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Segen der Erinnerung

Das Laubhüttenfest erinnert an Gottes Versorgung. Daraus können Juden und auch Christen Hoffnung für die Zukunft ziehen.
Von Israelnetz

Im Oktober feierten Juden weltweit Sukkot, das Laubhüttenfest. Vielen Israelis fiel es in diesem Jahr schwer, sich auf dieses fröhliche Fest einzustimmen. Zu tief sitzt der Schmerz um den Verlust von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten, zu groß ist die Sorge angesichts einer ungewissen Zukunft. Und doch sah man am 13. Oktober in vielen Geschäften Menschen unterschiedlicher Hintergründe Material für den Bau der Sukka kaufen. In religiösen wie säkularen Vierteln wurden Hütten auf Balkonen oder im Garten errichtet.

So wurde auch dieses Jahr – mitten im Krieg – Sukkot gefeiert; eins der Wallfahrtsfeste, bei dem sich Juden über Gottes Bewahrung, Versorgung und Führung in der Vergangenheit freuen, dies auch für die Zukunft erwarten und sich daran erinnern, dass sie hier nur Gäste sind – unterwegs zu dem Ziel, welches Gott für sie vorbereitet hat.

Erinnerung ist fester und integraler Bestandteil der jüdischen Kultur und ganz im Sinne des Erfinders. Als Gott sein Volk aus der Sklaverei befreit und durch die Wüste führt, nutzt er den langen Umweg nicht nur dazu, ihm dabei zu helfen, ein neues Selbstverständnis zu entwickeln, die Sklavenmentalität abzulegen und seinen Gott als Versorger und Vater kennenzulernen. Er nutzt die Wüstenzeit auch dazu, für sein Volk eine Kultur zu schaffen, die durch gemeinschaftlich gefeierte Erinnerung die Identität als seine Kinder formt, festigt und die Juden befähigt, ein Licht für die Nationen zu sein.

Ihr habt erlebt, wie der HERR, euer Gott, euch den ganzen langen Weg durch die Wüste bis hierher getragen hat, wie ein Vater sein Kind trägt.

5. Mose 5,31

Zu Beginn des 5. Buches Mose, welches sich wie ein Vermächtnis des Mannes liest, der Israel bei diesem Prozess begleitet hat, sagt Mose: „Ihr habt erlebt, wie der HERR, euer Gott, euch den ganzen langen Weg durch die Wüste bis hierher getragen hat, wie ein Vater sein Kind trägt“ (5. Mose 1,31 Neues Leben).

Immer wieder ermutigt Mose das Volk in diesem Buch dazu, sich konkret an persönliche Erfahrungen mit Gott zu erinnern und mit dieser Haltung und Perspektive bewusste Entscheidungen in allen Lebensbereichen zu treffen. Auf diese Weise hat Erinnerung das Potential, Identität zu formen und ist mehr als nur Geschichtsbewusstsein.

Von Gott geschaffene Erinnerungskultur

In seinem Buch „Morality: Restoring the Common Good in Divided Times“ schreibt der ehemalige britische Oberrabbiner Jonathan Sachs in seiner Einleitung: „Geschichte beantwortet die Frage ‚Was ist geschehen?‘. Erinnerung beantwortet die Frage ‚Wer bin ich?‘. Geschichte beschäftigt sich mit Fakten, Erinnerung mit Identität. Geschichte thematisiert etwas, was jemand anderem geschehen ist. Erinnerung ist dagegen meine Geschichte; die Vergangenheit, die mich zu dem gemacht hat, der ich bin; das Vermächtnis, dessen Hüter ich um der zukünftigen Generationen willen bin. Ohne Erinnerung gibt es keine Identität und ohne Identität sind wir nur Staub auf der Oberfläche der Unendlichkeit.“

Vielleicht ist diese von Gott geschaffene Erinnerungskultur entscheidend für den Fortbestand des jüdischen Volkes auch nach mehr als 2.000 Jahren Diaspora sowie den Erhalt jüdischer Identität auch über kulturelle Grenzen hinweg.

Unser Gott ist ein Gott der Begegnung, Erinnerung und Veränderung. Dies findet sich auch im Neuen Testament wieder. Wie dem jüdischen Volk gilt auch uns die Einladung, uns immer wieder bewusst zu erinnern. Daran, wie unser Gott uns von allem befreit, was uns gefangen hält; wie er uns als unser Vater durch die Wüste trägt und uns ein neues Selbstverständnis, eine neue Perspektive schenkt.

Die bewusste, dankbare Erinnerung an erlebte Wunder und Gottes Versorgung und Begleitung festigt unsere Identität als Kinder Gottes und hat Einfluss auf unsere Einstellung, Prioritäten und Lebensführung. Und sie befähigt uns dazu, Salz und Licht in einer Welt zu sein, welche die Begegnung mit unserem himmlischen Vater so sehr braucht.

Von: Dorothee Thielmann

Dorothee Thielmann ist Pädagogin und arbeitet für „Dienste in Israel”, einen Zweig des Diakoniewerks Kirchröder Turm. Sie lebt in Jerusalem und begleitet junge Menschen, die in Israel einen Freiwilligendienst in sozialen Einrichtungen leisten.

Israelnetz Magazin

Dieser Artikel ist in einer Ausgabe des Israelnetz Magazins erschienen. Sie können die Zeitschrift hier kostenlos und unverbindlich bestellen. Gern können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.

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8 Antworten

  1. Sehr schöner Artikel, vielen Dank dafür. Wenn es dieses Jahr auch schwer war, zu feiern, Israel Gott hat viel zu danken. 40 Jahre Wüste haben das Volk geprägt. Es mag sich aber auch der vergangenen 14 Monate Krieg daran erinnern, wie Gott trotz des Leides auch Bewahrung schenkte. Die, die es verloren hat, fehlen so sehr, aber die Erinnerung lebt in den Herzen der Israelis. Sie lassen sich ihre Lebensfreude nicht nehmen und erfahren einen Gott, der sie befreit.
    Dieser Artikel zeigt auch mir wieder neu, dass ich als Gottes Kind eine Identität bekommen habe, die tragfähiger ist als jede andere Beziehung. Mit diesem Bewusstein erwarte ich noch viel für Israel und auch für mich selbst.

    13
  2. Shalom,-Albert Nola@- Auf was wartest Du noch?Sehen wir uns nächstes Jahr in Jerusalem? Mit Deiner tollsten Frau der Welt? Du kannst auch mit ICEJ dahin gehen.Die haben jedes Jahr ein grosses Treffen da. (Anmelden und Infos unter ICEJ.de) Jerusalem

    4
  3. Danke für den Bericht. Auch in schweren Zeiten ist Sukkot ein wichtiges Fest, möge es im nächsten Jahr wieder in Frieden stattfinden und mit vielen Touristen !

    1

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