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Wer reich und arm ist in Israel

Finanziell gut über die Runden kommt in Israel nicht zwangsläufig derjenige, der fleißig arbeitet, sondern eher der, der eine Wohnung besitzt. Während sich die Reallöhne seit über einem Jahrzehnt nicht erhöht haben, steigen die Miet- und Immobilienpreise. Das geht aus einer Studie hervor. Gleichzeitig ist die Regierung zurückhaltend im Kampf gegen Armut.
Armut im Alter, zu wenig staatlich finanzierte Kindergärten oder teurer Wohnraum: Das sind Themen, die die Israelis – ob alt, ob jung – bewegen

JERUSALEM (inn) – Fleißig und kontinuierlich arbeiten ist in Israel kein Garant für Wohlstand. Denn die Reallöhne, also die wirkliche Kaufkraft des Lohnes, ist seit 2001 bis Ende 2015 bei Nichtregierungsangestellten nicht gestiegen. Und das, obwohl die Arbeitsproduktivität sich in der gleichen Zeitspanne um 15 Prozent erhöht hat. Das geht aus einer Studie des israelischen „Taub Centers“ für sozialpolitische Studien hervor.
Hintergrund der stagnierenden Kaufkraft ist aber nicht die Verweigerung der Arbeitgeber, die Löhne zu erhöhen, erklärte der Leiter der Studie, Gilad Brand, gegenüber der Onlinezeitung „Times of Israel“. Zwei Dinge seien in Israel in den vergangenen zehn Jahren unverhältnismäßig teuer geworden: Das ist vor allem das Wohnen und in geringerem Maße das Essen.

Preissteigerung von mehr als 100 Prozent

Bei einem Blick auf die Preise bestätigt sich diese Entwicklung: Um 114 Prozent sind die Immobilienpreise seit 2007 gestiegen, Mieten um 50 Prozent, die Lebensmittelpreise um 26 Prozent – während sich die Inflation nur auf 18 Prozent in dieser Zeitspanne beläuft.
Der Besitz einer Immobilie führt also zu einem gewissen Wohlstand in Israel. Studien-Leiter Brand erklärt: „Menschen, die eine Wohnung ihr Eigentum nennen, und sicherlich diejenigen, die ihre Wohnung vor dem großen Preissprung, der 2007 begonnen hat, gekauft haben, geht es gut. Ihre Hypothekenzahlungen sind wegen der niedrigen Zinsen niedrig, und die hohen Mieten betreffen sie nicht, weil sie keine Miete zahlen.“
Der Nahrungsmittelmarkt konzentriere sich wiederum auf wenig Konkurrenz der Anbieter, daher sind die Preise hoch. Gleichzeitig gebe es wenig Importe, diese stammten wiederum von einer kleinen Zahl an Importeuren, erläutert Brand zu den Lebensmittelpreisen.

Staat setzt Empfehlungen zur Bekämpfung von Armut schleppend um

Im Juni vor zwei Jahren hat das Komitee zur Bekämpfung von Armut, geleitet von dem Knessetabgeordneten Eli Alaluf, Empfehlungen ausgesprochen und Mittel bewilligt zur Bekämpfung von Armut. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf umgerechnet 1,8 Milliarden Euro. Eine weitere Studie des „Taub Centers“ ergab nun, dass bis jetzt nur rund umgerechnet 460 Millionen Euro im Kampf gegen Armut eingebracht wurden, sprich rund ein Viertel. Der Großteil der Empfehlungen sei noch gar nicht umgesetzt.
Die Empfehlungen sind etwa die Erhöhung der Altersrente bei bedürftigen Personen, mehr Sozialarbeiter einzustellen, die sich um die Armen kümmern, staatliche zahnärztliche Versorgung für Kinder, die Erweiterung des öffentlichen Wohnungsbaus und das Angebot staatlich unterstützter Kindergärten zu vergrößern.
Aus dem Leitfaden, den der Vorsitzende des Wohlfahrtsprogramms des „Taub Centers“, John Gal, und einer der Forscher des Zentrums, Schavit Madhala-Brik, veröffentlicht haben, geht hervor, dass die Autoren „ernsthaft bezweifeln“, dass die bis jetzt unternommenen und geplanten Schritte das Ziel der Komitees erfüllen. Die Armutsraten in Israel sollen bis zum Jahr 2023 auf OECD-Durchschnitt gebracht werden.
Israel gehört zu den ärmsten Ländern der entwickelten Welt. In der Liste der 34 Länder der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD) belegte Israel im Referenzjahr 2014 den vorletzten Platz vor Mexiko. (mab)Bericht: Jeder fünfte Israeli lebt in Armut (inn)
Statistik: Viele Senioren von Staatshilfe abhängig (inn)
Hohe Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse (inn)

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