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Wege in die Freiheit

Es sind hohe Feiertage für Juden und für Christen, die von Freiheit sprechen: Pessach und Ostern. In diesem Jahr fallen sie auf dasselbe Wochenende. In den Tagen von Ausgangssperren und Kontaktverboten wird neu bewusst, was Freiheit bedeutet. Gedanken über Mose, Jesus und die Bibel von Egmond Prill
Durch das geteilte Schilfmeer konnten die Israeliten laut biblischem Bericht aus der Sklaverei in die Freiheit ziehen

Jüdische Gemeinden und christliche Kirchen feiern in diesem Jahr unter ähnlichen Einschränkungen. In Israel, in Deutschland und weltweit. Wer kann sich erinnern, dass es solches je gegeben hat? Versammlungsverbot! Eltern und Großeltern, Kinder und Kindeskinder dürfen nicht gemeinsam am Tisch sitzen. Doch eins ist sicher: Gott ist da.

Mose – Durch die Wüste ins Gelobte Land

Nach Jahrhunderten der Gefangenschaft in Ägypten beruft Gott seinen Wegbereiter für die Befreiung der Hebräer: Mose. Er steht wie kein anderer für das, was in der Kirche meist „Altes Testament“ genannt wird. Er verkörpert gewissermaßen das Judentum.

Schauen wir an, wie „Altes“ und „Neues“ Testament verbunden sind. Oder wie ich das gern sage: „Erstes“ und „Zweites“ Testament zusammenklingen. Wer im Zweiten liest, wird in der Regel fragen: Gibt es auch ein Erstes? Die Einheit der Schrift wird gerade am Zusammenhang von Mose und Jesus deutlich. Gleichsam sehen wir in Mose ein Vorbild und in Jesus das Vollbild eines Retters und Befreiers. Am Anfang der Geschichte Israels wird mit Mose vorbereitet, was am Ende der Geschichte mit Jesus vollendet wird.

„Durch den Glauben wurde Mose, als er geboren war, drei Monate verborgen von seinen Eltern, weil sie sahen, dass er ein schönes Kind war; und sie fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot. Durch den Glauben wollte Mose, als er groß geworden war, nicht mehr als Sohn der Tochter des Pharao gelten, sondern wollte viel lieber mit dem Volk Gottes zusammen misshandelt werden als eine Zeit lang den Genuss der Sünde haben, und hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens; denn er sah auf die Belohnung.

Durch den Glauben verließ er Ägypten und fürchtete nicht den Zorn des Königs; denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als sähe er ihn. Durch den Glauben hielt er das Passa und das Besprengen mit Blut, damit der Verderber ihre Erstgeburten nicht anrühre.“ (Hebräer 11,23–29)

Berufen, beschützt und beauftragt

Es wird betont, dass Mose mehr mit seinem Volk verbunden war als mit dem Hof und der Herrlichkeit beim Pharao. Darum hatte er diese angenehme Welt verlassen und ging in die Wüste. Zugegeben, dieser Weg war eine Flucht. Mose hatte einen ägyptischen Aufseher niedergeschlagen, weil dieser sich an einem Hebräer vergriffen hatte. Mose stand so sehr auf der Seite seines Volkes, dass er handeln musste – mit allen Konsequenzen für seine persönliche Existenz. Er war selbst ein Hebräer.

Gott hat ihn berufen, beschützt und beauftragt. Auf wundersame Weise wird sein Leben gerettet. Hatte der Pharao den Tod der hebräischen Knaben befohlen und diesen mörderischen Plan auch umgesetzt, so hatte Gott ganz andere Pläne: Das Leben des Einen zur Rettung des ganzen Volkes.

Vierzig Jahre Vorbereitung

In der Wüste wurde Mose für seinen nächsten Lebensabschnitt vorbereitet. Vierzig Jahre lang lebte er in Ägypten. Es folgten vierzig Jahre der Vorbereitung für diesen Auftrag. Im Mittelpunkt der Wüstenjahre steht die Offenbarung Gottes im brennenden Dornbusch.

„Weil denn nun das Geschrei der Israeliten vor mich gekommen ist und ich dazu ihre Not gesehen habe, wie die Ägypter sie bedrängen, so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.“ (2. Mose 3,9–10)

Hier beginnt die einzigartige Beziehung zwischen Gott und einem Menschen. Es gab weder vorher noch nachher eine solche Gemeinschaft. Gott offenbart sich mit einem geheimnisvollen Namen: „Ich bin“. Wir können übersetzen: „Ich bin da.“ Und dann war Gott da, bei seinem Volk – in der Nacht des Auszugs aus Ägypten, beim Durchzug durch das Meer und auf dem Weg durch die Wüste. Gott ist da – bei seinem Volk, mit seinem Volk und für sein Volk! Bis zur Stunde!

Gott ruft und beruft sich einen Menschen für einen besonderen Dienst. So wird Mose zur Stimme Gottes am Hofe des Pharao. Und schließlich wird er der Hirte auf dem Weg ins Land der Verheißung.

Jesus – Durch den Tod in ein neues Leben

An den Rettungsgeschichten der Neugeborenen namens Mose und Jesus lässt sich viel vergleichen. Für Mose ging die Gefahr vom Pharao aus. Die Stärke der Hebräer war dem König Ägyptens unheimlich geworden. So entschloss er sich zu einer brutalen Maßnahme: Alle neu geborenen Söhne sollten getötet werden. Da gab Gott der Mutter von Mose die rettende Idee ein: Sie bastelte einen wasserdichten Schilfkasten, legte das Kind hinein, setzte es im Nil aus und gab es in Gottes Hand. Übrigens bezeichnet der hebräische Text diesen Kasten mit demselben Begriff, den er auch für Noahs Arche verwendet. Das Schilfkästchen war also Gottes Rettungsarche für Mose.

Jesus wurde auf dem Landweg gerettet. Auch hier ging die Gefahr von einem König aus. Als Herodes hörte, dass in Bethlehem ein neuer König zur Welt kam, sah auch er das als Bedrohung für seine Macht. Auch er befahl einen grausamen Kindermord. Da gab Gott Josef mit einem Traum die rettende Idee ein: Er floh mit Maria und dem Jesuskind – interessanterweise nach Ägypten! Das Leben des Einen zur Rettung der ganzen Welt.

An dieser Stelle nicht nur ein Nebengedanke, sondern eine eigene Dramatik. Wie viele hebräische Kinder wurden nicht gerettet; wie viele Neugeborene in Bethlehem mussten sterben? Dennoch: Mitten im Tod in Ägypten beginnt neues Leben, wächst Rettung. Jesus soll leben und Mose ebenfalls. Mose und Jesus im Zusammenklang

Vorbild und Vollbild

Die Einheit der Bibel wird gerade am Zusammenhang von Mose und Jesus deutlich. Gleichsam sehen wir in Mose ein Vorbild und in Jesus das Vollbild. Erstes und Zweites Testament sind ineinander verwoben, bilden aus christlicher Sicht die Einheit der Schrift. Schauen wir auf die jeweils wundersame Geburt und Rettung bei Mose und Jesus. Beide Kinder werden selber Retter und überleben, weil sie in Ägypten Bewahrung fanden.

Mose fastet vierzig Tage am Berg Sinai, bevor er Gottes Gebote erhält und fürs Volk zum Mittler des Willens Gottes wird. Jesus fastet vierzig Tage in der Wüste Juda, bevor er erhöht wird und sein irdischer Auftrag beginnt.

Wunder zeigen Gottes Nähe

Mose und Aaron bekräftigen Gottes Willen durch wundersame Taten. Sie wirken Zeichen und Wunder, um Gottes Macht und Herrlichkeit zu zeigen. Jesus und die Jünger zeigen durch zahlreiche Wunder die Nähe Gottes und Gottes Güte. Heilungen künden an, dass Gott Heil will. Zugleich müssen Moses und Jesus mit dem Murren und der Gegnerschaft der Menschen leben. Moses und auch Jesus hören die Stimme Gottes aus dem Himmel – sie hören wirklich!

Mose war ein großer Prophet Israels. Jesus ist der Sohn des lebendigen Gottes. In Mose wird vorgebildet, was in Jesus vollendet wird. Mit Mose formt Gott in der Wüste das Volk Israel und gibt dem Volk die Tora.

Jesus ist der Anfang der weltweiten Gemeinde aus Völkern und Nationen. Er gibt diesem neuen Volk Gottes sein Wort, seine Gebote in der Bergpredigt und zugleich jene Gebote der Tora. Mose wird lebenssatt sterben – 120 Jahre alt.

Jesus wird in jungen Jahren sterben – menschlich gesehen zu früh. Er wird grausam gefoltert und am Kreuz hingerichtet. Er sieht sich in der Gottesferne; doch Gott ist ihm ganz nah. Jesus wird von Menschen begraben, aber von Gott zu einem neuen Leben auferweckt. Jesus ist der Erste einer ganz neuen Schöpfung. Er ist auferstanden!

Wege in die Freiheit

Mose führt das Volk Gottes in die Freiheit. Vierhundert Jahre Gefangenschaft der Hebräer in Ägypten. Wie viele Gebete und immer neue Hoffnungen auf Freiheit mag es gegeben haben? Vierhundert Jahre, viele Generation ohne Veränderungen, ohne das gütige Eingreifen Gottes. Doch dann geschieht alles in einer einzigen Nacht. Die Blutpfosten lassen den Todesengel die Hütten der Hebräer verschonen. Durch das Blut des Lammes wird das Zeichen der Rettung gesetzt. Mose und Aaron führen das Volk aus Ägypten. Es ist das Ur-Datum der Geschichte Israels. Es ist der Vorspruch, im tiefsten Wortsinn der Vor-Satz der Gebote. Gott erklärt sich als der, der dieses Volk aus Ägypten befreit hat.

Jesus kommt zu einer Zeit zur Welt, von der es heißt: Als die Zeit erfüllt war. Generationen hatten auf den Erlöser gehofft und gewartet. Und dann geschieht Rettung in wenigen Tagen der Weltgeschichte.

Lamm Gottes am Blutpfosten

„Am nächsten Tag sieht Johannes, dass Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er offenbar werde für Israel, darum bin ich gekommen zu taufen mit Wasser. Und Johannes bezeugte es und sprach: Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich gesandt hat zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft. Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.“ (Johannes 1,29–34)

Jesus stirbt als das Lamm Gottes am Blutpfosten, lässt sein Leben für die vielen. Gott befreit von der Last der Vergangenheit, von Schuld und Sünde, von Süchten und allem, was unfrei macht.

Und das ist die Botschaft der Bibel im Ersten und im Zweiten Testament. Das ist die Kernaussage der Schrift: Gott führt in die Freiheit. In ein neues Leben in enger Verbindung mit diesem Gott. Gott macht frei: Entdecken wir das neu für unser Leben.

Chag sameach – frohe und gesegnete Feiertage!

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