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Undiplomatischer Brückenbauer

Die Freundschaft zwischen Israel und den USA gilt als besonders eng. Maßgeblich daran beteiligt ist der texanische Pastor John Hagee: Seine Organisation „Christen gemeinsam für Israel“ zählt Millionen Anhänger, darunter hochrangige Politiker. Bei politischen Aussagen schießt der streitbare Geistliche manchmal über das Ziel hinaus.
John Hagee beantwortet in einer Online-Fernsehsendung Fragen zu Theologie und Zeitgeschehen.

Wer sich gegen Israel stellt“, ruft John Hagee mit bebender Stimme, „der stellt sich damit gegen Gott.“ Nein, dieser Mann ist kein Freund der leisen Töne. Und wenn John Hagee spricht, hören die Menschen zu: 20.000 Besucher kommen an jedem Wochenende zu den Gottesdiensten in die von Hagee gegründete Cornerstone-Church im US-Bundesstaat Texas. Weltweit können die Predigten des 72-Jährigen im Fernsehen verfolgt werden, auch in Deutschland sind sie empfangbar. Neben dem Engagement für seine Kirche und deren in zahlreichen Ländern tätiges Missionswerk widmet Hagee einen großen Teil seiner Kraft der christlichen Israel-Solidarität, die sich in den späten Jahren seines Wirkens zum Schwerpunkt seiner Arbeit entwickelt hat.
2006 als Graswurzelbewegung gegründet, hat sich „Christen gemeinsam für Israel“ (CUFI) zur größten und am schnellsten wachsenden pro-israelischen Organisation der USA entwickelt, die nach eigenen Angaben mehr als 1,2 Millionen Unterstützer repräsentiert. Über Facebook, Twitter und Mailinglisten erhalten sie Gebetsanliegen zur aktuellen Nahost-Politik – sowie Fakten und Apelle, die sie an ihre Abgeordneten kommunizieren sollen. Jedes Jahr veranstaltet CUFI einen Kongress in Washington, zu dem hochrangige Senatoren, Abgeordnete, Botschafter sowie christliche und jüdische Geistliche erscheinen. In den vergangenen Jahren würdigte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu die Konferenz mit einer Video-Grußbotschaft. Der Kongress ist jedoch weit mehr als eine Party, bei der christliche Zionisten sich selber feiern: Viele der bis zu 6.000 Besucher ergänzen ihr Programm um Gespräche mit ihren Abgeordneten, um ihnen die politische Unterstützung Israels ans Herz zu legen. Mehr Macht als CUFI genießt nur der „Amerikanisch-Israelische Ausschuss für öffentliche Angelegenheiten“ (AIPAC). Die Lobby-Gruppen setzen sich sehr unterschiedlich zusammen: Die Aktivisten von CUFI sind fast ausschließlich Christen aus dem evangelikalen Spektrum, AIPAC zählt auch Juden und Säkulare zu seinen Unterstützern.
Während AIPAC bei Politikern unterschiedlichster Färbung auf offene Ohren trifft, wird CUFI als zu den Republikanern tendierend eingestuft. Hagee selbst hat in seinen Predigten immer wieder Stellung gegen die seiner Ansicht nach anti-israelische und von Schwäche geprägte Außenpolitik von US-Präsident Barack Obama bezogen. 2008 sprach er sich für den gemäßigten republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain aus, der sich von dieser Unterstützung prompt distanzierte – eine Schrecksekunde für viele Wähler mit christlicher Motivation. Der Wahlausgang ist bekannt: McCain unterlag Obama deutlich.
Kontroverse um Holocaust-Äußerungen
Wer so entschieden sowohl für Israel als auch für theologisch konservative Positionen kämpft, wie Hagee es tut, macht sich nicht nur Freunde. Der Pastor wird in seiner eigenen Kirche von Sicherheitspersonal begleitet, die politische Linke hasst ihn genauso wie radikale Muslime. Doch auch unter Freunden sorgt Hagee zuweilen für Irritationen. In seinem mittlerweile verfilmten Endzeit-Roman „Jerusalem Countdown“ schreibt er, Adolf Hitler habe jüdische Vorfahren gehabt, der Holocaust sei außerdem nur als Folge der jüdischen Rebellion gegen Gott möglich geworden. Diese und andere kontroverse Äußerungen des Pastors, gerade auch zur christlichen Theologie, werden freilich von seinen Gegnern dramatisiert und genüsslich von linksliberalen Medien weiterverbreitet – aber ein verwundertes Kopfschütteln ruft der ein oder andere Punkt auch bei konservativen Christen hervor.
Dem gegenüber stehen die Verdienste der gemeinnützigen Zweige von Hagees Kirche in San Antonio sowie sein Missionswerk, das die christliche Botschaft über die Massenmedien in der Welt verbreitet. Diesen Arbeitsbereich baut Hagee gemeinsam mit seinem Sohn Matthew aus: Auf GETV.org können Zuschauer im Onlinefernsehen Predigten aus den Archiven der Cornerstone-Church anschauen, Israel-Events live verfolgen und bei der interaktiven Sendung „Hagee Hotline“ Fragen stellen.
Aufgrund seines hohen Alters tritt Hagee inzwischen etwas kürzer, widmet sich seiner Frau Diana oder den zwölf Enkelkindern. Häufig übernimmt Matthew Hagee den Predigtdienst in der Heimatgemeinde der Familie. Beim Thema Israel jedoch ist John Hagee nicht zu bremsen. Für 2013 stehen neben Veranstaltungen in den USA und Großbritannien auch wieder Israel-Reisen auf dem Programm. Im März 2012 hatte Premierminister Netanjahu Hagee und seine Reisegruppe empfangen. Auch wenn CUFI aus strategischen Gründen keine Wahlempfehlung für Netanjahu abgegeben hat – es war kein Geheimnis, dass Hagee „Bibi“ auch weiter im Amt sehen wollte. Einer erneuten freundschaftlichen Begegnung der beiden dürfte also nichts im Wege stehen.

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