ANKARA (inn) – Die Türkische Akademie der Wissenschaften (TÜBA) hat erstmals einen israelischen Professor ausgezeichnet. Im Beisein von Präsident Recep Tayyip Erdogan erhielt Amnon Cohen den TÜBA-Award 2022 auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften. Anlass für die Ehrung in Ankara war seine Forschung über Palästina und Jerusalem unter osmanischer Herrschaft. Der Preis ist mit 30.000 US-Dollar dotiert.
Cohen leitet die Abteilung für Islam- und Nahoststudien an der Hebräischen Universität Jerusalem. Das Preiskomitee lobte „seine originäre, bahnbrechende und epochemachende Arbeit zu Palästina und Jerusalem in der klassischen Periode des Osmanischen Reiches, die auf authentischen Quellen basiert“.
Weiter hieß es in der Begründung: „Er wurde unter anderem wegen der Verbindung favorisiert, die seine Arbeit zwischen der Jerusalem-zentrierten Ansicht der örtlichen Geschichte und Gesellschaft und dem allgemeinen Zugang zur osmanischen Geschichte und Gesellschaft schuf.“ Hinzu komme, dass er die Perspektive der geschichtlichen Studien zum Osmanischen Reich über Istanbul, Anatolien und den Balkan hinaus erweitert habe.
„Zeremonie in Erdogans Palast war beeindruckend“
Bei der Preisverleihung am 28. Dezember lobte der türkische Staatspräsident den 86-jährigen Akademiker, ohne die Beziehungen zu Israel zu erwähnen. Cohen sagte laut der Zeitung „Yediot Aharonot“: „Die Zeremonie in Erdogans Palast war sehr beeindruckend. Er zeichnete mich mit der Ehrenmitgliedschaft der Türkischen Akademie der Wissenschaften aus und überreichte mir eine Medaille, die das Mittelmeer im Mittelalter zeigt.“ Der Israeli habe Erdogan an seine Universität in Jerusalem eingeladen. „Er war darüber sehr begeistert.“
Cohen begann seine akademische Laufbahn an der Hebräischen Universität in den 1950er Jahren. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Neben dem Osmanischen Reich forschte er auch zu Parteien im Westjordanland unter jordanischer Herrschaft, also zwischen 1948 und 1967. Im Jahr 2007 erhielt er den Israel-Preis, die höchste kulturelle Auszeichnung des israelischen Staates.
Die israelische Botschafterin in der Türkei, Irit Lillian, reagierte erfreut auf die Preisverleihung in Ankara: „Diese Auszeichnung betont die Zusammenarbeit zwischen Israel und der Türkei.“ Es gebe eine bedeutsame Verbindung zwischen den Zivilgesellschaften der beiden Länder unter anderem in den Bereichen Medizin und Sozialwissenschaften.
Nach Jahren der Spannungen hatten die beiden Länder ihre eingefrorenen Beziehungen 2022 wieder normalisiert. Im März besuchte Staatspräsident Jitzchak Herzog die Türkei. (eh)