HAMBURG (inn) – Die Universität Hamburg stiftete den Carlebach-Preis zur im November 2003 in Hamburg veranstalteten sechsten Joseph-Carlebach-Konferenz. Sie soll den Namen Carlebach lebendig halten und damit vor allem auch Joseph Carlebachs bedeutendes Wirken und Miriam Gillis-Carlebachs lebenslanges Bemühen um Verständnis, Zusammenarbeit und gemeinsames Erinnern würdigen.
Die Professorin Miriam Gillis-Carlebach war die Tochter Joseph Carlebachs. Sie überlebte die Scho’ah, weil sie Nazi-Deutschland rechtzeitig verließ. Ihre Eltern und drei ihrer Schwestern wurden am 26. März 1942 im Hochwald bei Riga von den Nazis ermordet.
Miriam Carlebach emigrierte bereits kurz vor der Pogromnacht 1938 mit 16 Jahren ins heutige Israel. 1984 promovierte sie, 1992 gründete sie an der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv das Joseph-Carlebach-Institut. Am 28. Januar 2020 starb Miriam Gillis-Carlebach in Petach Tikva im Kreis ihrer Familie.
Seit 1995 kehrte sie immer wieder zurück in ihre Heimatstadt Hamburg und besuchte in ihrem Kindheitsraum in Hamburg-Altona eine neu eingerichtete Kindertagesstätte. Sie unterrichtete die Kinder als Zeitzeugin, gab ihnen Orientierung, damit sie gegen Hass, Ausgrenzung und Gewalt immun werden konnten. Miriam Gilles-Carlebach half sowohl in Hamburg als auch an ihrer Wirkungsstätte in Israel, die Erziehung nach der Scho’ah zu begreifen und neu zu entwickeln.
Wissenschaftliche Arbeiten zur jüdischen Geschichte, Religion und Kultur
Der Carlebach-Preis wird alle zwei Jahre für herausragende wissenschaftliche Beiträge an junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem Hamburger Raum vergeben. Er ist insbesondere bestimmt für Seminar-, Studien- und Examensarbeiten und Dissertationen zur jüdischen Geschichte, Religion und Kultur.
Am heutigen Mittwochabend zeichnet Susanne Rupp, Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der Universität Hamburg, im Warburg-Haus der Universität Hamburg Kevin Drews aus. Er wird geehrt für seine Dissertation im Fach Germanistik mit dem Titel „Inmitten der Extreme. Ästhetik und Politik bei Walter Benjamin und Salomo Friedlaender“.
Weitere Preisträgerin ist Iris-Christiane Stavenhagen. Sie erhält den Preis für ihre Masterarbeit im Studiengang Jüdische Philosophie und Religion mit dem Titel „Die christliche Rezeption der jüdischen Haskala im 18. Jahrhundert am Beispiel Johann Balthasar Kölbele und August Wilhelm Hupel“. Das Wort „Haskala“ bezeichnet die jüdische Aufklärung. Dotiert ist der Carlebach-Preis mit 1.500 Euro.
Joseph Carlebach (1883 bis 1942) war der letzte Oberrabbiner der Gemeinde Altona, Hamburg und Wandsbek. Seine Tochter, Miriam Gillis-Carlebach, war Ehrensenatorin der Universität Hamburg.
Von: Heike Linde-Lembke