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Schimon Peres, der Politiker

Schimon Peres, 90, ist jener israelische Politiker, dessen ganze Zukunft noch vor ihm liegt. So wurde gewitzelt, als das Urgestein der israelischen Politik im hohen Alter zum Staatspräsidenten gewählt worden ist. Obwohl dies ein rein „zeremonielles“ Amt ist, hat sich Peres in Interviews kontroverse politische Äußerungen geleistet.
Äußert sich gerne zu brisanten politischen Themen: Staatspräsident Schimon Peres.

Im israelischen Fernsehsender Kanal 2 hatte Peres in einem Interview aus Anlass des 66. Unabhängigkeitstages behauptet, nach vier Treffen im Jahr 2011 mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas einen „fertigen Vertrag“ ausgehandelt zu haben. Darin seien zwar die Grenzen zwischen dem künftigen Staat Palästina und Israel nicht festgelegt worden, aber das Abkommen sei unterschriftsreif gewesen. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, mit dem die Treffen abgesprochen gewesen seien, habe ein fünftes Gespräch mit Abbas absagen lassen. Angeblich habe Tony Blair, der Unterhändler des Nahost-Quartetts (USA, EU, UN und Russland), ein „besseres Abkommen“ ausgehandelt.
So warf Peres Netanjahu indirekt vor, eine Friedenschance verhindert zu haben. „Fast perfekte“ Friedensabkommen haben freilich schon die Premierminister Ehud Barak in Camp David im Jahr 2000 und Netanjahus Vorgänger Ehud Olmert ausgehandelt. Doch weder der frühere Palästinenserführer Jasser Arafat noch Abbas waren bereit, jene Abkommen zu unterschreiben. So bleibt offen, ob das von Peres ausgehandelte Abkommen wirklich so „perfekt“ war.

Irritierende Äußerungen

Peres hat eigentlich keine politischen Vollmachten. Aber in seinem langen Leben als Politiker hielt er fast alle denkbaren Ämter inne, vom Berater des ersten Premiers David Ben Gurion über zahllose Ministerämter. Eine kurze Zeit war er sogar Premierminister. Jetzt, als Staatspräsident, dessen Kadenz im Juli endet, lösten seine hochpolitischen Äußerungen erhebliche Irritationen aus. Das Büro des Premierministers dementierte vorhersehbar. Von einem fertigen Abkommen mit den Palästinensern sei keine Rede.
Peres fügte seinen Äußerungen noch eine Drohung hinzu. Auch nach seinem Abschied aus dem Amt des Präsidenten werde er mit Hilfe des von ihm gegründeten „Peres Friedenszentrums“ weiter Einfluss auf die israelische Politik nehmen.

Gegengewicht zur Regierung?

Politisch delikat ist auch die Behauptung von Peres, einen angeblich beschlossenen israelischen Angriff auf die Atomanlagen im Iran verhindert zu haben. Peres bestätigte so ausländische Spekulationen, zu denen sich die israelische Regierung nie geäußert hat. Peres war angeblich der Meinung, dass sich Israel auf die USA verlassen könne, den Iran an der Entwicklung einer Atombombe zu hindern. Israelische Sicherheitskräfte und Premierminister Netanjahu waren hingegen der Meinung, dass Israel nur im Alleingang eine iranische Atombombe und die von Teheran angedrohte Zerstörung des jüdischen Staates verhindern könne.
Weiter erklärte der Staatspräsident, dass es ein „Gegengewicht zum Premierminister“ geben müsse. Das war seine Antwort zu der in Israel diskutierten Frage, ob das Amt des Staatspräsidenten überflüssig sei und abgeschafft werden sollte. Es sei hier angemerkt, dass es wohl in keiner funktionierenden Demokratie der Welt – neben der Opposition im Parlament – ein „Gegengewicht“ zum demokratisch gewählten Regierungschef gibt. Dieser hat per Volksvotum die Vollmacht, die Politik seines Staates zu bestimmen und gewiss nicht der allein für repräsentative Zwecke ausgewählte Staatspräsident.

Nachfolger gesucht

Die Nachfolge von Peres ist noch völlig offen, obgleich bis Juli die Abgeordneten der Knesset eine Entscheidung treffen müssen. Unklar ist, ob Minister Silvan Schalom antritt, nachdem ihm „sexuelle Belästigung“ vorgeworfen worden ist. Den 15 Jahre alten Fall hat der Staatsanwalt am Mittwoch wegen Verjährung geschlossen, zumal sich andere angeblich sexuell belästigte Frauen aus neuerer Zeit nicht gemeldet haben. Erst im Jahr 2011 ist der ehemalige Staatspräsident Mosche Katzav wegen Vergewaltigung im Amt von einem Richter am Tel Aviver Bezirksgericht zu einer siebenjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Deshalb gilt die sehr verspätete Anklage gegen Schalom als gezielte Kampagne, ihn als Kandidat für das höchste Amt im Staat auszuschalten. Wer dahinter stecken könnte, ist unbekannt.
Der ehemalige Knessetvorsitzende Reuven Rivlin zählt zum rechten Lager, gilt aber als Kontrahent des Premierministers. Gemeldet haben sich noch eine ehemalige Richterin und ein Nobelpreisträger, denen jedoch mangels politischer Gefolgschaft nur geringe Chancen eingeräumt werden. So ist völlig offen, wer Peres nachfolgen könnte. Der hat schon angekündigt, einer Verlängerung seiner Kadenz nicht zustimmen zu wollen.

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