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„Spiegel“-Interview mit dem „bösen Kerl“ Lieberman

JERUSALEM (inn) - Die Amerikaner sollten Druck auf die Palästinenser ausüben, damit diese mit ihren israelfeindlichen Aktivitäten in der ganzen Welt aufhören. Dies sagte Israels Außenminister Avigdor Lieberman in einem Interview, das in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" abgedruckt ist.

„Wir haben viele Gesten an die Palästinenser gemacht“, erwiderte Lieberman auf die Frage, ob die Israelis weitere Zugeständnisse anbieten würden. Premier Benjamin Netanjahu habe die Zweistaatenlösung anerkannt. Die Bewegungsfreiheit der Palästinenser im Westjordanland sei durch den Abbau von Straßensperren verringert worden. „Dadurch haben wir den palästinensischen Städten ein Wirtschaftswachstum von acht Prozent ermöglicht.“ Außerdem habe Israel ein weitgehendes Moratorium über den Siedlungsbau verhängt. „Die Palästinenser müssen ihre Klagen vor internationalen Gerichten gegen israelische Offiziere zurücknehmen, den Boykott israelischer Waren stoppen und ihre Hetzreden beenden. Wenn das nicht passiert, welchen Anreiz haben wir, weitere Kompromisse zu machen?“

Frieden mit Ägypten und Jordanien trotz Siedlungen

Zur Forderung nach einem kompletten Siedlungsbaustopp merkte Lieberman an: „Ich glaube nur an Fakten, und die lauten: Trotz der Siedlungen haben wir zwei Friedensverträge geschlossen, einen mit Ägypten und einen mit Jordanien. Und obwohl sowohl Ehud Barak als auch Ehud Olmert bereit waren, die meisten Siedlungen zu räumen und zur Grenze von 1967 zurückzukehren, haben sich die Palästinenser verweigert zu unterschreiben.“

Die Israelis hätten 16 Jahre lang Kompromisse gemacht, fügte der Außenminister hinzu. „Aber die Palästinenser haben nur abgelehnt. Obwohl es auf israelischer Seite all die netten Typen waren: Rabin, Peres, Barak, Olmert, Scharon. Nicht so böse Kerle wie ich.“ Auf den Einwurf der „Spiegel“-Redakteure „Scharon, ein netter Typ?“ entgegnete Lieberman: „Er hat die Siedlungen im Gazastreifen geräumt.“

Der Minister äußerte auch seine Verwunderung über „all diese Verurteilungen Israels in Bezug auf das sogenannte Ostjerusalem“ im Zusammenhang mit der diplomatischen Krise mit den USA. „In jedem Land um uns herum gibt es Blutvergießen und Spannungen. Aber alle ziehen über Israel her. Ich warte auf den Tag, an dem der Deutsche Bundestag über die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien debattiert.“

Es sei „Heuchelei“, die ganze Schuld auf Israel abzuwälzen, sagte Lieberman weiter. „Wir sind die einzige Demokratie im Nahen Osten. Der israelisch-palästinensische Konflikt macht vielleicht drei Prozent aller Konflikte in der Region aus. US-Senatoren und Kongressmitglieder, die in den Golfstaaten, Ägypten, Saudi-Arabien oder Jordanien zu Besuch sind, berichten uns, dass ihre arabischen Gesprächspartner nur kurz auf die Palästinenser eingehen, das sind pure Lippenbekenntnisse. 95 Prozent der Zeit warnen sie vor der Bedrohung durch Iran.“

Israel habe nie versprochen, das Bauen in Jerusalem einzustellen, betonte der Außenminister. „Aber die Ankündigung ausgerechnet während des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden zu machen war ein Fehler – ein bürokratischer Fehler des zuständigen Bauausschusses.“

„Wen vertritt Abbas?“

In dem Interview sprach sich Lieberman für direkte Verhandlungen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aus: „Wir müssen den politischen Prozess am Leben erhalten. Gespräche sind besser als nichts. Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wen Mahmud Abbas vertritt. Seine Fatah hat 2006 die Wahl verloren. 2007 hat die Hamas im Gazastreifen gewaltsam die Macht übernommen.“ Die Palästinenser jedoch wehrten sich gegen direkte Verhandlungen. „Und sie fühlen sich dadurch bestärkt, dass der Westen ständig über die Siedlungen spricht.“

Lieberman, der selbst in der Siedlung Nokdim bei Bethlehem lebt, wäre nach eigenen Angaben bereit, diese und andere Ortschaften im Westjordanland aufzugeben. „Aber ich muss sicher sein, dass es auf der anderen Seite einen Partner gibt, der Ergebnisse liefert. Unsere Erfahrung sagt, dass es keinen Partner und keine Ergebnisse gibt.“

Die „Spiegel“-Redakteure sprachen auch Israels Entscheidung an, das Grab des biblischen Urvaters Abraham in Hebron zum „zionistischen Kulturerbe“ zu erklären. Darauf sagte der israelische Minister: „Hebron war die erste jüdische Stadt, hier nahm unsere Nation mit König David ihren Anfang. Wir haben den Status quo des Abraham-Grabs nicht verändert, Muslime haben freien Zugang zu der dortigen Moschee. Diese Toleranz gibt es auf muslimischer Seite nicht. Letzte Woche rief die Hamas zu einem ‚Tag des Zorns‘ auf, weil wir im jüdischen Teil der Altstadt von Jerusalem die 1948 zerstörte Hurva-Synagoge wiedereröffnet haben.“

„Eine kleine Insel stoppt keinen Tsunami“

Zu den Bemühungen der westlichen Staaten, den Nahost-Konflikt zu lösen, sagte Lieberman mit Bezug auf Afghanistan und den Irak: „Wenn der Westen in so vielen Teilen der Welt gescheitert ist, können Sie nicht erwarten, dass ausgerechnet der Konflikt in unserer Ecke lösbar ist. Sie können einen islamistischen Tsunami nicht stoppen, indem Sie irgendwo im Ozean eine kleine Insel aufschütten. Das größte Problem ist der aggressive Einfluss des Irans.“

Auf die abschließende Frage, warum ihm das „Image des bösen Typen“ anhafte, antwortete Lieberman: „Die Menschen haben die Wahl zwischen der süßen Lüge und der bitteren Wahrheit. Ich sage die bittere Wahrheit, aber viele Menschen wollen sie nicht hören.“

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