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Überdenkt Israel seine Ukraine-Politik?

Während viele NATO-Staaten seit Monaten Waffen in die Ukraine liefern, hielt sich Israel bisher bedeckt. Viel zu wichtig ist die Zusammenarbeit mit Russland in Syrien für die israelische Sicherheitspolitik. Führt nun ausgerechnet das iranische Engagement in der Ukraine zu einer Kehrtwende?
Von Israelnetz
Iron Dome

JERUSALEM (inn) – Seit Monaten liefert der Westen Waffen an die Ukraine. Mit weitem Abstand sind die Vereinigten Staaten der größte Lieferant. Insgesamt haben die USA bereits 17,6 Milliarden Dollar an „Sicherheitsunterstützung“ zugesagt. Auch Deutschland beteiligt sich – nach anfänglichen Startschwierigkeiten. Trotz der Lieferung moderner Waffensysteme wird in deutschen Talkshows weiter heftig über den Grad der Unterstützung diskutiert.

In Israel dagegen nimmt die Debatte um die Lieferung von Waffen gerade erst Fahrt auf – wenn auch noch zaghaft. Grund dafür ist das seit einigen Tagen bekannte iranische Engagement im Ukraine-Krieg. Geheimdienst- und Medienberichte belegen, dass das iranische Regime Russland sowohl Raketen, als auch Kamikaze- und Aufklärungsdrohnen mitsamt iranischen Ausbildern liefert.

Zwar streiten der Iran und Russland vehement eine solche Zusammenarbeit. Doch Experten vermuten, dass es Russland vor allem durch die Hilfe der Iraner möglich war, die ukrainische Energieversorgung in den vergangenen Wochen großflächig anzugreifen.

Ändert der Iran Israels Russland-Politik?

Bisher hat sich der jüdische Staat nur in geringem Ausmaß an den westlichen Sanktionen beteiligt und von Waffenexporten in die Ukraine komplett Abstand genommen. Stattdessen leistet Israel humanitäre Hilfe, sendet medizinische Güter und betrieb ein Feldlazarett in der Westukraine. Erst Monate nach Kriegsbeginn lieferte Israel auch Schutzwesten und Helme. Der immer wieder vorgetragenen Bitte des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij dagegen, Israel möge das Raketenabwehrsystem Iron Dome zur Verfügung stellen, erteilte die Regierung stets eine Absage.

Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß) schloss in der vergangenen Woche Waffenlieferungen erneut kategorisch aus: „Wir verkaufen keine Waffen an die Ukraine.“ Dennoch stehe Israel an der Seite der Ukraine. Israels Politik bestehe weiterhin darin, das Land mit humanitärer Hilfe zu unterstützen. Zudem gibt es Überlegungen, Raketenwarnsysteme zur Verfügung zu stellen.

In der sonst so zerstrittenen israelischen Politik, noch dazu mitten im Wahlkampf, waren sich Regierung und Opposition in der Frage solcher Lieferungen lange überraschend einig. Oppositionsführer Benjamin Netanjahu (Likud) erteilte den Ukrainern ebenfalls stets eine Absage. Der ehemalige Premierminister fürchtete, dass israelische Waffen am Ende in iranischen Händen landen könnten. In der heißen Phase des Wahlkampfs betonte Netanjahu nun jedoch kürzlich, dass er „ernsthaft erwäge, der Ukraine Waffen zukommen zu lassen“ – vorausgesetzt, er wird Israels neuer Premierminister.

Als bislang erster Politiker aus dem Kabinett hat Diasporaminister Nachman Schai (Avoda) ein Einlenken der israelischen Politik gefordert. Es dürfe „keinen Zweifel geben, wo Israel in diesem blutigen Konflikt steht“, schrieb er auf Twitter.

Gefahr durch Waffenlieferungen

Israels Gründe für die Weigerung, Rüstungsgüter wie Iron Dome zu liefern, liegen auf der Hand. Schließlich ist der jüdische Staat auf gute Beziehungen zu Russland angewiesen. Regelmäßig fliegt die israelische Luftwaffe Angriffe auf iranische Stellungen in Syrien – stets von Moskau toleriert. Denn Russland hat in Syrien eigene Truppen stationiert und die Lufthoheit inne. Sollte diese Kooperation ein Ende finden, würden israelische Luftschläge auf iranische Stellungen auf mehr Gegenwehr stoßen und ein größeres Sicherheitsrisiko für die Piloten bedeuten.

Diese Kooperation ist für Israel entscheidend, erklärt auch die Politologin und Nahostexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, Muriel Asseburg, gegenüber Israelnetz. „Grünes Licht seitens Moskaus für israelische Angriffe wird noch wichtiger, wenn Moskau sich gezwungen sieht, seine Präsenz in Syrien zu verringern.“ Laut verschiedenen Medienberichten zieht Russland bereits Einheiten aus Syrien ab. Daher, vermutet Asseburg, werden israelische Politiker ihre Haltung zu Waffenlieferungen kaum ändern.

Und auch aus Moskau sind drohende Töne zu vernehmen. Der frühere Präsident Dmitrij Medwedew warnte, dass Waffenlieferungen an die Ukraine ein „sehr rücksichtsloser Schritt“ wären. Ein solcher würde „die Regierungsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern zerstören“.

Zudem hat die israelische Regierung Verantwortung für jüdische Gemeinden in Russland. Bereits mehr als 17.000 russische Juden sind von Anfang Januar bis Ende Juli nach Israel eingewandert, wie das israelische Integrationsministerium mitteilte – mehr als doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. Darunter sind auch junge Männer, die der russischen Teilmobilmachung entkommen wollten. Ungemach droht derweil auch, weil in einem Gerichtsverfahren die jüdische Einwanderungsorganisation Jewish Agency in Russland verboten werden soll. Die entsprechende Verhandlung ist für Dezember geplant. 

Keine direkte Gefahr für Israel

Aus Sicht von Asseburg „ist es nicht im Interesse Israels, in den Krieg hineingezogen zu werden“. Es gingen keine direkten Gefahren von der iranischen Unterstützung für Russland in der Ukraine aus. Allerdings sei „eine Stärkung der iranisch-russischen Kooperation, insbesondere im Rüstungsbereich, nicht im Sinne Israels“. Diese Zusammenarbeit dürfte es außerdem zunehmend erschweren, international geeinten Druck auf Teheran auszuüben.

Irans zunehmende Beteiligung am Krieg durch Waffenlieferungen sei nicht durch eigene Interessen in der Ukraine motiviert, erklärt Asseburg. Vielmehr gehe es dem Iran schlicht um „die Vertiefung der Zusammenarbeit mit Russland, in der Erwartung, künftig davon zu profitieren“. So hoffe Teheran auf eine weniger strikte Haltung Moskaus in der Atomfrage oder auf Lieferungen russischer Kampfflugzeuge.

Zudem bietet der Krieg in der Ukraine dem iranischen Regime die Möglichkeit, seine Waffen zu verkaufen und deren Funktionsfähigkeit im Einsatz zu testen. Das sei im Hinblick auf weitere Waffenverkäufe wichtig und sende „ein Signal der Stärke“ an Israel und die arabischen Golfstaaten.

Israels Optionen, Teherans Pläne dahingehend zu durchkreuzen, seien beschränkt, sagt Asseburg. Für Israel müsse es „vor allem darum gehen, seinerseits die Beziehungen zu Russland zu festigen“. (mas)

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2 Antworten

  1. Israel sollte sich waffenmässig in nichts verwickeln lassen. Das spielt Russia/ Iran und Syrien in die Hände.
    Human, ja, wie bisher.
    Die BRD kann den Leopard liefern. Die führen ja das Wort im Ukraine Krieg.
    500 Millionen Euro will Scholz mtl. liefern für Aufbau.

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  2. Oh, weh, nein Russland ist kein Retter und kein Helfer in der Not für Israel.
    Russland ist alles, nur das nicht.

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