Sowohl Israelis als auch Palästinenser haben in der Vergangenheit davon gesprochen, die jeweils andere Seite beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) anklagen zu wollen. Anfang September hat die Bürgerrechtsorganisation „Israelisches Rechtszentrum“ angekündigt, einen Prozess gegen Hamas-Führer Chaled Masch’al anzustrengen. Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, drohte Mitte September mit einer Anklage Israels.
Der palästinensische Vertreter in den Niederlanden, Nabil Abusnaid, hält diesen Schritt jedoch für unklug. Die größere Gefahr gehe vom „Islamischen Staat“ aus, sagte Abusnaid dem Nachrichtendienst „Jewish Telegraphic Agency“. „Schauen Sie sich diese Tiere an. Glauben Sie, die Israelis sind gefeit vor dieser Verrücktheit? Mir macht dieser Fundamentalismus mehr Angst.“
Abusnaid forderte angesichts der „Barbarei“ des „Islamischen Staates“, dass Israelis und Palästinenser ihre Differenzen friedlich beilegen und gemeinsam gegen Extremismus vorgehen sollten. Eine Anklage Israels vor dem ICC würde dieses Ansinnen jedoch zunichte machen. „Es ist nicht die bevorzugte Wahl der Palästinenser, denn das wäre die endgültige Scheidung: Ein Schritt, kein Weg zurück. Ich denke, die Palästinenser und die Israelis sind nicht bereit für eine endgültige Scheidung.“
Die Palästinenser sind nicht Mitglied beim ICC. Der Strafgerichtshof hat daher keine Rechtsprechung in den Gebieten der palästinensischen Einheitsregierung, also etwa im Gazastreifen. Die palästinensische Führung erwägt den Beitritt. Die Chefanklägerin des ICC, Fatu Bensuda, hat im August in einem Beitrag für die britische Tageszeitung „Guardian“ erklärt, dass ein solcher Schritt grundsätzlich möglich sei, da „Palästina“ seit dem Jahr 2012 als „Nichtmitgliedstaat mit Beobachterstatus“ bei den Vereinten Nationen anerkannt ist.