Im Berliner Maxim Gorki-Theater diskutierte Außenminister Steinmeier unter dem Titel „Zersprengtes zusammenfügen“ mit der Friedenspreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, der deutschen Autorin Ursula Krechel und dem israelischen Videokünstler Dani Gal über die Erinnerung an und die Aufarbeitung von Tabus und Traumata.
Steinmeier befasst sich aus aktuellem Anlass besonders intensiv mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich am 8. Mai zum 70. Mal jährt. Der Außenminister setzt sich aufgrund zahlreicher Gedenkveranstaltungen mit der Historie auseinander, was ihn zunehmend bewege. Steinmeier werde demnach deutlich, dass „die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Israel ein Wunder war“. Es sei für ihn nicht leicht zu verstehen, dass „das Land der Opfer“ [Israel] sinnbildlich die Hand gereicht habe. Viele Menschen in Israel waren kritisch, die Beziehungen „zum Land der Täter [Deutschland] wieder aufzunehmen“, wie dies zu seiner Zeit Israels Staatsgründer David Ben-Gurion anstrebte. Der Politiker habe den Eindruck, dass Israel teilweise größeren Willen zu den diplomatischen Beziehungen zeigte als Deutschland. Die Evangelische Kirche in Deutschland habe maßgeblich die Entwicklungen vorbereitet, um „das Angebot aus Israel anzunehmen“.
Im Mittelpunkt der Gesprächsrunde stand die Frage, wie eine Gesellschaft verfasst sein muss, damit jenseits des offiziellen Erinnerns individuelle Schicksale angesprochen werden können, um Gemeinschaft zu stiften und ein Ganzes herzustellen.
In den Jahren nach dem Krieg gab es laut Steinmeier keine direkte Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Dies passierte erst in den 1960/70er Jahren. Er „als kritischer linker Student“, wie er sich selbst betitelte, habe sich gemeinsam mit seinen Kommilitonen mit der Geschichte befasst und eine eigene Veranstaltungsreihe zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus organisiert.