Beim Ersten Zionistischen Weltkongress 1897 wurde der Plan für einen „Judenstaat“ gefasst: „Der Zionismus erstrebt die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen.“ Nach Abschluss des Kongresses schrieb Theodor Herzl am 3. September 1897 in sein Tagebuch: „Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen.“
Sehnsucht nach nationaler Wiedergeburt
Schon zuvor hatte ein anderer Jude die Heimkehr Israels vor Augen. Das war der 1812 in Bonn geborene Moses Hess, einer der frühen Sozialisten wie Karl Marx und einige Zeit auch dessen Wegbegleiter. Doch der tiefgläubige Hess sah die Zukunft nicht im Klassenkampf. Und zur Lösung der sogenannten „Judenfrage“ forderte er in seinem 1862 veröffentlichten Buch „Rom und Jerusalem“: „Nur aus der nationalen Wiedergeburt wird das religiöse Genie der Juden gleich dem Riesen, der die Muttererde berührt, neue Kräfte ziehen und vom heiligen Geist der Propheten wieder beseelt werden.“ Nicht der Rückzug allein auf die Religion, sondern die Rückbesinnung auf die Nation war für ihn der Weg.
Zu etwa gleicher Zeit, 1861, schrieb der Rabbi Zwi Kalischer aus Thorn das Buch „Suche nach Zion“. So gewann der Zionismus als politische Idee Gestalt und zugleich die Herzen jugendlicher Juden in Europa. Der Zionismus vereinte von Anfang an religiöse, nationale und soziale Züge. Die Kibbutzbewegung sollte später sichtbarer Ausdruck dieser anfangs utopisch-messianischen Vorstellungen sein.
Mehr als eine Randnotiz ist der Einfluss prophetisch-endzeitlich denkender Christen auf die Anfänge des Zionismus. Besonders zu erwähnen ist William Hechler. Der 1845 in Indien geborene Sohn einer Missionarsfamilie war erfüllt von der Verheißung der Wiederherstellung Israels am Ende der Zeit. Beeindruckt von Herzls Schrift „Der Judenstaat“ suchte er den Kontakt zur zionistischen Bewegung.
Hechler konnte durch seine guten Beziehungen zum badischen Großherzog Friedrich I. die Begegnung Herzls mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. vermitteln. Während dessen Orientreise 1898 gab es dieses denkwürdige Treffen, das im Foto festgehalten wurde: Der Kaiser hoch zu Ross und Herzl als Bittsteller vor ihm. Dessen Wunsch war die deutsche Einflussnahme auf den türkischen Sultan, damit dieser die jüdische Ansiedlung in Palästina gestatte.
Zusage einer „nationalen Heimstätte“
Der Plan für einen Judenstaat in Palästina wurde jedoch nicht durch die Fürsprache der Deutschen verwirklicht, sondern im Schatten des Ersten Weltkrieges durch die Briten. Engländer und Franzosen wurden die Erben des Osmanischen Reiches. Damit gab es für die zionistische Bewegung mehr als einen Funken Hoffnung. Herzl starb 44-jährig bereits 1904. Vom Judenstaat konnte er noch nichts sehen. Doch die Rückkehr des jüdischen Volkes hatte er eingeleitet. Der Zionismus wurde wegweisend für das 20. Jahrhundert.
Denn 1917 legte die „Balfour-Deklaration“ den Grundstein für einen jüdischen Staat. Bereits im Sommer 1917 war abzusehen, dass die Türken den Orient verlieren würden. Die europäischen Sieger planten für die Zeit nach dem Krieg; Interessengebiete und neue Staaten wurden geschaffen. Auch für die Juden gab es eine Idee. Am 2. November 1917 gab der britische Außenminister Arthur James Balfour dem jüdischen Weltkongress eine offizielle Erklärung. Die Juden jubelten und sahen darin die Geburtsurkunde ihres Staates.
Der Kernsatz der Erklärung lautet: „Die Regierung seiner Majestät wird alles tun, um für die Juden die Gründung einer nationalen Heimstätte in Palästina zu ermöglichen.“ Doch die Wirklichkeit enttäuschte. Was die Juden damals nicht wussten: In den „McMahon-Briefen“ hatten die Engländer das Gebiet bereits 1915 den Arabern zugesichert. Sir Henry McMahon war der britische Hochkommissar in Ägypten. Die britische Regierung versuchte, die arabischen Stämme der Hedschas für den Kampf gegen die Türken zu gewinnen. Im Sykes-Picot-Abkommen vom Mai 1916 waren geheime Absprachen notiert worden.
Das Papier wurde vom Franzosen François Georges-Picot und dem Engländer Mark Sykes verfasst und bildete die Grundlage der Nachkriegsordnung. Briten und Franzosen teilten den Vorderen Orient unter sich auf. Der Norden mit Libanon und Syrien wurde französisches Einflussgebiet. Der südliche Bereich, Palästina und Arabien bis zum Irak sowie Ägypten, wurde eine britische Einflusszone. Völkerrechtlich verbindlich wurde diese Ordnung auf der Völkerbund-Konferenz von San Remo im Jahre 1920 festgeschrieben. Auch die „Balfour-Deklaration“ wurde Bestandteil dieser Völkerbundbeschlüsse, die später unverändert von der UNO übernommen wurden. Die Existenz und das Existenzrecht des Staates Israel sind verbrieftes Völkerrecht seit 1920.
1948: Gründung eines „Staates Israel“
Wer heute an Palästina denkt, hat meist nur den Küstenstreifen vor Augen. Doch das Mandat reichte anfangs vom Mittelmeer bis zur willkürlich gezogenen Grenzlinie zum Irak. 1922 wurde es zum ersten Mal geteilt: 78 Prozent des Gebietes wurden ein arabisches Land mit dem Namen „Emirat Transjordanien“, heute „Haschemitisches Königreich Jordanien“. 1947 wurde das Land noch einmal geteilt. Da ging es allein um das Land westlich vom Jordan.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges lag erst einen Wimpernschlag zurück. Die Menschheit erfuhr die Wahrheit über die Hölle von Auschwitz und den Massenmord. Als „Displaced Persons“ wurden KZ-Überlebende in Europa hin- und hergeschoben. Viele strebten nach Palästina. Doch die britische Marine blockierte die aus britischer Sicht illegale Einwanderung. Auf Zypern gab es wieder Lager für Juden. Um der Welt dieses Drama zu zeigen, wurde im Sommer 1947 mit dem Schiff „Exodus“ ein Zeichen gesetzt. Radio und Presse berichteten weltweit über das Ereignis. Für eine Weltsekunde gab es mehrheitlich Sympathie für die Juden und für das jüdische Volk öffnete sich ein Zeitfenster.
Jüdische Untergrundkämpfer hatten seit Jahren schon die Blockade der Briten durchbrochen. Kämpfe gab es zwischen Briten, Arabern und Juden. Der Landstrich versank 1946 vollends im Chaos. Die Zukunft des britischen Mandats wurde ein Thema in der UNO. Monatelang wurde in Hinterzimmern hart verhandelt, gedroht, geworben. Die arabischen Staaten wollten die Teilung des Landes und somit ein jüdisches Gebiet verhindern. Die Vertretung der Juden warb bei Kommissionen und Regierungen weltweit für die Zustimmung zum Teilungsplan. Alle Beteiligten wussten, es würde knapp werden. Am 29. November 1947 beschloss die UN-Vollversammlung den vorgelegten Plan. Die Resolution 181 bestimmte die Teilung des britischen Mandatsgebietes in einen arabischen Teil Palästinas und einen jüdischen Teil sowie Jerusalem als Sondergebiet unter UN-Verwaltung.
Arabische Milizen verstärkten nochmals ihren Kampf gegen jüdische Gebiete. Mit dem Abzug der Briten wurde daraus am Staatsgründungstag Israels der erste Nahostkrieg. Armeen von fünf Staaten, Ägypten, Syrien, Irak, Libanon und Jordanien, kämpften für das Ende des jüngsten Staates der Erde. Es wurde Israels längster und schwerster Krieg, der Überlebenskampf von rund 650.000 Juden.
Am 15. Mai 1948 endete die Mandatszeit. Am Vorabend des britischen Abzuges, einem Erev-Schabbat (Freitag), am 14. Mai 1948 rief David Ben-Gurion in Tel Aviv den „Staat Israel“ aus und wurde erster Premier. Er hatte schon 1937 gesagt: „Nicht das Mandat ist unsere Bibel, die Bibel ist unser Mandat“. Viele Juden nennen die Bibel: „Unsere Grundbucheintragung“. Nach mehr als zweitausend Jahren existierte wieder ein Staat Israel im Orient. Damit erfüllte sich die biblische Prophezeihung des Propheten Jesaja: „Wer hat solches je gehört? Wer hat solches je gesehen? Ward ein Land an einem Tag geboren? Ist ein Volk auf einmal zur Welt gekommen? Kaum in den Wehen, hat Zion schon ihre Kinder geboren“ (Jesaja 66,8).
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Von: Egmond Prill