Masal Morris heißt die Hauptfigur des Krimis „Lockvogel“ von der israelischen Journalistin Daria Shualy. „Masal“ bedeutet „Glück“. Doch das bisherige Leben von Masi, wie ihre Freunde sie nennen, ist eher von Schicksalsschlägen, also von Unglück geprägt.
Als sie zwei Jahre alt war, wurde auf ihren Vater geschossen, der Polizist ist. Dabei kam ihre Mutter ums Leben, sie selbst erlitt schwere Verletzungen. Ihr Vater verschwand zehn Jahre später spurlos – ein Grund dafür, dass Masi letztlich Privatdetektivin wurde. Nun führt sie in Tel Aviv ein Büro mit den beiden Kindern des Onkels, der sie nach dem Tod ihrer Mutter schließlich aufnahm – Benji und Tilly.
Suche nach einer verschwundenen Frau
Das Buch beginnt mit dem Satz: „Folgendes wissen wir mit Sicherheit.“ Und schon ist der Leser mittendrin im Geschehen: Jasmin Schechter, die von einer sehr reichen Familie abstammt, sitzt mit ihrer Familie in einem Tel Aviver Café. Ihr Mann hilft der dreijährigen Tochter, die Saft verschüttet hat. Als er wieder aufschaut, ist Jasmin verschwunden. Das Mädchen erzählt, sie habe mit einem Mann gesprochen und sei in dessen Fahrzeug gestiegen.
Wegen der Herkunftsfamilie seiner Frau will er keine Polizei einschalten. Also wendet er sich an seine Jugendfreundin Masi. Diese macht sich nach ersten Bedenken mit Feuereifer an die Ermittlungen. Die drei Detektive sind äußerst kreativ in ihren Methoden. So haben sie die Sitte, für fünf Minuten einen Wecker zu stellen und in dieser Zeit zu schweigen. Diese Zeit des stillen Nachdenkens führt meist zu hilfreichen Ideen.
Die drei Kollegen, die sich als Geschwister betrachten, kommen gut miteinander aus. Allerdings sind sie nicht immer ehrlich miteinander. Tilly etwa verheimlicht den beiden anderen, dass sie sich für eine Schauspielschule in den USA bewirbt – und möglicherweise nicht mehr lange im Detektivbüro arbeiten wird.
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Äußerer Rahmen der Handlung ist eine Hitzewelle. Hinzu kommt ein nicht näher benannter Krieg. Immer wieder ertönt Raketenalarm, die Protagonisten müssen einen Schutzraum aufsuchen. Diese Angriffe bleiben ein wiederkehrendes Motiv im Hintergrund, sie werden nicht näher beleuchtet. Einen offenbar von der Autorin gewollten Widerspruch zur Kriegssituation bilden Strandszenen und der ganz normale Alltag der Tel Aviver.
Ausführlicher befasst sich Shualy hingegen mit einer Abhängigkeit, die Masi begleitet: sie ist sexsüchtig. Andere Detektive brauchen „dringend einen Kaffee“ oder stecken sich bei jeder Gelegenheit eine Zigarette an. Masi bekommt manchmal erst wieder einen klaren Kopf, wenn sie Sex hatte. Nebenbei erfährt der Leser, dass die Detektivin bei dem Schussangriff als Kleinkind Gebärmutter und Eierstöcke verloren hat. Bei den Partnern ist sie nicht wählerisch. Die Akte selbst werden nicht näher beschrieben, wirken aber wie ein Störfaktor.
Sprachlich ist der Krimi gelungen, und an Humor fehlt es nicht. So spricht die Autorin einmal von einem „nichtelektrischen Fahrrad“. Die Spannung bleibt bis zur letzten Seite erhalten, am Schluss gibt es eine überraschende Wendung.
Daria Shualy: „Lockvogel“, Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama, Kein & Aber, 432 Seiten, 24 Euro, ISBN: 978-3-0369-5030-3
2 Antworten
Israel hat bestimmt genug Krimi momentan.
Aber ich hab mir das Buch bestellt, da ich eine Leseratte bin und gerne Krimis lese. Bin sehr gespannt.
Danke für den Bericht. Möge „Lockvogel“ ein Erfolg werden !