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Umstrittene Graffiti am Warschauer Ghetto

WARSCHAU (inn) - Eine Gruppe von linken und propalästinensischen Demonstranten hat die Mauer des Warschauer Ghettos mit Graffiti besprüht - ein kritisches Kunstwerk. Sie fordern die "Befreiung" Gazas.

Es ist eine Mauer mit Geschichte, eine Mauer mit Bedeutung. Sie umschließt das ehemalige Ghetto, das unter Hitler ein „Sammellager für Juden“ war. Diese geschichtsträchtige Mauer zieren nun zwei englischsprachige Graffiti. In einem wird die Befreiung aller Ghettos („Liberate all ghettos“) gefordert, in dem anderen die Befreiung Gazas und Palästinas („Free Gaza and Palestine“).

Ein Demonstrant war der Pilot Jonatan Schapira. Im Jahr 2003 hatte er den so genannten „Brief des Piloten“ verfasst, den 27 Kollegen der israelischen Luftwaffe unterschrieben hatten, berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“. Darin bekundeten sie öffentlich, nicht über palästinensische Gebiete fliegen zu wollen. Schapira verlor daraufhin seinen Arbeitsplatz.

„Ghettoähnliche Verhältnisse in Gaza“

In der vergangenen Woche schloss sich Schapira einer Gruppe von Israelis, Palästinensern und polnischen Aktivisten an, die rund um das Warschauer Ghetto protestierten und dabei ihre Verlautbarungen auf dem letzten Fragment der Mauer hinterließen. Ebenfalls stellten sie dort palästinensische Fahnen auf.

Eine Rechtfertigung für ihre Kundgebung hatte der Aktivist auch bereit. Nicht nur Israels Premier Benjamin Netanjahu und Außenminister Avigdor Lieberman dürften den Holocaust instrumentalisieren. „Ich sage nicht, dass die Ausmaße mit den Konzentrationslagern der Nazis vergleichbar sind“, sagte Schapira dem israelischen Armee-Sender. „Aber ich sage, dass wir über Stille in Israel und der Welt sprechen müssen, solange Menschen dort in ghettoähnlichen Verhältnissen leben.“

Da die israelische Gesellschaft „undifferenziert“ sei, wolle der ehemalige Luftwaffenpilot die Gesellschaft aufrütteln. „Wer werden alles machen, um sie aufzuwecken. Wir sprühen sogar Graffiti an eine herrenlose Ghetto-Mauer.“ Viele Mitglieder aus Schapiras Familie wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet.

„Wenn ich die Überreste des Warschauer Ghettos begutachte, muss ich einfach sofort an die Menschen in Gaza denken, die nicht nur in einem Freiluft-Ghetto gefangen sind, sondern auch regelmäßig von Kampfflugzeugen bombardiert werden“, fügte er hinzu. Für ihn sei es sehr wichtig, seine Meinung bezüglich Gaza öffentlich kund zu tun.

Verdrehen von historischen Tatsachen

Ein Angehöriger der israelischen Armee, David Zonstein, verurteilte „Schapiras Taktiken“. „Der Holocaust sollte nicht Gegenstand dieser Diskussion sein.“ Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zeigte sich kritisch gegenüber der Aktion. „Wir sehen in den Graffiti eine Provokation, die die Geschichte bewusst verdreht – die Geschichte des Holocausts und die Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts“, heißt es in einer Stellungnahme. Solche Aktionen ließen nur auf eine Person schließen, die jegliches moralisches und sachliches Urteilsvermögen verloren habe. „Der Gebrauch des Holocausts im Sinne Schapiras ist eine krasse Manipulation, die historische Tatsachen missbraucht.“

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