JERUSALEM (inn) – Vor zwei Jahren nahm die Jerusalemer Polizei Ermittlungen wegen einer „christlichen Sekte“ auf, die angeblich im nordwestlichen Stadtteil Sanhedria operierte. Ultraorthodoxe warfen ihr vor, Hunderte Kinder zwischen vier und zehn Jahren entführt zu haben. Diese hätten sie sexuell missbraucht und zum Religionsübertritt gezwungen.
Doch nun steht fest: Eine solche Sekte existiert nicht. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass eine große Anzahl von Kindern gewaltsam zum Christentum konvertiert worden wären. Die Ermittler gehen vielmehr davon aus, dass die ultraorthodoxen Juden durch ihre Warnungen vor der angeblichen Sekte in ihrer Gemeinschaft Spenden sammeln wollten. Wie viel Geld dadurch aus Israel und aus dem Ausland zusammenkam, lässt sich nicht genau feststellen, wie die Tageszeitung „Ma‘ariv“ berichtet. Die mutmaßlichen Betrüger sollen auch versucht haben, Gelder von staatlichen Einrichtungen zu erhalten, um „gegen die Sekte zu kämpfen“.
Den Ermittlungen zufolge besteht in einzelnen Fällen tatsächlich der Verdacht auf Missbrauch eines Kindes. Aber sie haben weder eine Beziehung zueinander noch eine Verbindung zu der angeblichen Sekte. Die Polizei schließt nicht aus, dass die Verdächtigen die Kinder möglicherweise selbst missbraucht haben. Ein Mann und eine Frau mussten am Dienstag vor Gericht aussagen. Ihnen werden Kindesmisshandlung und Betrug zur Last gelegt. Vorerst bis zum 16. August befinden sich die beiden Israelis in Hausarrest. Über Einzelheiten zu den Verdächtigen wurde auf Antrag des Verteidigers eine Nachrichtensperre verhängt.