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Waffenruhe im Gaza-Konflikt

GAZA / JERUSALEM / KAIRO (inn) – Nach acht Tagen des gegenseitigen Beschusses haben sich Israel und die Hamas im Gazastreifen am Mittwochabend auf eine Waffenruhe geeinigt. Bislang wurde sie weitestgehend eingehalten. Während die Menschen in Israel noch skeptisch sind, feiern die Palästinenser die Feuerpause als ihren Sieg. Bei Freudenfeiern in Gaza wurde ein Mann versehentlich erschossen.
Vor der Waffenruhe: Vertreter der israelischen Verteidigungsstreitkräfte beraten über das Vorgehen im Gazastreifen.

Ägyptens Außenminister Mohammed Kamel Amr und seine US-amerikanische Amtskollegin Hillary Clinton hatten die Einigung über eine Waffenruhe am Abend bekanntgegeben. Kurz darauf gingen noch 20 Raketen aus dem Gazastreifen in Israel nieder, dann kehrte jedoch Ruhe ein.
Issat al-Rischak, Mitglied des Hamas-Politbüros, teilte Details der Vereinbarung auf seiner Facebook-Seite mit. Demnach habe Israel zugestimmt, seine Aktivitäten gegen den Gazastreifen vom Meer, zu Land und in der Luft einzustellen, gezielte Tötungen eingeschlossen. Sollte die Waffenruhe 24 Stunden lang eingehalten werden, wolle Israel auch die Grenzübergänge zum Gazastreifen für den Warentransport und Personenverkehr wieder öffnen.
Die verschiedenen Palästinensergruppen hätten zugesagt, ihren Beschuss vom Gazastreifen aus gegen Israel einzustellen. Über weitere Themen könne noch verhandelt werden, falls nötig, schrieb al-Rischak laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“.
Palästinenser feiern „Sieg“
Die vereinbarte Waffenruhe wird von den Palästinensern als Sieg gefeiert. Im Gazastreifen zogen am Abend und in der Nacht Tausende jubelnde Menschen durch die Straßen. Es wurden Süßigkeiten verteilt und Fahnen geschwenkt. Autofahrer veranstalteten Hupkonzerte. Einige der Feiernden gaben nach arabischer Tradition Freudenschüsse ab. Dabei wurden in Gaza ein Palästinenser getötet und drei weitere verletzt. Ahmed Bahr, ein hochrangiger Hamas-Vertreter, begrüßte die Feuerpause: „Die Widerstandsgruppen haben einen historischen Sieg erzielt und den Weg für den Kampf um die Befreiung Palästinas geebnet.“ Er dankte Ägypten, Katar und der Türkei für ihre Vermittlung bei der Waffenruhe.
Die „Volkswiderstandskomittees“ (PRC) erklärten ebenfalls den Sieg. „Die Besatzung und ihre Armee waren gezwungen, unsere Bedingungen für eine Waffenruhe zu akzeptieren“, sagte Abu Ataja, ein Sprecher der Gruppe. „Dies ist ein großer Sieg.“ Die bewaffneten Palästinensergruppen hätten Israel „eine Lektion gelehrt, die es so schnell nicht vergessen wird“, so Abu Ataja weiter.
Der Anführer der Terrorgruppe Islamischer Dschihad, Ramadan Schallah, sagte: „Der Feind spricht von außergewöhnlichen Leistungen im Gazastreifen. Wir sagen einfach, das, was passiert ist, war eine entscheidende und außergewöhnliche Niederlage in der Geschichte des zionistischen Gebildes.“
Die Hamas-Regierung erklärte den heutigen Donnerstag zu einem nationalen Feiertag. Sie forderte die Bewohner des Gazastreifens auf, Verwundete und Angehörige von Inhaftierten zu besuchen, um die nationale Einheit zu stärken.
Kampf gegen Waffenschmuggel verstärken
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu teilte am Mittwochabend vor Journalisten in Jerusalem mit, er sei mit US-Präsident Barack Obama in einem Telefongespräch übereingekommen, dass einer Waffenruhe eine Chance eingeräumt werden solle. Israel könne jedoch nicht tatenlos zusehen, wie der Feind wieder aufrüste. Er und Obama hätten daher beschlossen, eng zusammenzuarbeiten, um dem Waffenschmuggel, vor allem aus dem Iran, ein Ende zu bereiten. An der Pressekonferenz beteiligten sich auch Verteidigungsminister Ehud Barak und Außenminister Avigdor Lieberman. Barak teilte mit, Israel habe seine Ziele, die es sich vor der Operation gesetzt hatte, vollständig erreicht.
Schulen weiter geschlossen
Im Blick auf die Waffenruhe bleibt Israel vorerst skeptisch. Dutzende Armee-Einheiten sollen noch mindestens bis zum Donnerstagabend in der Nähe des Gazastreifens verbleiben, um auf mögliche neue palästinensische Angriffe reagieren zu können. Sicherheitskräfte bereiten sich zudem auf einen eventuellen „Tage der Rache“ im Gazastreifen, dem Westjordanland und in Jerusalem am morgigen Freitag vor. Die Bildungseinrichtungen in Südisrael blieben aus Sicherheitsgründen am heutigen Donnerstag noch geschlossen.
Die Bilanz
Die Armee selbst teilte in einer Erklärung mit, die „Operation Wolkensäule“ sei erfolgreich gewesen. Die Luftwaffe habe mehr als 1.500 Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen geflogen. Getroffen worden seien 19 bedeutende Kommandozentralen der Hamas, 980 Raketenwerfer, 140 Schmuggeltunnel, 66 Tunnel, die für terroristische Zwecke genutzt wurden, 42 Operationszentren der Hamas, 26 Waffenfabriken und Verstecke für Kampfmittel sowie Dutzende Raketen mit großer Reichweite. Neben dem Hamas-Militärchef Ahmed al-Dscha‘abari seien mehrere hochrangige Vertreter der Hamas und des Islamischen Dschihad getötet worden.
Bei den israelischen Luftangriffen kamen 177 Palästinenser ums Leben. Laut der Armee waren mindestens 120 von ihnen in terroristische Aktivitäten verwickelt. Mindestens 900 Palästinenser wurden verletzt.
Israel war während der Kämpfe das Ziel von über 1.500 palästinensischen Raketen. Etwa 875 davon landeten auf freiem Feld, 58 schlugen in bewohnten Gegenden ein. Über 420 Raketen wurden von dem Raketenabwehrsystem „Eisenkuppel“ abgefangen und mehr als 100 landeten im Gazastreifen. Bei den palästinensischen Angriffen wurden fünf Israelis getötet und mindestens 240 verletzt.
Errungenschaften für beide Seiten
Die Tageszeitung „Jerusalem Post“ schrieb, beide Seiten hätten während der acht Tage langen Kämpfe Errungenschaften erzielt. Palästinensergruppen trafen bei ihren Angriffen Städte, die sie zuvor nicht erreicht hatten: Tel Aviv , Jerusalem und Rischon LeZion. Die Hamas sei nach dem Ende der israelischen Militäroperation noch immer auf den Beinen. Zudem scheine sie an internationaler Legitimität gewonnen zu haben, da sie als Partei durch Ägypten an den Verhandlungen um eine Waffenruhe beteiligt war, heißt es in dem Bericht.
Israel habe der Hamas durch die „Operation Wolkensäule“ schweren Schaden zugefügt, schreibt die Zeitung weiter. Hamas-Militärchef Al-Dscha‘abari ist tot, mehr als 1.500 Ziele im Gazastreifen wurden schwer beschädigt, hauptsächlich sei die Terrorinfrastruktur betroffen. Gleich zu Beginn des Einsatzes habe die Luftwaffe die meisten Raketen mit großer Reichweite zerstört und dadurch den Beschuss auf Tel Aviv und andere weiter entfernt liegende Städte reduziert.

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