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Vorzeige-Zionist: Netanjahus Vater gestorben

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) trauert um seinen Vater. Ben-Zion Netanjahu starb am Montagmorgen im Alter von 102 Jahren in seinem Jerusalemer Haus. Ein Schwerpunkt des Geschichtsprofessors war der Zionismus - sowohl aktiv als auch passiv.

Der Vater des Regierungschefs wurde am 25. März 1910 als Ben-Zion Milikovski in der polnischen Hauptstadt Warschau geboren. 1920 wanderte die Familie in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina aus. Sie lebte zunächst in Jaffa, Tel Aviv, Safed und dann in Jerusalem. An der dortigen Hebräischen Universität studierte der junge Mann Geschichte. Während des Studiums lernte er Zilla Segal aus Petach Tikva kennen, die er 1944 heiratete. Zwischen 1946 und 1952 bekamen sie drei Söhne: Jonathan, Benjamin und Ido. Jonathan kam 1976 bei der Befreiung israelischer Geiseln im ugandischen Entebbe ums Leben. Ido Netanjahu arbeitet als Arzt, Schriftsteller und Dramaturg.

Ben-Zion Netanjahu arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg als Sekretär für den führenden Zionisten Se´ev Jabotinsky. Im Jahr 1939 riet er ihm in London, sein Engagement von Großbritannien in die USA zu verlegen. Denn diese würden die aufstrebende Macht in der Welt sein. Kurz nach der Ankunft in Amerika starb Jabotinsky. Sein ehemaliger Sekretär setzte das Werben für den jüdischen Staat bis nach dem Krieg an seiner Stelle fort.

Nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 widmete sich Netanjahu mit Unterstützung seiner Ehefrau der historischen Forschung. Im Zentrum standen die Juden in Spanien im Mittelalter und die Geschichte des Zionismus. Er verfasste vielbeachtete Bücher über die Inquisition oder den Staatsmann und Philosophen Don Isaac Abravanel. Ein weiteres Werk widmete er den "fünf Vätern des Zionismus": Leon Pinsker, Theodor Herzl, Max Nordau, Israel Zangwill und Jabotinsky. Mehr als zehn Jahre lang war er erster Herausgeber der Enzyclopaedia Hebraica, die von 1944 bis 2005 erschien. Als Professor für Jüdische Studien lehrte er an verschiedenen Universitäten in den USA. Im Jahr 2000 starb seine Frau Zilla Netanjahu.

Kritik an der Politik seines Sohnes

Politisch stand der Historiker weiter rechts als sein Sohn Benjamin, dessen Politik er oft kritisierte. Er vertrat die Vision eines Großisraels. 2004 unterzeichnete er mit anderen Akademikern eine Petition gegen den von Ariel Scharon geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen, der im Sommer 2005 umgesetzt wurde. Der heutige Regierungschef trat kurz vorher aus Protest von seinem Posten als Finanzminister zurück.

In einer Ansprache an seinem 100. Geburtstag vor zwei Jahren sagte Ben-Zion Netanjahu laut einem Bericht des Nachrichtenportals "Arutz Scheva": "Von der iranischen Seite hören wir das Versprechen, dass in einer kurzen Zeit – in einer Angelegenheit von Tagen – der zionistischen Bewegung ein Ende gesetzt wird und es keine Zionisten in der Welt mehr geben wird. Daraus muss man schlussfolgern, dass die Juden im Land Israel vernichtet werden sollen, während den Juden in Amerika, deren Führer sich gegen Druck auf den Iran weigern, angedeutet wird, dass die Auslöschung der Juden sie nicht mit einschließt."

Der Jubilar fügte damals hinzu: "Wir müssen die Fähigkeit haben, geistig hart zu bleiben, das erfordert die Präsenz großer Kraft und eines großen Geistes. Das Volk Israel zeigt der Welt heute, dass es solche Kraft und solch einen Geist besitzt, und das ist es, wo mein Glaube lebt: Ein unbegrenzter Glaube, dass unsere Nation die Gefahr, die ihre Existenz bedroht, abwehren wird."

"Kompromissloser Zionist"

Staatspräsident Schimon Peres kondolierte dem Premierminister. Dessen Vater sei "ein großer Historiker und ein großer Jude" gewesen. Knessetsprecher Reuven Rivlin sagte im israelischen Rundfunk über den Regierungschef: "Bibi hat den reinen Zionismus von einem Mann gelernt, der Jabotinsky so nah war." Er sei in einem Haus aufgewachsen, in dem beim Zionismus keine Kompromisse eingegangen wurden.

Bildungsminister Gideon Sa´ar (Likud) bezeichnete den Historiker als "wichtigen Gelehrten, der sowohl tief als auch originär war". Seine weitreichende Forschung zu den spanischen Juden, die trotz Verbotes heimlich ihrem Glauben treu blieben (Marranen) und zur Inquisition sei revolutionär gewesen. "Sie hat bedeutenden historischen Wert." Ben-Zion Netanjahu sei durch und durch Zionist gewesen – der "herausragende Schüler von Herzl und Jabotinsky".

Anerkennung aus der Opposition

Oppositionsführer Schaul Mofas (Kadima) würdigte die Bescheidenheit des Verstorbenen: "Ich hatte die Ehre, Ben-Zion Netanjahu zu kennen", zitiert ihn die Zeitung "Yediot Aharonot". "Er war ein demütiger, glänzender und lieber Mann. Ben-Zion Netanjahu stand eine Stufe über den anderen, ein Zionist, der an Israel und sein Existenzrecht glaubte – ein Glaube, für den er teuer bezahlte, als er seinen Sohn verlor. Ich bin zutiefst betrübt über sein Ableben und spreche der Familie mein Beileid aus."

Die Vorsitzende der sozialistischen Arbeitspartei, Schelly Jachimowitsch, schrieb auf Facebook: "Er war ein wichtiger Historiker, ein Intellektueller und ein rechtsgerichteter Ideologe. Ich habe die tiefste Wertschätzung für Ideologen, selbst wenn sie zur anderen Seite des politischen Spektrums gehören. Ich habe dem Premierminister mein Beileid bezeugt und ihm gesagt, dass man zwar nur einen Vater hat, aber sein Vater sehr einzigartig in der Spur war, die er in der israelischen Gesellschaft hinterlassen hat. Möge er in Frieden ruhen."

Mehrere Oppositionsparteien teilten mit, sie würden ihre für Montagnachmittag geplanten Misstrauensanträge aus Rücksicht auf den trauernden Regierungschef zurückziehen.

Ben-Zion Netanjahu starb in dem Haus in der Jerusalemer HaPortzim-Straße, das seine Familie 1952 bezogen hatte. Am Sonntag hatte ihn sein Sohn Benjamin noch dort besucht. Die Beisetzung ist am Montag um 17 Uhr Ortszeit in der israelischen Hauptstadt.

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