Suche
Close this search box.

Wenn Kreuzerhöhung und Versöhnungstag kollidieren

JERUSALEM (inn) – Israelische Medien befürchten Unruhen zwischen arabischen Christen und Juden. Am kommenden Samstag, den 14. September 2013, fallen seit Entstehung des Staates Israel erstmals zwei Feste zusammen: Der „Jom Kippur“, der große Versöhnungstag des jüdischen Volkes, und das christliche Fest des Kreuzerhöhung.
Am Versöhnungstag bleiben die meisten Straßen in Israel frei – und die Kinder bevölkern sie mit Fahrrädern, Rollern und Skateboards.

Das Fest der Kreuzerhöhung hat seinen Ursprung in Jerusalem und hängt mit der Reliquienverehrung zusammen. Nach einer christlichen Legende soll Kaiserin Helena während des Baus der Grabeskirche Reste des Kreuzes von Jesus gefunden haben. Im Jahr 335 nach Christus wurden diese bei der Einweihung der Grabeskirche ausgestellt. Später seien sie von den Persern verschleppt worden. Der oströmische Kaiser Herakleios brachte sie jedoch feierlich wieder zurück nach Jerusalem.
Diese Ereignisse werden von den katholischen, orthodoxen, von Teilen der anglikanischen und einigen anderen Kirchen als Tag der Kreuzerhöhung begangen. Die armenische Kirche in Deutschland betont, dass das Kreuzerhöhungsfest eines von fünf Hochfesten der armenischen Kirche ist. Es wird alljährlich am dem 14. September nächst stehenden Sonntag, also zwischen dem 11. und 17. September, gefeiert, wenn der 14. September nicht selbst auf einen Sonntag fällt. Von Christen in Israel wird das Kreuzerhöhungsfest auf jeden Fall am 14. September begangen, ganz unabhängig davon, auf welchen Tag es fällt.
Bei christlich-arabischen Festen ist es neben dem Gottesdienst üblich, kirchliche Feste mit Prozessionen, Trommeln, Musik und sogar Feuerwerk zu feiern. Juden dagegen begehen den Jom Kippur als einen Tag der Stille, des Fastens und des Gebets. Im jüdischen Israel steht an diesem Tag das Leben vollkommen still, es gibt weder Radio noch Fernsehen, alle öffentlichen Einrichtungen sind geschlossen, außer Krankenwagen und Sicherheitsfahrzeugen liegt der Verkehr vollkommen still.
Jetzt befürchtet man wegen der Kollision der beiden so völlig gegensätzlich begangenen Festtage Unruhen in gemischten arabisch-jüdischen Städten, wie etwa Jerusalem, Jaffa, Haifa oder Akko. Die fastenden Juden könnten die christlichen Feierlichkeiten als Provokation verstehen.
2008 war es in der nordisraelischen Hafenstadt Akko zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, weil jüdische Jugendliche einen arabischen Autofahrer am Jom Kippur mit Steinen beworfen hatten. Der Polizeichef von Haifa bat deshalb den melkitischen, das heißt griechisch-katholischen Erzbischof Elias Chacour um ein Gespräch.

Kirche besteht auf Datum

Doch die Kirche sieht keine Möglichkeit, das Datum des Festes, das man schon „zweitausend Jahre“ feiere, zu verlegen. Das Datum des Fastentages andererseits, der als heiligstes jüdisches Fest gilt, wird bereits in der Torah, im dritten Buch Mose, festgelegt: „Auch soll euch dies eine ewige Ordnung sein: am zehnten Tage des siebenten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun, weder ein Einheimischer noch ein Fremdling unter Euch“ (3. Mose 16).
Nicht nur religiöse Juden halten diesen Tag, indem sie fasten, das heißt, weder essen noch trinken, in den Synagogen beten und sich in weiße Bußgewänder kleiden. Das Gebot, an diesem Tag nicht zu arbeiten, wird in Israel sehr streng gehalten. Selbst Israelis, die an einem normalen Sabbat Autofahren würden, verzichten am Jom Kippur darauf.
In Jerusalem wird die katholische Kirche am Morgen des 14. September in der Grabeskirche einen Gottesdienst halten. Dabei wird als Lesung aus dem Johannesevangelium die Stelle verlesen, in der Jesus seine Erhöhung am Kreuz mit der Erhöhung der ehernen Schlange durch Mose in der Wüste zieht (Johannes 3,14-15; 4. Mose 21,9).
Weiter wird im Brevier folgende Geschichte verlesen: „Kaiser Herakleios trug das Kreuz auf seinen Schultern zurück nach Jerusalem. Er war mit teuren Gewändern und Ornamenten aus Edelsteinen bekleidet. Am Eingang zum Berg der Kreuzigung passierte etwas Seltsames: Trotz aller Anstrengungen kam er nicht voran, bis Zacharias, der Bischof von Jerusalem, dem Monarchen sagte: ‚Überlege Dir, o Herrscher, dass Du mit diesen Edelsteinen weit von Jesus, der sein Kreuz getragen hat, entfernt bist!‘ Worauf der Kaiser sein Büßergewand anzog und seinen Gang fortsetzen konnte.“
Zumindest das Büßergewand wäre also eine Gemeinsamkeit in den Feiern von Juden und Christen am 14. September 2013. Zudem gäbe es in Israel gewiss viele Christen, die gerne Rücksicht auf fastende und betende jüdische Menschen nehmen und sogar am Fasten teilnehmen würden. Über diese „Stillen im Lande“ berichten die Medien natürlich nicht.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen