„Teheran-Kinder“ sollen Holocaust-Entschädigung erhalten

In einer historischen Entscheidung hat das Tel Aviver Bezirksgericht 217 Holocaust-Flüchtlingen Entschädigungen von umgerechnet 3,4 Millionen Euro zugesprochen. Die als „Teheran-Kinder“ bekannte Gruppe hatte zuvor wegen nicht geleisteter Reparationszahlungen geklagt.
Die "Jewish Agency" – hier das Hauptgebäude in Jerusalem – half den "Teheran-Kindern" einst bei der Einwanderung.

Bei den „Teheraner Kindern“ handelt es sich um polnischstämmige Juden, die als Kinder 1939 in die Sowjetunion geflohen sind, nachdem die Nazis ihre Eltern massakriert hatten. Die Sowjets inhaftierten sie zunächst in einem sibirischen Gulag, ließen sie dann aber ziehen. Mit der polnischen Anders-Armee kamen sie nach Teheran, wo der Schah von Persien ihnen Zuflucht gewährte. Die Einwanderungsorganisation „Jewish Agency“ brachte sie schließlich 1943 nach Israel.
Keine staatliche Fürsorge
Das Urteil vom Montag beendet vorerst eine Jahrzehnte währende Entfremdung zwischen den „Teheran-Kindern“ und dem israelischen Staat. Das Land hat sie erst 1997 als Holocaust-Flüchtlinge anerkannt. Bereits 2004 hatten mehr als 200 von ihnen geklagt, dass auch ihnen Reparationszahlungen zustehen, die Deutschland geleistet hatte. Dem Urteil zufolge sollen nun alle der rund 400 noch lebenden „Teheran-Kinder“ jeweils 78.000 Schekel (etwa 15.800 Euro) erhalten.
Einer der Kläger, der 83-jährige Mosche Schreiber, kämpfte wie viele der „Teheran-Kinder“ im Unabhängigkeitskrieg 1948/49, berichtet die Tageszeitung „Jerusalem Post“. Nach dem Krieg habe der Staat ihnen aber nicht dabei geholfen, Arbeit oder Unterkunft zu finden. „Alle haben dem schwächsten Element unserer Gesellschaft – Holocaust-Überlebende, Kinder und Waisen – den Rücken zugewandt“, beklagt Schreiber.
Zahlungsabkommen zwischen Deutschland und Israel
Israel und Deutschland hatten am 10. September 1952 ein Abkommen über Reparationen geschlossen, das 1953 in Kraft trat. Demnach sollte Deutschland Israel über einen Zeitraum von 14 Jahren rund drei Milliarden Deutsche Mark in Form von Gütern und Dienstleistungen zahlen. Weitere 450 Millionen Mark gingen an den Jüdischen Weltkongress.
Dieses Abkommen habe der damalige Premierminister David Ben-Gurion jedoch so ausgelegt, dass der Staat das Geld bekomme und für öffentliche Projekte verwende. Dies brachte Se‘ev Schuss vor Gericht an, einer der Kläger und ein „Teheran-Kind“, berichtet die „Jerusalem Post“. Der Staat habe die „Teheran-Kinder“ nie rehabilitiert, wie er es in dem Reparationsabkommen versprochen hatte.
Richterin Drora Pilpel sagte in ihrem Urteil, dass die Argumentation des Staates, ein Urteil zugunsten der Kläger würde viele weitere Zahlungsforderungen nach sich ziehen und zu einer Wirtschaftskrise führen, sei haltlos. Der Betrag sei gering und „rein symbolisch“ zu verstehen. Dem Staat steht es noch frei, gegen das Tel Aviver Urteil vor dem Obersten Gericht in Jerusalem zu klagen.

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