Suche
Close this search box.

Toulouse: Hollande und Netanjahu gedenken der Opfer

TOULOUSE (inn) – Gemeinsames Zeichen gegen den Terror: Der französische Staatspräsident François Hollande und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu haben am Donnerstag der Opfer des Attentats von Toulouse gedacht. In der jüdischen „Or Torah“-Schule sprachen sie sich gegen Antisemitismus und Rassismus aus.
Hollande (l.) und Netanjahu haben in Toulouse den Antisemitismus angeprangert

„Wir erleben einen außergewöhnlichen Augenblick, weil sich hier eine Tragödie ereignet hat, die ebenfalls außergewöhnlich ist“, sagte Hollande laut einer Mitteilung des französischen Präsidentenpalastes. Am 19. März hatte der Attentäter Mohammed Merah vor der Schule drei Kinder und einen Rabbiner ermordet (Israelnetz berichtete). Ein 16-Jähriger wurde zudem schwer verwundet. Die Toten wurden in Jerusalem bestattet.
Hollande sprach von seinem damaligen Beileidsbesuch in Toulouse. Die Angehörigen seien erschüttert gewesen. Doch hätten sie gleichzeitig ihre Würde bewahrt, weil dies das einzige Mittel gegen eine solche Barbarei sei. „Heute komme ich als Präsident der Republik zurück, an dieselben Orte, diese Schule, eure Schule, um die Erinnerung an die Opfer hervorzurufen und mit dem israelischen Premierminister an dem Schmerz der Familien teilzuhaben“, fügte er hinzu. „Diese Kinder Frankreichs ruhen heute in Jerusalem.“
Netanjahu vertrete „ein Land, das kurz nach der Schoah geschaffen wurde, um den Juden als Zufluchtsort zu dienen“, begründete Hollande das gemeinsame Gedenken. „Deshalb ist Israel jedes Mal betroffen, wenn ein Jude als Zielscheibe genommen wird, weil er Jude ist. Das ist der Sinn Ihrer Anwesenheit.“ Frankreich sei entschlossen im Kampf gegen den Antisemitismus – durch Veranstaltungen, Taten und Worte. Auch alles, was dem Judenhass als Vorwand oder Maske diene, werde angeprangert. „Der Antisemitismus wird mit allen Mitteln verfolgt werden, überall, wo er sich ausbreitet, vor allem in den sozialen Netzwerken, die Anonymität und Hass gewähren.“
Sicherheit der Juden als nationale Frage
Weiter sagte Hollande: „Die Juden in Frankreich sollen wissen, dass die Republik alles in Bewegung setzt, um sie zu beschützen. Die Garantie ihrer Sicherheit ist eine nationale Frage. Sie ist nicht Angelegenheit der Juden, sondern aller Franzosen.“ Vor der Zeremonie habe ihn ein Kind gefragt, wie lange die Einsatzkräfte der Polizei noch vor dem Schuleingang stehen würden. „Ich habe geantwortet: ‚Solange es notwendig ist. Und soviel, wie es gewünscht ist. Überall in Frankreich, wo es eine Bedrohung gibt, wo es ein Risiko gibt.‘ Aber das Ziel der Republik ist, dass es nie mehr einen Polizisten vor einer Schule gibt.“
Der Präsident sprach sich gegen einen undifferenzierten Blick auf den Islam aus: „Der radikale Islamismus ist nicht der Islam. Und wir müssen zusehen, dass jeder in der Republik geschützt werden kann, ungeachtet seiner Herkunft, seines Glaubens, seiner Religion. Das ist die Gewissensfreiheit, die der Laizismus garantiert, auf den unsere Republik sich gründet.“ Der sozialistische Politiker nannte die Namen der drei Soldaten, die Merah vor dem Attentat auf die Schüler ermordet hatte. „Drei Menschen, die sich dafür entschieden haben, dem Vaterland zu dienen und die gefallen sind, weil sie die Uniform unserer Armee trugen.“
Abschließend stellte Hollande fest: „Der 1. November ist in Frankreich der Tag, an dem die Verstorbenen gefeiert werden. Der 1. November ist auch, so kann man sagen, da, wo wir versammelt sind, in dieser Schule Or Torah, die ein Symbol darstellt: das Symbol des Leides, des unermesslichen Leides, aber gleichzeitig ein Symbol der Hoffnung, der unerschütterlichen Hoffnung.“ Dieses Leid werde Standhaftigkeit und Wachsamkeit hervorrufen, und dieser Hoffnung werde sich Frankreich in den nächsten Jahren würdig erweisen.
„Das Volk Israel lebt!“
Der israelische Regierungschef Netanjahu begann seine Ansprache nach Angaben seines Büros mit einem Zitat des hebräischen Nationaldichters: „‚Vergeltung für das Blut eines kleinen Kindes hat sich Satan noch nicht ausgedacht.‘ Dies schrieb unser Nationaldichter, Chaim Nachman Bialik, nach dem Pogrom in Kischinjew im Jahr 1903. Und 40 Jahre später metzelten die Nazis auf europäischem Boden anderthalb Millionen jüdische Kinder nieder. Und 2012, hier in Toulouse, metzelte ein Mörder, der durch denselben brennenden Hass bewegt wurde, drei kleine jüdische Kinder nieder: die achtjährige Miriam Monsonego, den sechsjährigen Arieh Sandler, dessen dreijährigen kleinen Bruder Gabriel Sandler und ihren Vater Yonathan.“
Der Regierungschef nannte dann zwei Unterschiede zwischen der Nazizeit und der Gegenwart: „Der erste Unterschied ist, dass in den finsteren Tagen der Nazis und der Pogrome, die ihnen vorausgingen, die meisten Regierungen in Europa keinen Finger rührten, um gegen das antisemitische Morden zu kämpfen, und ein Teil kollaborierte sogar damit. Heute hingegen steht hier mein Freund, der französische Präsident François Hollande, der sich nachdrücklich gegen den Antisemitismus ausspricht und entschieden gegen ihn vorgeht. Mein Freund, Ihre Gegenwart hier heute drückt den Geist der Résistance aus, den Geist des Widerstandes gegen das Böse und die Diktatur.“
Es gebe heute eine Führung in Frankreich, die einen einfachen Grundsatz begriffen habe, führte Netanjahu weiter aus. „Nichts rechtfertigt Antisemitismus und Rassismus. Nichts rechtfertigt den Mord an Kindern, nichts rechtfertigt Terror und nichts rechtfertigt die Schädigung der Juden Frankreichs. Eine stolze und verwurzelte Gemeinde, die seit den Tagen Raschis vor 1.000 Jahren einen großen Beitrag für das jüdische Volk und für das französische Volk geleistet hat.“ Damit bezog sich der Likud-Politiker auf den mittelalterlichen Bibel- und Talmudkommentator Raschi, der aus Frankreich stammte, aber auch in Worms gewirkt hat.
Der Premierminister fügte hinzu: „Es gibt auch eine zweite Sache, die sich verändert hat, seit die großen Verbrechen gegen unser Volk im vorigen Jahrhundert begangen wurden: Heute hat das jüdische Volk einen Staat! Heute hat das jüdische Volk eine Armee! Und heute, nach 2.000 Jahren, hat das jüdische Volk die Kraft, sich selbst zu verteidigen, seinen Staat gegen diejenigen zu verteidigen, die uns von unserem Land vertilgen wollen.“
Am Ende stimmte Netanjahu vor den versammelten Politikern, Vertretern der Schule und Eltern ein Lied an, das den Juden in der Zeit der Verfolgung Kraft gegeben hat. „Ich bin von Jerusalem, der ewigen Hauptstadt des Volkes Israel, hierher gekommen, um gemeinsam mit Ihnen angesichts der Feinde Israels drei klare Worte zu sagen: Am Israel Chai (das Volk Israel lebt)! Kommen Sie, lassen Sie uns das mit lauter Stimme singen, damit unsere Stimme an jedem Ort gehört wird, an dem der Terror versucht hat, das Leben unseres Volkes zu fällen.“

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen