Suche
Close this search box.

UN-Versammlung und Bundestag gedenken der Judenverfolgung

NEW YORK / BERLIN (inn) - Die UN-Generalversammlung hat am Dienstag eine Sitzung anlässlich des Internationalen Holocaustgedenktages abgehalten. Auch im Deutschen Bundestag gab es eine Gedenkstunde. Diese wurde allerdings vom Zentralrat der Juden in Deutschland boykottiert, weil sich dessen Vertreter in der Vergangenheit "missachtet" gefühlt hätten.

Bei der Veranstaltung der UN-Vollversammlung fehlte deren Präsident Miguel d’Escoto Brockmann. Im Vorfeld der Gedenkstunde hatten sich jüdische Organisationen in den USA dafür ausgesprochen, dass er nicht teilnehme. Anlass waren anti-israelische Äußerungen des Nicaraguaners. So hatte er im November die israelische Regierung der Apartheid beschuldigt. Gleich in seiner ersten Rede als Präsident des Gremiums im September hatte er zudem eine sofortige Umsetzung der Resolution 181 von 1947 und damit einen Palästinenserstaat gefordert. Wie die Tageszeitung „Jediot Aharonot“ meldet, wurde d’Escotos Ansprache zum Holocaustgedenken am Dienstag vor den 1.600 Teilnehmern der Versammlung verlesen.

„Gleichgültigkeit ist wahrscheinlich größte Sünde“

Die israelische UN-Botschafterin Gabriela Schalev sagte in ihrer Rede, auch wenn die Schoah mit Krematorien geendet habe, so habe sie doch mit Worten begonnen. „Gegenüber den Schrecken des Holocaust still und gleichgültig zu bleiben, ist wahrscheinlich die größte aller Sünden, ganz zu schweigen von seiner Leugnung. Wir haben eine Verantwortung, gegen die Kräfte von Antisemitismus, Engstirnigkeit und Rassismus in jeder Form vorzugehen.“

Das jüdische Volk erhalte die Hoffnung aufrecht, dass einst keine Nation mehr zur Zerstörung einer anderen aufrufen werde, fügte Schalev hinzu. Allerdings sei diese Sehnsucht noch nicht erfüllt. Die Botschafterin erzählte auch die Geschichte ihrer Großeltern, die in Auschwitz umgekommen waren.

Zentralrat boykottiert Versammlung im Bundestag

Im Vorfeld der Gedenkstunde im Berliner Bundestag hatte der Zentralrat der Juden seine Teilnahme abgesagt. Generalsekretär Stephan Kramer beklagte, führende Vertreter des Gremiums seien noch nie als Holocaust-Überlebende auf der Tribüne begrüßt worden. Schon unter der Leitung von Paul Spiegel habe der Zentralrat gegenüber dem Bundestag seinen Unmut darüber geäußert. Dabei gehe es nicht um irgendwelche Eitelkeiten. Die jetzige Vorsitzende Charlotte Knobloch, die als Kind unter falschem Namen auf einem fränkischen Bauernhof die Verfolgung überstand, gehöre zu den letzten Vertretern der Überlebenden.

Nach Kramers Angaben habe der Bundestag eine besondere Begrüßung abgelehnt, weil das Protokoll dies nicht vorsehe. Es stehe nur den Verfassungsorganen zu. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wies laut „‚Welt Online“ die Vorwürfe zurück. „Ich finde die Beschwerde, von der ich aus der Presse erfahren habe, unverständlich und bedauerlich.“ Das Parlament werde zu Unrecht angegriffen. Lammerts Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD) konnte die Vorwürfe ebenfalls nicht nachvollziehen.

Holocaust-Überlebende auf Zuschauertribüne

In der Gedenkstunde selbst waren Parlamentssitze und Regierungsbank vollbesetzt. Auf der Zuschauertribüne hatten sich mehrere Vertreter jüdischer Gemeinden und Organisationen eingefunden. Auch die Überlebenden Arno Lustiger und Ernst Cramer nahmen teil. Sie hatten in den Jahren 2005 und 2006 in der Gedenkstunde des Bundestages gesprochen.

Lammert sagte in seiner Rede: „Erinnerung lebt von Unmittelbarkeit und Authentizität.“ Wer Zeitzeugen zuhöre, könne dadurch selbst zu einem Zeugen werden. Bundespräsident Horst Köhler forderte in einer Zeit, in der antisemitische Angriffe zunähmen, Solidarität mit den Juden in Deutschland: „Stellen wir uns an die Seite unserer jüdischen Landsleute. Wer sie angreift, greift alle an.“ Der erste Artikel des Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, sei die Antwort auf die Erfahrung des Nationalsozialismus. Köhler würdigte zahlreiche Initiativen, die an die Terrorherrschaft der Nazis erinnern.

Gedenkstunde 1996 von Präsident Herzog eingeführt

Am 27. Januar 1945 wurde das NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von sowjetischen Truppen befreit. Es gilt als Inbegriff der Gräuel, die an der jüdischen Bevölkerung verübt wurden. Seit dem Jahr 1996 begeht der Bundestag am Jahrestag der Befreiung seine Gedenkstunde zu Ehren der Opfer des Holocaust. Sie wurde vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt. Im Jahr 2005 erklärte die UN-Vollversammlung den 27. Januar zum Internationalen Holocaustgedenktag.

Israel beteiligt sich am UN-Gedenken, hat aber einen eigenen „Tag der Schoah“ am 27. Tag des jüdischen Monats Nissan. In diesem Jahr fällt er auf den 21. April.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen