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Worte der Torah als „wichtigste Schlagzeilen“

Die Offenbarung der Torah am Sinai und die Ernte der ersten Früchte sind für Juden Anlass zum Feiern. Im Mittelpunkt des Wochenfestes steht das Studium der Heiligen Schrift.
An Schawuot danken Juden Gott für die ersten Früchte des Jahres

„Das Wochenfest sollst du halten mit den Erstlingen der Weizenernte und das Fest der Lese, wenn das Jahr um ist.“ So steht es geschrieben im 3. Buch Mose, Kapitel 34, Vers 22. Wenn die Bauern in Israel beginnen, den Weizen zu ernten, sollen die Juden also ein Fest feiern: das sogenannte Wochenfest. Auf Hebräisch heißt es „Chag HaSchawuot“ (Fest der Wochen). Der Name weist darauf hin, dass dieses Fest sieben Wochen nach Pessach begangen wird. Das ebenfalls genannte Fest der Lese ist im Herbst das Laubhüttenfest „Sukkot“.

Schawuot ist neben Pessach und Sukkot das dritte große Wallfahrtsfest. Dazu ist in 5. Mose 16,16–17 zu lesen: „Dreimal im Jahr soll alles, was männlich ist bei dir, vor dem HERRN, deinem Gott, erscheinen an der Stätte, die der HERR erwählen wird: zum Fest der Ungesäuerten Brote, zum Wochenfest und zum Laubhüttenfest. Man soll aber nicht mit leeren Händen vor dem HERRN erscheinen, sondern ein jeder mit dem, was er zu geben vermag, nach dem Segen, den dir der HERR, dein Gott, gegeben hat.“

Die Bibel betont ferner, dass Juden an Schawuot keine Arbeit verrichten sollen – sie stellt das Fest in direkten Zusammenhang mit dem wöchentlichen Ruhetag Schabbat: „Am siebenten Tag aber soll heilige Versammlung sein; da sollt ihr keine Dienstarbeit tun. Und am Tag der Erstlinge, wenn ihr das neue Speisopfer dem HERRN opfert, an eurem Wochenfest, soll heilige Versammlung sein; da sollt ihr keine Dienstarbeit tun.“ (4. Mose 28,25f.) In diesem Jahr beginnt das Fest am Abend des 30. Mai.

Eine biblische Bezeichnung lautet „Chag HaKatzir“ (Fest des Erntens), ein weiterer Name ist „Chag HaBikurim“ (Fest der ersten Früchte). Am Schawuot-Fest danken Juden ihrem Gott für die ersten Früchte, die sie in diesem Jahr ernten durften. An diesen landwirtschaftlichen Bezug erinnert bis heute der Brauch, die Synagogen mit Blumen und frischem Grün zu schmücken.

Erwählung: Gebote befolgen und in der Welt verbreiten

Dankbar sind Juden auch dafür, dass Gott dem Volk Israel am Sinai die Torah offenbart und einen Bund mit ihm geschlossen hat. Dieser Bund wird am Wochenfest quasi erneuert durch das Lesen der Zehn Gebote im Gottesdienst. Dazu schreibt der Zentralrat der Juden in Deutschland: „Auf der Anerkennung dieser Gebote durch die Israeliten beruht der Bund zwischen Gott und dem Volke, das von Gott erwählt wurde, einen besonderen Auftrag zu erfüllen: die göttlichen Gebote zu befolgen und sie in der Welt zu verbreiten. Die Erwählung Israels, die Vorstellung von der besonderen Rolle der Juden besteht in der Erfüllung dieser speziellen Aufgabe, als ein heiliges, Gott verpflichtetes Volk zu leben, stellt also eine besondere Verpflichtung dar.“

Weil die Torah so kostbar ist, studieren viele orthodoxe Juden während der ersten Nacht des zweitägigen Festes Gottes Wort. Eine Erklärung dafür lautet, das Volk Israel habe geschlafen, als Gott ihm am Morgen des 6. Tages des jüdischen Monats Siwan die Torah geben wollte. Diese Versäumnis solle durch das nächtliche Bibelstudium korrigiert werden.

Der Düsseldorfer Oberrabbiner Raphael Evers ermuntert in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ zur regelmäßigen Beschäftigung mit der Heiligen Schrift: „Jeden Tag rennen wir zum ‚elektronischen Briefkasten‘ und schauen im Postfach nach, um die neuesten Nachrichten zu erfahren. Die Torah empfinden viele als ‚veraltet‘ und ‚verstaubt‘. Unsere Weisen sagen jedoch sinngemäß, dass uns die Worte der Torah jeden Tag als die wichtigsten Schlagzeilen des Tages ins Auge fallen sollten.“

Eine berühmte Konvertitin

Zu den traditionellen Lesungen am Wochenfest gehört das Buch Rut. Die Bibel erzählt, wie die Moabiterin ihrer Schwiegermutter Noomi als Witwe nach Bethlehem folgte und sich zum Gott der Israeliten bekehrte. Sie wurde die Urgroßmutter von König David, der nach der Überlieferung an Schawuot geboren und auch gestorben ist. Zudem spielt die Getreideernte in diesem biblischen Buch eine zentrale Rolle – lernt doch Rut auf dem Feld ihren neuen Ehemann Boas kennen. Eine weitere Erklärung lautet, das Volk Israel sei mit der Annahme der Torah am Sinai geschlossen zum Judentum übergetreten.

Am Fest essen Juden traditionell Milchprodukte, dazu gehört der Käsekuchen. Im biblischen Hohenlied (4,11) heißt es: „Von deinen Lippen, meine Braut, träufelt Honigseim. Honig und Milch sind unter deiner Zunge, und der Duft deiner Kleider ist wie der Duft des Libanon.“ Jüdische Ausleger beziehen dies auf die Torah. Der Zahlenwert des hebräischen Wortes für „Milch“, „Chalaw“, ist 40. Dies erinnert an die 40 Tage und Nächte, die Mose auf dem Sinai verbrachte, bevor er dem Volk die Gebote übergeben konnte. Ferner ist überliefert, dass die Juden am Sinai alle Gebote und damit auch die Speisegesetze auf einmal erhielten. Da die Trennung von Fleisch und Milch für sie neu war, aßen sie vorsichtshalber anfangs nur Milchspeisen.

Eine Verbindung zum Jerusalemtag „Jom Jeruschalajim“, der eine Woche vor Schawuot gefeiert wird, stellt indes der Frankfurter Rabbiner Julian-Chaim Soussan her. In der „Jüdischen Allgemeinen“ verweist er zunächst auf die beiden symbolträchtigen Berge des Judentums, den Sinai und den Moria: An dem einen habe Gottes Volk die Torah erhalten, Auf dem anderen hätten die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob gebetet. „Dort standen der Erste und der Zweite Tempel, die heiligsten Orte des jüdischen Gebets.“

Auch im Neuen Testament spielt das Wochenfest eine wichtige Rolle. Sieben Wochen nach dem Passahfest hatten sich zahlreiche Juden aus vielen Ländern in Jerusalem versammelt, um Schawuot zu feiern. Deshalb hatte Petrus bei seiner Pfingstpredigt (Apostelgeschichte 2) so viele Zuhörer – und eine große Zahl von ihnen ließ sich taufen, nachdem sie das Evangelium in einer für sie verständlichen Sprache gehört hatten.

Von: Elisabeth Hausen

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