Der Zentralrat der Juden in Deutschland (ZdJ) hat am Mittwoch in Berlin den Abgeordneten Volker Beck (Grüne) für dessen Engagement gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit mit dem Leo-Baeck-Preis geehrt. Die Entscheidung für Beck sei einstimmig gewesen, betonte der Präsident des ZdJ, Josef Schuster, in seiner Begrüßungsrede. Beck gehöre seit mehr als zwei Jahrzehnten zu jenen Politikern, die „mit handfester Politik gegen jede Art von Schlussstrichmentalität“ vorgingen. Beck, der auch Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag ist, bemühe sich um eine faire und objektive Betrachtung des Nahostkonflikts, erklärte der Zentralratspräsident. Dabei habe der Politiker stets die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel im Bewusstsein.
„Klare Worte für entsetzliche Gewalttaten gefunden“
In der Laudatio auf den Preisträger würdigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) den Einsatz Becks in Entschädigungsfragen für Überlebende der Scho‘ah und sein „aufrechtes Einstehen“ gegen den Antisemitismus. „Zeit deines politischen Lebens hast du dich für die Aussöhnung mit dem jüdischen Volk stark gemacht. Und das eben nicht nur durch Reden, sondern durch konkretes Handeln“, sagte Steinmeier. Auch in der Debatte um die religiöse Beschneidung, die Brit Mila, habe sich Beck „unmissverständlich an die Seite der jüdischen Gemeinschaft“ gestellt und dabei zum Ausdruck gebracht, dass religiöse Toleranz ein Kernprinzip der Demokratie in Deutschland sei. Steinmeier würdigte Becks Äußerungen zu der jüngsten Welle von Terror und Gewalt in Israel. „Auch für die entsetzlichen Gewalttaten, die wir in den letzten Wochen in Jerusalem und im Westjordanland gesehen haben, hast du klare Worte gefunden. Du hast die israelische und die palästinensische Führung aufgerufen, jetzt klug und besonnen zu handeln“, sagte der Außenminister.
Für Steinmeier zeige die aktuelle Krise, dass „die schon viel zu lange andauernde Sprachlosigkeit zwischen beiden Seiten endlich überwunden werden muss“. Der SPD-Politiker forderte „den Wiedereinstieg in einen politischen Prozess, der eine Perspektive auf eine nachhaltige Lösung des Konflikts“ schaffe.
Beck: Dialog intensivieren
In seiner Dankesrede erklärte der Preisträger: „Aus der Scho‘ah erwächst eine Verpflichtung, die über den, oft leichthin verwendeten, Ausspruch ‚Nie Wieder‘ hinauswächst. Diese Verpflichtung darf man nicht in Sonntagsreden sakralisieren, sie ist alltäglicher Handlungsauftrag: Die Verpflichtung des ‚Nie wieder‘ muss sich auch auf das beziehen, was Ausschwitz vorausging: Auf christlichen Antijudaismus, völkischen Antisemitismus und Rassismus. Hier gilt es im Alltag Haltung zu zeigen, im Kampf gegen Hate-Speech auf Facebook, am Stammtisch und im Fußballstadion.“ Aus der Geschichte erwachse der Auftrag zu „einer Kultur des Respekts, zum Hinsehen und zum Widerspruch“, sagte der Abgeordnete.
Angesichts der Flüchtlingsdiskussion in Deutschland sagte Beck, er könne „die Befürchtungen in den jüdischen Gemeinden nachvollziehen, dass syrische Flüchtlinge ein anerzogenes Feindbild von Israel und den Juden mitbringen könnten und dass dies in Bedrohung und Gewalt umschlagen könnte“. Der Grünen-Politiker forderte eine Intensivierung des Dialoges zwischen Juden, Christen und Muslimen. Er appellierte an die muslimischen Vereine und Verbände, „sich zu öffnen und dies aktiv zu befördern, für einen Dialog auf allen Ebenen, nicht nur unter Vorständen, sondern auch unter Theologen und unter den einfachen Gläubigen“.
Für die Sicherheit Israels sei eine friedliche Regelung mit den Nachbarn unerlässlich. „Wir müssen weiter gemeinsam auf ein Ende der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern hinarbeiten und ihnen da Unterstützung anbieten, wo es notwendig ist“, sagte Beck und beklagte, dass die israelische Regierungspolitik es nicht immer leicht mache, deren Handeln nachzuvollziehen. Die Auszeichnung sieht der Abgeordnete des Deutschen Bundestages als seinen Auftrag, „weiter für Demokratie und Freiheit zu kämpfen und mich mit ihnen allen gemeinsam jeder Form von Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus und Homosexuellenfeindlichkeit in den Weg zu stellen“.
Mit dem Leo-Baeck-Preis, der an den Rabbiner Leo Baeck (1873–1956) erinnert, ehrt der Zentralrat der Juden in Deutschland Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt haben. Zu den Preisträgern früherer Jahre gehören unter anderen die Bundespräsidenten a. D. Richard von Weizsäcker (1994), Roman Herzog (1998) und Christian Wulff (2011), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2007) und der Verleger Hubert Burda (2006). Die Auszeichnung wird seit 1957 vom Zentralrat vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. (nob)