Abbas will am Montag nach New York reisen, um dort vor der UN-Generalversammlung zu sprechen. Welchen Inhalt sein Antrag haben soll, ist noch nicht bekannt. Für Freitag hat der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) eine Rede angekündigt. Der Hamas-Vertreter Muschir al-Masri hält den Plan für "einen individuellen Schritt durch Präsident Abbas ohne Beratung mit irgendeiner Partei", schreibt die palästinensische Nachrichtenagentur "Ma´an".
Auch der Hamas-Führer Mahmud Sahar äußerte Kritik an dem Vorhaben des Fatah-Chefs. Er monierte, dass der von seiner Gruppe beherrschte Gazastreifen bei der Kampagne nicht berücksichtigt werde: "Niemand hat die Leute in Gaza gebeten, auf die Straßen zu gehen, um Solidarität mit dem sogenannten September-Antrag zu zeigen. Wenn die Palästinensische Autonomiebehörde dazu aufruft, werden wir dagegen sein, weil sie Leute im Westjordanland festnimmt. Wie kann ich ihr das Recht geben, in Gaza zu demonstrieren, während sie uns jenes Recht nicht im Westjordanland gibt?"
Der Sprecher des Islamischen Dschihad, Dawud Schihab, forderte: "Dieser Schritt muss untersucht werden, um zu gewährleisten, dass er nicht bedeutende Themen wie das Rückkehrrecht und die Zukunft der Palästinensischen Befreiungsorganisation als Schirmorganisation für das gesamte palästinensische Volk ignoriert." Ein Staat könne nicht unter der Besatzung ausgerufen werden. Er rechne ohne palästinensischen Konsens mit einem Scheitern des Antrags.
"Politik von Israel und den USA bloßstellen"
Wohlwollen für Abbas äußerte hingegen Kajid al-Ghul vom Politbüro der marxistischen PFLP: "Wir unterstützen den Plan der palästinensischen Führung, vor die UN zu gehen, weil das ein natürliches Recht der Palästinenser und Teil des politischen Kampfes gegen die israelische Besatzung ist." Er gehe davon aus, dass durch den Antrag die bilateralen Verhandlungen mit Israel ein Ende fänden.
"Ungeachtet des Ergebnisses sollte dieser Schritt Teil des politischen Kampfes sein, den wir gegen die Besatzung führen", fügte Al-Ghul hinzu. "Er wird auch eine Gelegenheit bieten, den Kreis der Solidarität mit den Rechten des palästinensischen Volkes zu vergrößern und Israels Politik und die unterstützende Politik der USA bloßzustellen." Eine Aufgabe des Vorhabens würde nach seiner Ansicht dem palästinensischen Standpunkt schaden und eine politische Rivalität schaffen. Die gesamte Kampagne würde dann wie eine Taktik wirken, die zu Verhandlungen zurückführen solle.
Salih Nasser, Mitglied des DFLP-Politbüros, betonte die nationale Notwendigkeit, "die US-Dominanz bei den Friedensverhandlungen zu beenden". Denn es sei praktisch bewiesen worden, dass sich die USA mit Israel abstimmten. Der Antrag werde die internationale Gemeinschaft zwingen, sich ihrer Verantwortung zu stellen, überdies werde er Druck auf Israel ausüben.
Aus Sicht der Palästinensischen Nationalen Initiative (PNI) ist das Gesuch die "letzte Option für zwei Staaten". Generalsekretär Mustafa Barghuti sagte am Samstag vor Journalisten: "Es ist Zeit für eine Alternative. Es gibt keinen Raum für Gespräche." Die Kampagne sei "ein Aufschrei an die internationale Gemeinschaft für eine Zwei-Staaten-Lösung". Er fügte an: "Wir werden nicht für den Rest unseres Lebens Sklaven sein. Wenn der Südsudan die Eigenstaatlichkeit in 48 Stunden erlagen konnte, dann sollten die Palästinenser sie auch erlangen." Die Reaktionen Israels und der USA hätten ihn davon überzeugt, dass es "der richtige Schritt sein könnte".