Während zehntausende KZ-Überlebende quer durch Europa Verwandte und ehemalige Wohnorte aufsuchten, bahnte sich im fernen New York eine politische Entscheidung von gewaltiger Tragweite an. Doch davon später. Als „displaced persons“ (englisch für eine „Person, die nicht an diesem Ort beheimatet ist“) wurden Juden in Europa zwischen Staaten und Besatzungszonen hin- und hergeschoben. Viele strebten nach Palästina. Doch seit November 1945 hatte die britische Marine die aus britischer Sicht illegale Einwanderung ins Mandatsgebiet blockiert. Auf der Insel Zypern gab es wieder Lager für Juden.
Aufbruch der „Exodus“
Um der Weltöffentlichkeit dieses neue Drama zu zeigen, wurde mit dem Flüchtlingsschiff „Exodus“ ein Zeichen gesetzt. Ein ehemaliger US-Vergnügungsdampfer wurde zum Fanal. Am 10. Juli begann das Schiff mit rund 4.500 Juden seine Fahrt von Frankreich nach Palästina. Die Briten versuchten, die „Exodus“ zu stoppen. Die Juden wehrten dies zunächst ab. Sie kapitulierten schließlich nach britischem Beschuss. Jüdische Organisationen hatten das Schiff und dessen Passagiere live ins Radio und in die Presse gebracht. So gab es ein breites Medienecho, als die „Exodus“ mit den Klängen der „HaTikva“, der späteren Nationalhymne Israels, von britischen Kriegsschiffen begleitet in den Hafen von Haifa einfuhr.
Verletzte wurden von Bord gebracht, und schließlich alle Passagiere der „Exodus“. Verteilt auf andere Schiffe wurden sie, anders als im gleichnamigen Roman von Leon Uris, zurück nach Europa transportiert. Am 8. September endete die Fahrt in Hamburg. Ausgerechnet in Deutschland warteten 1947 wieder Lager auf die Juden. Doch inzwischen ist die Öffentlichkeit informiert und nimmt Anteil am Schicksal der „Exodus“-Juden und der KZ-Überlebenden überhaupt. Selbst US-Präsident Harry S. Truman soll sich bei den Briten für die Juden eingesetzt haben.
Finale in New York
Ein anderer Schauplatz war das britische Mandatsgebiet Palästina. Jüdische Untergrund-Organisationen hatten seit Jahren schon die Blockade der Briten durchbrochen und bekämpft. Kämpfe gab es auch zwischen Arabern und Juden. Der Landstrich versank 1946/47 im Chaos. Nach dem Sieg über die Türken im Ersten Weltkrieg war Großbritannien 1920 vom Völkerbund das Mandat über das Gebiet der heutigen Staaten Israel und Jordanien übertragen worden.
Anfangs wurde jüdische Einwanderung begrüßt und gefördert. Doch mit Beginn der 30er Jahre schlug diese Politik in nahezu das Gegenteil um. Arabisch-islamischer Druck, der nahende Krieg in Europa und der große Durst nach Erdöl hatten dies bewirkt. Gerade als Juden aus Europa fliehen mussten, gingen die Tore für die Einwanderung zu. Doch nun, im Sommer 1947, wurde die Zukunft des britischen Mandats ein Thema in der UNO. Schon 1937 und 1938 hatte es Teilungspläne für das Land in einen jüdischen und einen arabischen Sektor gegeben. Aber erst jetzt, nach dem Ende des Krieges, wurde das Anliegen zu einem Tagesordnungspunkt der UN-Vollversammlung 1947. Vor siebzig Jahren wurde die Zukunft Palästinas vor der UNO besprochen. Genauer gesagt: Monatelang wurde in Hinterzimmern hart verhandelt, gedroht, geworben.
Es ging um Mehrheiten für die Abstimmung Ende November. Die arabischen Staaten wollten die Teilung des Landes und vor allem ein jüdisches Gebiet verhindern. Die Vertretung der Juden warb bei Kommissionen und Regierungen weltweit für die Zustimmung zum Teilungsplan. Alle Beteiligten wussten, es würde knapp werden. Am 29. November 1947 beschloss die Vollversammlung der Vereinten Nationen den vorgelegten Plan zur Neugliederung des Gebietes. Die Resolution 181 bestimmte die Teilung in einen arabischen Teil Palästinas und einen jüdischen Teil sowie Jerusalem als Sondergebiet (corpus separatum) unter UN-Verwaltung. Im jüdischen Teilgebiet wurde mit Ablauf der Mandatszeit am 14. Mai 1948 der Staat Israel ausgerufen.
Von: Egmond Prill