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Vielfalt als Herausforderung

Wohl kein Land des politischen Westens ist so vielfältig wie Israel. Das hat Auswirkungen auf die Innenpolitik, die von der Staatsgründung an bis heute mit besonderen Herausforderungen verbunden ist.
Von Sandro Serafin

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Staates Israel. Kompakt stellen wir Ihnen darin verschiedene Aspekte eines vielfältigen Landes vor.

Seit 75 Jahren ist Israel eine Demokratie nach westlicher Vorstellung. Doch es gibt in der israelischen Innenpolitik auch viele Eigenarten, die auf die besonderen Herausforderungen verweisen, denen sich der jüdische Staat gegenübersieht. Dazu gehört, dass in Israel bis heute ein rechtlicher Ausnahmezustand gilt, der der Regierung besondere Vollmachten verleiht. Immer wieder gab es Bestrebungen, das zu ändern; allerdings sind zahlreiche Gesetze so konstruiert, dass sie vom Fortbestehen des Notstands abhängen.

Bis heute hat Israel auch keine Verfassung. Darin liegt eine der Ursachen des Streits um die Macht der Justiz, der die Gesellschaft in den Monaten vor dem Jubiläum erschütterte. Dass die Staatsgründer darauf verzichteten, hatte verschiedene Gründe. Unter anderem befürchteten sie, es könne ein Kulturkampf ausbrechen, wenn sich die schon damals so vielfältige Gesellschaft auf eine gemeinsame Identität verständigen müsste.

Alle Juden für den Staat gewinnen

David Ben-Gurion und Co. rangen darum, dass sich alle Juden – europäische und orientalische, orthodoxe und liberale, religiöse und säkulare, rechte und linke – als zugehörig zu dem neuen Staat ansahen. Den Strengreligiösen etwa sagten sie zu, dass der Samstag zum Ruhetag werden solle; Tora-Studenten wurden vom Wehrdienst befreit. Bis heute sind die Konflikte zwischen orthodoxen und säkularen Juden ein wesentlicher Faktor der Innenpolitik. Der politische Einfluss der Orthodoxen ist groß – trotzdem war unter 14 Premierministern bisher erst ein Kippaträger.

Auch die Unterschiede zwischen aschkenasischen (europäischen) und misrachischen (orientalischen) Juden sind ein innenpolitischer Faktor. Das politische Establishment war seit Israels Gründung aschkenasisch geprägt. Im Umgang mit den Orientalen hat es Fehler gemacht, was unter diesen eine anti-elitäre Haltung beförderte, die heute noch für Polarisierung sorgt.

Herausfordernd war stets auch der Umgang mit den Arabern im Land. Sie erhielten die Staatsbürgerschaft; teils wurden ihre Ortschaften aber bis 1966 unter Militärverwaltung gestellt. Nach der Staatsgründung gab es arabische Parteien, die von den zionistischen Mehrheitsparteien abhängig waren. Alle heute in der Knesset vertretenen arabischen Parteien sind hingegen unabhängig. Sie können ihre oft massiv anti-israelischen Einstellungen offen vertreten. Bisweilen schafften es Araber in Regierungspositionen.

Mehr als 100 Parteien in der Knesset

Die Vielfalt der Gesellschaft spiegelt sich in der Zersplitterung des Parteiensystems. Mittlerweile dürften mehr als 100 Parteien unterschiedlicher Namen im Parlament vertreten gewesen sein; die genaue Zahl ist kaum zu überblicken. Ständig werden neue Parteien gegründet und bestehende aufgelöst, Politiker springen von der einen zur nächsten. So war schon Ben-Gurion seit 1948 in drei Parteien aktiv.

Die Zersplitterung der Parteienlandschaft befördert eine innenpolitisch oftmals instabile Lage. Seit der Staatsgründung haben die Israelis 25 Mal die Knesset gewählt und 37 Regierungen erlebt. Letztere hielten im Durchschnitt nur gut zwei Jahre. Sie stürzten über Meinungsverschiedenheiten, Skandale oder politisches Versagen. Gern gesehen sind in der Politik Militärs. Mit Jitzchak Rabin und Ehud Barak wurden sogar zwei vormalige Armeechefs Premierminister.

Innenpolitische Zerreißproben

Die Machtverhältnisse haben sich seit der Staatsgründung radikal verschoben: In den Gründungsjahren maßgeblich von Sozial­demokraten geprägt, ging 1977 als Jahr der „Revolution“ in die Geschichtsbücher ein: Erstmals übernahm Menachem Begins rechtsgerichteter Likud die Macht, der von der linksgerichteten Gründungselite jahrelang geächtet worden war. Heute spielen linke Parteien fast keine Rolle mehr, die Mehrheit der Wählerschaft ist konservativ geprägt.

Immer wieder gab es in der Geschichte der israelischen Innenpolitik Zerreißproben – etwa als in den 1950ern um die Annäherung an Deutschland, in den 1990ern um den Ausgleich mit den Palästinensern oder in den 2000ern um den Abzug aus Gaza gerungen wurde. Bisher hat das Land alle diese Herausforderungen gemeistert.

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Israelnetz Magazin

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4 Antworten

  1. Das ist ganz einfach zu erklären.
    Zwei Juden, drei Meinungen.
    Vielfalt eben. Shalom

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  2. Liebes Israel,
    die Vielfalt ist nicht das wirkliche Problem. Wenn sich das „Jakobsland“ nur darauf besinnen möchte, dass die Juden, ein Bundesvolk sind und der allgewaltige Gott Jahwe sein Gott ist. Jahwe sagt, Israel soll mein Eigentumsvolk sein. Gott legt seinem Volk vor zu wählen, zwischen Segen und Fluch. Gott wartet darauf, dass Israel in den Ordnungen Gottes lebt. Gott wartet darauf, dass die Juden das Liebesangebot Gottes, wie es Jesaja 1,18 ff beschreibt, annehmen.
    Lieber Gruß Martin

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  3. Ob die Juden „vom Schwert gefressen werden“ (Jesaja, 1, 20) ?

    Stelle anheim, das zu glauben. Zweifle aber im Jahre 2023 resp. 5783 sehr stark dran. Juden haben gelernt, sich zu verteidigen.

    2
    1. Tja, ist halt so eine Sache mit Bibelworten. Aus dem Zusammenhang gezogen, die darin angegeben Adressaten nicht beachtet – wie vor ein paar Wochen jemand Auschwitz darin entdeckt haben wollte…..

      Ja, Gott hat Israel Segen und Fluch vorgelegt. Aber er hat auch gesagt: wer euch segnet, wird gesegnet sein, wer euch flucht, wird verflucht. Ist es wirklich ein Segnen, wenn man dem Volk Gottes vorwirft ein Gottesmörder zu sein oder allen Juden Unglauben unterstellt.? Wenn man die Segnungen dem Volk Gottes stiehlt und für sich selbst in Anspruch nimmt? Ich glaube, es gibt ein paar, die ihr Christsein dringend überdenken sollten.

      1

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