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Was bringt Irans neuer Präsident Peseschkian?

Der Iran bekommt einen neuen Präsidenten. Nach dem Flugzeugabsturz von Ebrahim Raisi im Mai 2024 wählte die absolute Mehrheit der Iraner: niemanden.
Von Carmen Shamsianpur

Masud Peseschkian ist der designierte neue Präsident der Islamischen Republik Iran. Im Wesentlichen kündigt er an, alles so weiter zu machen wie bisher. Ein außenpolitischer Schwerpunkt bleibt der Kampf gegen Israel.

Kein Massenmörder

Peseschkians Vita mutet menschlicher an als die seines Vorgängers Ebrahim Raisi, des „Schlächters von Teheran“. Der bald 70-jährige Peseschkian ist Allgemeinmediziner und Herzchirurg – also jemand, der im Gegensatz zu Raisi Leben eher rettete, als sie zu nehmen. Er leitete ein Krankenhaus, bevor er in die Politik wechselte und 2001 unter Mohammed Chatami Gesundheitsminister wurde. Auch seine Frau war Ärztin. Er verlor sie und eines seiner vier Kinder 1994 bei einem Autounfall. Danach heiratete er nicht mehr.

Durch seine Herkunft repräsentiert Peseschkian ethnische Minderheiten im Iran. Er hat einen aserbaidschanischen Vater und eine kurdische Mutter. Das alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass jeder vom Wächterrat zugelassene Präsidentschaftskandidat in erster Linie für ein menschenverachtendes Regime steht und dem Obersten Führer Ali Chamenei treu ergeben ist.

Wenn die Nichtwähler eine Stimme hätten

Selbst nach offiziellen iranischen Angaben erschienen mehr als 50 Prozent der wahlberechtigten Iraner nicht an den Wahlurnen. Im ersten Wahlgang waren es sogar mehr als 60 Prozent. Dabei wird die Stimmabgabe im Iran per Stempel im Familienbuch dokumentiert. Dabei sehen sich viele  zur Wahl gezwungen, weil die Stimmabgabe im Iran per Stempel im Familienbuch dokumentiert wird. Aus diesem Grund ist normalerweise der Anteil ungültiger Stimmzettel immens hoch. Diesmal liegt er offiziell bei nur 2 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Wahl von Ebrahim Raisi waren 13 Prozent der abgegebenen Stimmen ungültig.

Oppositionelle Gruppen meldeten kurz nach der Stichwahl erste Zweifel an. Von 30.530.157 gezählten Stimmen habe Peseschkian 16.384.403 (53,6 Prozent) und sein Mitbewerber Said Dschalili 13.538.179 (44,3 Prozent) erhalten. Die Zahl der ungültigen Stimmen wurde mit 607.575 angegeben. In der ersten Wahlrunde waren es noch rund 1,06 Millionen. Die ohnehin schon erstaunlich niedrige Zahl soll sich also trotz höherer Wahlbeteiligung fast halbiert haben.

Bei beiden Runden wurden aufgrund der geringen Wahlbeteiligung die Öffnungszeiten der Wahllokale mehrmals bis spät in die Nacht verlängert. Laut Veröffentlichungen des Innenministeriums sind mehr als 6 Millionen Stimmen in diesen letzten vier Stunden eingegangen. Iranische Oppositionsmedien im Ausland erhielten hingegen eine Flut von Bildern leerer Wahllokale. Sie warnen davor, die geringe Wahlbeteiligung in westlicher Manier als „Politikverdrossenheit“ darzustellen. Die Nichtwahl sei ein mutiger, risikoreicher, gut durchdachter Entschluss. Er zeuge von hohem politischem Interesse und zeige: Das iranische Volk will dieses Regime nicht!

Israel, USA und EU

Der Iran feiert indes die Wahl als Sieg der „Islamischen Demokratie“. Das „Ziel der Feinde“ sei es gewesen, die „Wahlbeteiligung auf unter 20 Prozent zu drücken“, sagte der Leiter des iranischen Wahlsicherheitskommandos Madschid Mir Ahmadi. Das „zionistische Regime“ habe die Wahl mit Cyberangriffen beeinflussen wollen. Außerdem seien Terrorattacken auf Wahlinfrastruktur geplant gewesen. Der iranische Geheimdienst habe alle Angriffe erfolgreich verhindert.

Peseschkian wird keine andere Außenpolitik verfolgen als seine Vorgänger. In Bezug auf Israel machte der neue Präsident seine Position von Anfang an klar: Er werde die Hamas und die Hisbollah weiterhin „mit aller Kraft“ unterstützen, bis „das zionistische Gebilde“ besiegt sei. Den iranischen Angriff auf Israel im April nannte er den „Stolz der iranischen Nation“.

Die USA machen sich kaum Illusionen über den „Reformer“ Peseschkian. Die Regierung zeigt sich ausdrücklich nicht bereit, über eine Wiederaufnahme der Atomverhandlungen unter dem neuen Präsidenten nachzudenken. Peseschkian würde den für die iranische Wirtschaft äußerst lukrativen Vertrag gerne wiederbeleben.

Offener begegnet dem Iran nach wie vor die Europäische Union. Sie beglückwünschte Peseschkian zu seinem Sieg und streckte umgehend die Hand zum Frieden aus. Nabila Massrali, EU-Sprecherin für Außen- und Sicherheitspolitik, signalisierte auf der Plattform X Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der neuen Regierung.

Alles, nur keine Reformen

Wohlwollende westliche Analysten stellen bedauernd fest, dass Peseschkian „allein“ im Iran nicht viel verändern könne. Oppositionelle und Kritiker des iranischen Regimes gehen davon aus, dass der linientreue Politiker nie die Absicht dazu hatte. Sie verweisen auf den Wahlkampf, in dem er weder zur Außenpolitik noch zum Atomprogramm noch zur Kopftuchfrage irgendwelche Reformen anregte.

Der wirtschaftliche Abwärtstrend und die außenpolitische Isolation des Iran werden unter Peseschkian weiter voranschreiten. Innenpolitisch könnte es geringfügige Lockerungen geben. Der „Reformer“ wird eventuell nicht anordnen, dass ein Mädchen wegen eines verrutschten Kopftuches zu Tode geprügelt wird. Wenn es dennoch passiert, dürfte es ihm egal sein.

Israelnetz Magazin

Dieser Artikel ist in einer Ausgabe des Israelnetz Magazins erschienen. Sie können die Zeitschrift hier kostenlos und unverbindlich bestellen. Gern können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.

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7 Responses

  1. Was bringt Irans neuer Präsident Peseschkian? Terror und Krieg: Er werde die Hamas und die Hisbollah weiterhin „mit aller Kraft“ unterstützen, bis „das zionistische Gebilde“ besiegt sei.

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  2. Mich würde eher interessieren ob ihm Steinmeier gratuliert hat? Ich las, dass er sich als Reformer gibt, aber Mullah treu und gegen Israel steht. Nichts Neues? Müssen Frauen im Iran weiter Angst haben? Ja.

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  3. Pardon für die Ironie, aber es ist schon drollig, dass man bei einem iranischen Präsidenten extra betonen muss, dass er zufällig KEIN Massenmörder ist. Sein Vorgänger hatte da ja Massstäbe gesetzt.

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  4. Es ist Schade, dass es Systeme gibt, die so offen zu der Zerstörung des Volkes Israel aufrufen und das nach der Historie! So muss sich kein Iraner beschweren, dass der Westen und Israel es dem Land so schwer machen. Schade um die Feindbilder … gefallene Welt!
    Röm 8,22-25:22 Wir wissen ja, dass die ganze Schöpfung zusammen seufzt und insgesamt in Wehen liegt bis jetzt. 23 Aber nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns in Erwartung der Sohnschaft, der Erlösung unseres Leibes. 24 Aufgrund der Hoffnung wurden wir nämlich errettet. Eine Hoffnung aber, die man sieht, ist keine Hoffnung. Denn wer erhofft das, was er sieht? 25 Wenn wir aber erhoffen, was wir nicht sehen, warten wir mit Geduld.

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  5. Im Norden nichts Neues: Peseschkian wird keine andere Außenpolitik verfolgen als seine Vorgänger. In Bezug auf Israel machte der neue Präsident seine Position von Anfang an klar: Er werde die Hamas und die Hisbollah weiterhin „mit aller Kraft“ unterstützen, bis „das zionistische Gebilde“ besiegt sei. Den iranischen Angriff auf Israel im April nannte er den „Stolz der iranischen Nation“.
    Erst wenn die westliche Welt mit aller Konsequenz realisiert, was Israel schon schmerzlich spürt, hat die Mehrheit der Bevölkerung im Iran eine Chance zu einem echten politsichen Neustart.

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