbst ich als „Nichtjüdin“ erfahren, indem ich in einer südlichen Stadt in Baden-Württemberg einen wirklich kleinen Davidstern als Kette trug.
Bestimmte Menschen, in diesem Fall Moslems haben mir, falls überhaupt, nicht mehr ins Gesicht, sondern auf den Davidstern am Hals geschaut.
Grimmig, hasserfüllt, bedrohlich… irgendwann war es mir zuviel, zu anstrengend, und ich habe den Davidstern wieder runter genommen.
Das war sehr frustrierend für mich, aber sicherlich überhaupt kein Vergleich zur heutigen Zeit. So beschämend.
Jetzt in dieser Zeit, würde ich es ziemlich sicher nicht mehr wagen, den Davidstern zu tragen.
Eine unfaßbare Schande für unser Land, nach der Zeit der Shoah.
@Ana
Das tut mir leid, dass Sie mit dem Tragen des Kettchens Missbilligung auf sich gezogen haben. Ich trug meines oft, war Arzthelferin und hatte nie Probleme damit. Seit Gil Ofarim damals mit seiner undenkwürdigen Geschichte die Aufmerksamkeit auf den Davidsstern lenkte, unterliegen ich es. Aber vielleicht sollte ich es noch einmal versuchen, jetzt stehe ich nicht mehr so im Rampenlicht. Auch ich lebe in einer schwäbischen. Kleinstadt, denke aber, es ist überall das gleiche Verhalten bemerkbar. Wer zu Israel steht, bekommt keine Wertschätzung. ✡️
Man sollte diese negative Entwicklung ernst nehmen. Denn ein verschwindendes Judentum weird durch den Islam ersetzt. Das liegt daran, dass das Christentum verfallen its und ein aud weltliche Genuesse ausgelegtes atheitisches Leben fuer veiled Menschen ein Greul it’s.
Leider fast Wort für Wort auf Frankreich übertragbar, von Belgien ganz zu schweigen. Gestern hat mitten in Paris ein Parlamentsassistent der links-islamistischen LFI zur Bildung islamischer Milizen aufgerufen (bei einer Kundgebung nach der Ermordung eines malischen Moslemns in einer Moschee durch einen offensichtlich Geistesgestörten ). OT : Nach dem Gewinn der Goldmedaille einer israelischen Fechtmannschaft hat die Schweizer Mannschaft – Silbermedaillen-Gewinner- ostentativ den Rücken gezeigt als die Hatikvah gespielt wurde. Ich musste dabei an Kommentare zur Schweiz von unserem Freund Jerusalem denken.
@Antonia
Gerade wollte ich das von der Schweiz und dem israelischen Sieg beim Fechten auch schreiben, es ging mir da gedanklich wie dir, Antonia Und ich fand es total respektlos. Der Judenhass ist in aller Welt präsent. Beim diesjährigen Eurovision Song Contest wird das Schwenken palästinensischer Fahnen durch die Zuschauer zugelassen sein. Man kann sich jetzt schon ausmalen, dass es zu Tumulten kommen wird, und diesmal nicht in den Niederlanden, sondern in der Schweiz. Yuval Raphael tut mir jetzt schon leid.
Ja, da ist einiges zu befürchten. Um noch einmal auf den Artikel zurückzukommen, der junge Mann, der an einem Buch über eine Holocaust-Überlebende arbeitet, ist doch ein Hoffnungsschimmer. Dazu noch eine kleine Geschichte, die mir eine liebe Freundin aus Deutschland erzählt hat : ein junger Mann , 19 Jahre , erfuhr durch Recherchen seiner Mutter, dass sein Urgrossvater bei der SS war. Spontan hat sich der Junge entschlossen, nach Israel zu reisen, er arbeitet inzwischen in einem Reha-Zentrum, in dem Behinderte und verwundete Soldaten behandelt werden. Er war sehr überrascht, wie freundlich er aufgenomment wurde.
@Antonia
Wow, das ist wirklich eine tolle Geschichte. Der junge Mann kann nichts ungeschehen machen, aber er kann wieder gut machen. Und ha, die Israelis erkennen so etwas auch an. Ich wünsche ihm noch viele gute Erfahrungen mit seiner Arbeit und den Segen Gottes.
@Ella. Das Verhalten der CH-Fechter war nicht respektlos, es ist viel übler mit dieser dummdreisten Geste. Der Fechterverband schreibt aus seiner Webseite über Fairness. Wo bitte ist die hingekommen?
Die Schweiz pflegt gerne ihr Immage. „Humanitäre Tradition“, „Neutralität“, „Sozialstaat“ usw. Beim genauen hinsehen bleibt davon nicht viel übrig. „Administrative Zwangsmassnahme“, „Kinder der Landstrasse“, „Das Boot ist voll“, kein Mindestlohn und keine offizielle Armutsgrenze.
Das Boot ist voll bedeutete im 2.WK die Rückweisung jüdischer Flüchtlinge. Das es für diese den sicheren Tod bedeutete dürfte jedem klar sein.
Ein Polizeikommandant, der viele rettete wurde als Straftäter verurteilt und die Regierung zierte sich jahrzehntelang nach seinem Tod, ihn zu rehabilitieren.
@ Antonia
Beim Besuch eines Israel-Kongresses im letzten Jahr habe ich viele Schweizer als Freunde Israels kennengelernt. Darüber habe ich mich sehr gefreut, hat doch die Schweiz in der Zeit des Dritten Reichs auch viel Schuld auf sich geladen.
Aber ich habe mich schon seit langem zu der Erkenntnis durchgerungen, nicht mehr auf die lauten Schreihälse des Mainstreams einer Gesellschaft zu hören, sondern auf die zu schauen und mich bei denen einzureihen, die in meinen Augen für das einstehen, was aufrecht und verteidigungswert ist. Und die stehen meist nicht im Rampenlicht. Ihr Wirken ist aber deshalb um so segensreicher und wertvoller.
Nicht nur in Deutschland, dieser Trend zeigt sich weltweit. Aber in der Bibel steht auch, dass Gott persönlich sein Volk zurückruft. Und wenn sie nicht freiwillig kommen, dann wird es mit Verfolgung passieren. Aber es wird passieren. Wir verlieren mit dem jüdischen Volk einen großen Schatz in unseren Ländern. D hatte nach dem 2. Weltkrieg sein geistiges Kapital verloren. Gelernt daraus haben wir offenbar nichts.
Shalom,-Antonia@- Danke Dir Antonia.Meine Meinung über CH bestätigt sich leider immer wieder.O.T.Zum ersten Bericht oben über Iran:DE war von ersten die dem Iran kondolierten.Schande! Jerusalem
„Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen“ …, ja, darum geht es. Die verheerenden Verbrechen der Deutschen an den Juden während des Dritten Reichs verstehe ich nicht als Bürde, die uns als Damoklesschwert immerwährend ausschließlich nur in die Täterrolle verdammen sollte, sondern als Chance, als Zeugen dazu aufzurufen, dass Ähnliches nie wieder geschehen darf, egal, aus welchen Ländern dieser Welt sich neue derartige Bestrebungen entwickeln.
Wir haben als Deutsche die Chance, aus eigener bitterer Erfahrung vor den Anfängen derartiger Entmenschlichung zu warnen, die so schnell eskalieren können wie ein unbehandeltes Krebsgeschwür. Auch wenn sich derzeit in der Öffentlichkeit nur wenige dieser Chance bewusst zu sein scheinen und sie nutzen, schmälert das nicht ihren Wert.
Und manchmal keimt im Verborgenen ein Samen, der sich erst viel später zu Großem in voller Kraft entfaltet. Das ist meine Hoffnung, daraus schöpfe ich Zuversicht, denn langfristig wird sich das, was wahr und richtig ist, durchsetzen, allen Schrei- und Wendehälsen zum Trotz.
Ich glaube auch, es ist nicht fünf vor zwölf, sondern 10 nach zwölf. Aber: Der 6.Mai 2025 kann eine Wende bringen, die neue Bundesbildungsministerin, wenn alles wie geplant abläuft, kann man ansprechen. Ich meine, ISRAEL NETZWERK sollte sich wg. des Antisemitismus an den Schulen u. Unis an die neue Ministerin wenden und gezielt Maßnahmen an Schulen u. Unis fordern. Für mich sind Bundeskanzler in spe Friedrich Merz u. seine Bildungsministerin diejenigen, die Vieles bewegen können GEGEN den Antisemitismus. Auch das Innenministerium wird von der CDU/CSU kommen, und auch da können neue Akzente setzen.
Ich betone, ich bin NIRGENDWO aktiv in den Parteien, ich habe nur die Hoffnung, die ich hier weitergebe, denn der 6.Mai ist ja nicht mehr lange hin. Und ein PRO-ISRAEL-Deutschland muss immer die Hoffnung bleiben, wenn Friedrich Merz Kanzler wird.
Graf von Stauffenberg hatte damals in dieser Welt keine Chance, weil zuviele Deutsche beim Militär an den Führer geglaubt haben, aber heute kann Merz in unserer Demokratie mit mehr Chancen ein PRO-ISRAEL und einen Kampf gegen den Antisemitismus beginnen. Scholz muss weg, Baerbock muss weg, Vereinte Nationen sind für Baerbock „der richtige Haufen Elend“. Aber wir haben hoffentlich einen Israel-freundlichen Kanzler Merz u. ein gutes Team !
Ja Gott sammelt sein Volk. Davon bin ich fest überzeugt! Shalom. so steht es geschrieben in seinem Wort und das nicht erst seit heute.
Mittlerweile haben sich die 4 Schweizer wohl entschuldigt, inhaltlich ist diese aber wenig befriedigend. Sie hätten mit der Weigerung, sich zur israelischen Flagge zu drehen, auf das Leid „beider Seiten“ aufmerksam machen wollen. Naja, mal wieder die altbekannte Kontextualisierung, die Ursache und Wirkung verkennt. Nach dem gezielten, kaltblütig vorbereiteten und im bestialischsten Blutrausch begangenen Schlachten von Frauen, Kindern und Männern, vom Säugling bis zum Greis, ist die darauf folgende Vergeltung mit dem Ziel, sich durch Vernichtung dieser Terrororganisation für alle Zeiten vor ähnlichen Bluttaten zu schützen, eine völlig legitime Reaktion. Wenn es bei der Bestrebung, die Täter und deren Anhänger zur Herausgabe der weiter gefangenen und gequälten Geiseln zu bewegen, zu Zerstörung und Leid in Gaza kommt, ist das schlimm, aber allein der Hamas anzulasten, gegen die die Zivilbevölkerung zu wenig unternimmt, um sie zu entmachten und zur Herausgabe der Geiseln zu veranlassen.
So sehe ich das jedenfalls. Und da gibt es nichts zu relativieren oder kontextualisieren. Und das sage ich jedem ins Gesicht, ob er es hören will oder nicht. Auch wenn wenig bis keine Aussicht besteht, dass bei diesen eine Einsicht bewirkt werden kann. Denn das ist das Mindeste, wenn ich schon nicht selbst mit der Waffe in der Hand mitkämpfen kann .