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Studie: Linkspartei toleriert Antisemitismus

GIESSEN / LEIPZIG (inn) - Antisemiten werden offenbar in der Linkspartei immer dominanter. Zu diesem Ergebnis kommt eine noch unveröffentlichte Studie von Wissenschaftlern aus Gießen und Leipzig. Sie trägt den Titel: "Antisemiten als Koalitionspartner?".

In einem Artikel über die Studie nennt die "Frankfurter Rundschau" (FR) "Skandale" aus der jüngsten Vergangenheit, bei denen sich Vertreter der Linken antisemitisch und anti-israelisch geäußert haben. Es geht unter anderem um ein Flugblatt, das auf der Internetseite des Duisburger Kreisverbandes veröffentlicht wurde. Darin war vom "sogenannten Holocaust" die Rede (Israelnetz berichtete). Ein weiteres Beispiel ist die Unterstützung für einen Israel-Boykott der Friedensbewegung in Bremen. Bis vor kurzem wurde die "Anerkennung des Existenzrechts Israels" auf der Webseite der Partei als "ideologisches Hirngespinst" bezeichnet.

Die FR verweist auch auf Hermann Dierkes, den Vorsitzenden der Ratsfraktion in Duisburg. Dieser habe bereits 2009 von der "läppischen Frage" nach Israels Existenzrecht gesprochen. Nach den Berichten über das Flugblatt habe er gefragt, wie Kritiker "Mittel und Methoden gegen die Palästinenser gutheißen, die verdammt nahe dran sind an dem, was die Nazis in den dreißiger Jahren getrieben haben". Auch sehe er einen "unlösbaren Widerspruch" in Israels "Staatsdoktrin": jüdisch und demokratisch – das sei nach seiner Auffassung unvereinbar.

Die Verfasser der Studie – der Gießener Sozialwissenschaftler und Antisemitismusexperte Samuel Salzborn und Sebastian Voigt von der Universität Leipzig – stellen fest: Obwohl sich Bundes- und Landtagsabgeordnete der Linken von antisemitischen Äußerungen distanzieren, würden sie zum Problem für die Partei. "Linke Selbstimprägnierungsstrategien" täuschten darüber hinweg, "dass sich sogar im parlamentarischen Spektrum der bundesdeutschen Linken inzwischen eine Kraft etabliert hat, die antisemitische Positionen in ihren Reihen toleriert". Die Wissenschaftler sind skeptisch, ob die Partei das Problem in den Griff bekommen wird.

"Parteispitzen müssen sich schneller distanzieren"

Der ehemalige Chef des Berliner Landesverbandes, Stefan Liebich, forderte gegenüber der FR deutliche Signale gegen Antisemitismus. "Mein Geduldsfaden ist am Ende, ich lehne das ab", sagte er der FR. Damit bezog sich der heutige Bundestagsabgeordnete auf einen Auftritt seiner Fraktionskollegin Inge Höger auf einer umstrittenen Konferenz von Hamas-Sympathisanten in Wuppertal. Als sie ihre Rede hielt, trug sie ein Tuch, auf der eine Landkarte des Nahen Ostens ohne Israel abgebildet war (Israelnetz berichtete). "Diejenigen, die in unserer Partei die israelfeindlichen Äußerungen unserer Mitglieder bekämpfen, müssen zahlreicher und lauter werden", fordert Liebich. Und: "Ich wünsche mir, dass sich die Spitzen von Partei und Fraktion schneller und deutlicher von solchen Dingen distanzieren."

Der thüringische Landtagsfraktionschef Bodo Ramelow bezeichnete Dierkes‘ jüngste Entgleisungen im Gespräch mit der FR als "eher krudes Zeug". Es zeige ihm, dass sein Parteigenosse "wenig Ahnung hat". Solche Einlassungen legten nahe, "dass Dierkes sich das Verschwinden der jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten eher wünscht oder es billigend in Kauf nimmt".

Salzborn und Voigt leiten die Anfälligkeit der Linkspartei für antisemitisches Gedankengut aus der Geschichte ab. Denn die DDR unter der SED habe die Zeit des Nationalsozialismus und die Mittäterschaft in der Bevölkerung nie richtig aufgearbeitet, weil die Ideologie als "Verschwörung einer kleinen Gruppe von Finanzkapitalisten" dargestellt worden sei. "In dieser Hinsicht war das antifaschistische Selbstverständnis der DDR eine staatliche Legitimationsideologie, die zur Feindschaft gegen Israel und zur Unterstützung arabischer Diktaturen als Verbündete im antiimperialistischen Kampf diente", heißt es. Auch im Westen habe die Linke eine unselige Traditionslinie übernommen: "Die Judenfrage, die nach dem Massenmord tabuisiert war, wurde bald durch die Frage nach dem Verhältnis zum jüdischen Staat Israel abgelöst, das bis heute für ständige Kontroversen sorgt."

Protest aus der Linkspartei

Unterdessen wies die Linkspartei die Vorwürfe zurück. Sie habe trotz Nachfrage beim FR-Autor keinen Einblick in die Studie erhalten, erklärte Pressesprecher Alexander Fischer. "Die öffentliche Verbreitung von gravierenden Vorwürfen ohne die Lieferung der zugrundeliegenden Belege ist unseriös. Die Behauptung der Autoren, die Partei ‚Die Linke‘ toleriere antisemitische Positionen in ihren Reihen, entbehrt jeder Grundlage. Der Geschäftsführende Parteivorstand der Linken hat sich zuletzt am 30. April diesen Jahres klar und öffentlich zu diesem Thema positioniert. Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Partei keinen Platz." Dazu gehört auch, dass sie vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte Aufrufe zum Boykott israelischer Waren klar verurteile.

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