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Warten auf Taleb Tawatha

Der israelische Fußballer Taleb Tawatha kehrt nach seiner Knieverletzung ins Team der Bundesliga-Überraschungsmannschaft Eintracht Frankfurt zurück. Der 24-Jährige erzählt Israelnetz exklusiv von seinen Erfahrungen in Deutschland, seiner Karriere in Israel und wie wichtig für ihn die Familie ist.
Nach einer Knieverletzung: Der israelische Linksverteidiger Taleb Tawatha verstärkt Eintracht Frankfurt in der Rückrunde

Noch etwas Geduld fordert Sarah Bein vom Presseteam der Fußballbundesliga-Mannschaft Eintracht Frankfurt ein. Taleb Tawatha sei gerade mit dem Training fertig geworden und komme gleich, teilt sie freundlich mit. Der 24-jährige Israeli, der im vergangenen Sommer nach Deutschland gewechselt war, musste länger darauf warten, wieder trainieren zu können. Zwei hartnäckige Verletzungen warfen ihn in der Hinrunde zurück. Erst hatte er sich zum Saisonstart bei einem Vorbereitungsturnier einen leichten Leistenbruch zugezogen und musste operiert werden. Nachdem er zurückgekehrt war und drei Kurzeinsätze für die Mannschaft absolviert hatte, erlitt er beim Training mit der israelischen Nationalmannschaft einen Innenbandanriss im rechten Knie.

„Die Verletzung, die ich mir bei der Nationalmannschaft zugezogen hatte, war Pech“, erzählt der mittlerweile eingetroffene Tawatha in einer der Logen der Commerzbank-Arena. Bei den ersten beiden Bundesligaspielen im neuen Jahr saß er bereits auf der Auswechselbank. „Ich habe sehr hart gearbeitet und viele Extraschichten eingelegt“, sagt er. Wieder musste er sich an die Frankfurter Mannschaft herankämpfen und wartet jetzt auf die Gelegenheit, spielen zu können. Umso glücklicher sei er, im Kader zu stehen.

Unterkühltes Deutschland

Für Tawatha unterscheidet sich Deutschland in vielerlei Hinsicht von Israel. Am stärksten ist das dem jungen Israeli mit dem sonnigen Gemüt bei den Mentalitäten aufgefallen. Das Interview ist auf Englisch, aber er findet in diesem Zusammenhang spontan nicht den passenden Begriff. „Gegenseitige Liebe“ gefällt ihm nicht. „Wärme und Liebe“, sagt er auf Hebräisch. An die eher reservierte Mentalität der Deutschen musste er sich erst einmal gewöhnen. Am meisten vermisst er hier seine Familie und Freunde, aber auch israelischen Hummus und Falafel.

Tawatha kommt aus dem Dorf Dschissr a-Sarka an der Mittelmeerküste. „Dort habe ich mit 13 Jahren angefangen, Fußball zu spielen.“ Nach nur drei Monaten wurde ein Talentscout des israelischen Fußballklubs Maccabi Haifa auf ihn aufmerksam und holte ihn zur Jugendmannschaft. Dschissr a-Sarka liegt eine halbe Autostunde von Haifa entfernt.

„Mein Vater fuhr mich zu jedem Training von Maccabi und schaute sich die Trainingseinheiten an“, erklärt Tawatha: „Ich war sein Projekt.“ Dabei kann er sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Schließlich war sein Vater auch der Direktor an seiner heimischen Schule. Der Vater ist gerade erst für einen Monat in Frankfurt gewesen. Er sei häufig da und unterstütze Tawatha. Die ganze Familie kommt regelmäßig zu Besuch. Als der 24-Jährige erwähnt, dass er jetzt wieder zwei Monate allein in Deutschland sei, klingt das nach einer herausfordernden Zeit.

Jüngster Profi aller Zeiten bei Maccabi Haifa

In seiner Heimat Israel hat Tawatha eine mustergültige Karriere hingelegt. Nicht ohne Stolz erzählt er, dass er mit sechzehneinhalb Jahren der jüngste Profi in der ersten Mannschaft von Maccabi Haifa war, den es jemals gegeben hat. Ein Jahr später war er bereits Stammspieler. „Wir spielten die Champions-League-Qualifikation gegen KRC Genk und verloren erst im Elfmeterschießen“, erinnert sich Tawatha. Mit 18 Jahren reiste er zur Nationalmannschaft, mit 19 Jahren war er israelischer Meister. Es seien vor allem die internationalen Spiele in der Europa League gewesen, die ihn auf die Bundesliga vorbereitet hätten.

Auch die Familiengeschichte des heute 24-Jährigen ist interessant: Sein Großvater wurde im Sudan geboren. Er wanderte nach Israel ein, wo Tawathas Vater geboren wurde. Die Brüder des Großvaters verließen auch alle den Sudan. Deswegen hat Tawatha Verwandte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Jordanien und Israel. „Im Sommer treffen sich häufig alle in Jordanien, weil es israelischen Familienmitgliedern nicht erlaubt ist, nach Abu Dhabi einzureisen.“

Eintracht Frankfurt und Trainer Niko Kovač haben zu Tawatha während seiner Knieverletzung gesagt: Entspann dich, du wirst zurückkommen! Foto: Israelnetz/Elisabeth Hausen
Eintracht Frankfurt und Trainer Niko Kovač haben zu Tawatha während seiner Knieverletzung gesagt: Entspann dich, du wirst zurückkommen!

Eintracht Frankfurt öffnet Türen nach Abu Dhabi

Aber genau in Abu Dhabi war Tawatha mit Eintracht Frankfurt im Wintertrainingslager. „Ja, ich habe dort Familienmitglieder getroffen“, erzählt er. Es habe keine Probleme mit seiner Einreisegenehmigung gegeben, weil sich die Eintracht darum gekümmert habe. Das klingt so locker, als sei die Einreise in die Emirate nur von einem Türsteher abhängig gewesen.

Einen Monat bevor Tawatha zur Eintracht wechselte, lagen ihm auch zwei Angebote anderer Klubs vor. „Aber ich habe mich mit meiner Familie beraten“, sagt er. Die meinte, dass die Bundesliga eine der besten Ligen der Welt und gerade für junge Spieler gut geeignet sei: „Wir haben uns auch die Webseite der Stadt angeschaut, die sehr schön aussah.“ Seine Familie sei glücklich über die Entscheidung gewesen, dass er zu Eintracht Frankfurt wechseln wollte.

Der Prophet Almog Cohen

Der israelische Bundesligaspieler Almog Cohen vom FC Ingolstadt 04 war für Tawatha ein wichtiger Ansprechpartner im Vorfeld des Transfers zur Eintracht. Cohen erzählte ihm, dass die Deutschen fußballverrückt seien: „Wenn du nach Deutschland wechselst, musst du sehr hart arbeiten, um es in der Bundesliga schaffen zu können.“

Cohen hat ihm auch von der besonderen Mentalität der Deutschen erzählt und dass es nicht so leicht sei, Freunde zu finden. „Alles, was er gesagt hat, ist eingetroffen, vor allem, dass das erste halbe Jahr schwierig wird“, sagt Tawatha. „Wenn du in Israel in der ersten Liga spielst, will jeder dein Freund sein.“ Hier gehe er auf die Straße und keiner erkenne ihn. Manchmal sei das auch angenehm, weil man sich ungezwungen in der Öffentlichkeit bewegen könne. Aber Tawatha macht im Gespräch auch klar, dass das kein Dauerzustand bleiben soll.

Wie ein alter Hase

„Bevor ich in die Bundesliga gekommen bin, war für mich als Linksverteidiger David Alaba vom FC Bayern München ein Vorbild.“ Das könne jetzt aber nicht mehr sein, merkt er spielerisch an, weil die Eintracht und Bayern München jetzt regelmäßige Gegner auf dem Feld seien. Er bewundert aber auch den spanischen Linksverteidiger Jordi Alba vom FC Barcelona: „Er ist klein und schnell wie ich.“

Eintracht Frankfurt war in der Bundesliga eine der Überraschungsmannschaften der Hinrunde. Das Team um Trainer Niko Kovač stand am Ende des Jahres auf einem Champions-League-Platz. Aber Tawatha lässt sich nicht locken. Auf die Frage, welche Ziele die Eintracht für die Rückrunde verfolgt, antwortet er wie ein alter Hase: „Der Trainer und wir Spieler haben das Ziel, frühzeitig den Klassenerhalt zu erreichen und unsere Leistungen von Spiel zu Spiel abzurufen.“ Wenn man nur auf die Tabelle schaue, bekomme man Probleme. Tawathas Ziel ist es, wieder mehr zu spielen, vielleicht sogar Stammspieler zu werden.

Überraschendes Urlaubsziel in Deutschland

Auf die Frage, ob denn die Qualifikation zur Weltmeisterschaft mit Israel ein Fernziel sei, macht er eine bedächtige Pause. Er hält mehr aus Spaß seine Hand abschirmend vor das Mikrofon des Aufnahmegeräts und sagt: „Keine Chance.“ Israel habe eben nicht eine der stärksten Ligen der Welt. Ein Großteil der Nationalmannschaft komme aber aus der heimischen Liga. Tawatha glaubt an die neue Generation, wenn sich diese in europäischen Spitzenligen etablieren kann.

Wenn Tawatha die Zeit hätte und sich aussuchen könnte, wohin er in Deutschland reisen würde, wäre das der Schwarzwald. Von Freiburg und der Region hat er schon viel Positives gehört, vor allem seine Familie hat ihm davon vorgeschwärmt. Zu wünschen wäre Tawatha aber, dass dieser Ausflug noch etwas auf sich warten lässt und er in der Rückrunde bei Eintracht Frankfurt richtig durchstartet.

Von: Michael Müller

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