JERUSALEM (inn) – Die Drohnenindustrie wird meist mit militärischen Einsätzen, der Fotografie oder der Überwachung in Verbindung gebracht. Doch nun kam sie in Israel auf einem ganz neuen Gebiet zum Einsatz: Der Rettung gefährdeter Wildtiere. Mithilfe einer Drohne zogen Tierschützer ein Gänsegeierküken auf.
Die Vögel sind in Israel vom Aussterben bedroht, auch wenn ihre Anzahl langsam wieder zunimmt. In freier Wildbahn leben derzeit noch etwa 206 Tiere, darunter 60 Paare. 2012 gab es nur noch 146 Gänsegeier. Sie alle tragen Sender und werden von der Naturschutzbehörde beobachtet. So auch ein Pärchen, das im Februar in einem Nest an einer Felswand ein Junges zur Welt brachte. Doch im Juni kam die Mutter durch einen Stromschlag ums Leben. Allein hätte der Vater das Jungtier nicht versorgen können, wie das Nachrichtenportal „Israel21st“ berichtet.
Tierschützer erwogen zunächst, den kleinen Geier in eine Aufzuchtstation zu bringen. Doch dann hatten sie eine neue Idee: Sie wollten versuchen, den Vogel mithilfe einer Drohne solange zu versorgen, bis er flügge ist. Das Unterfangen war riskant und der Erfolg nicht gesichert: Es bestand die Gefahr, dass der Vater die Drohne angreift oder dass sich der Jungvogel so erschreckt, dass er von der Klippe stürzt. Zudem war das Nest schwer erreichbar – die Drohne hätte an den Felsen zerschellen können.
Übungen an künstlichem Nest
Die Lösung bot das Unternehmen Xtend, das mit der israelischen Armee zusammenarbeitet. Unter anderem ist es auf die Entfernung von Sprengsätzen mithilfe von Drohnen spezialisiert. Das Besondere an den Xtend-Drohnen ist ihre Technologie. Die meisten Drohnen werden durch Fernbedingungen gesteuert, die Bewegungen können dann nicht immer punktgenau ausgeführt werden. Bei den Xtend-Drohnen trägt der Nutzer eine Virtual-Reality-Brille und steuert die Drohne mit seinem Finger. Diesen setzt er wie eine Art Laserpointer ein.
Die Versorgung des Kükens wurde zunächst an einem künstlich errichteten Nest in einer Armeebasis geübt. Mit Erfolg – die Tierschützer konnten schließlich die Versorgung des kleinen Gänsegeiers aufnehmen. Alle zwei bis drei Tage brachten sie ihm mithilfe von „Mama Drohne“ Nahrung, bis der Vogel sich Ende Juli zum ersten Mal selbst in die Lüfte schwang.
Der Geier in der Bibel
Sprachforscher gehen davon aus, dass in vielen Fällen der Gänsegeier gemeint ist, wenn in der Bibel die Rede vom Adler ist. Gänsegeier leben monogam und bringen nur ein Junges pro Jahr zur Welt. Sie gehören zu den bedrohten Arten. Gefährdet sind sie in Israel vor allem durch die Aufnahme von vergiftetem Fleisch. Selbst wenn sie nicht direkt daran sterben, geht davon oftmals ihre Fruchtbarkeit zurück.
Der letzte verheerende Vorfall dieser Art ereignete sich im Mai 2019. Damals starben acht Geier und damit fast die Hälfte der Population in den Golanhöhen, weil sie vergiftetes Fleisch gefressen hatten. Es kommt immer wieder vor, dass Hirten vergiftete Tierkadaver auslegen, um ihre Herden vor Angriffen von Wölfen und Schakalen zu schützen. Der Jerusalemer Bibelzoo bemüht sich in Zusammenarbeit mit der Naturparkbehörde um den Erhalt der Art.
Von: dn