Der 24-jährige Fadel Schana hatte am 16. April ein Stativ in einem Gebiet im Gazastreifen aufgestellt, in dem es zu Kampfhandlungen zwischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern kam. Kurz vor seinem Tod filmte er einen israelischen Panzer, der etwa 1,5 Kilometer entfernt war. Das Video zeigt, wie eine Granate in seine Richtung abgefeuert wird. Als sie explodierte, endete die Aufnahme. An jenem Tag starben bei Auseinandersetzungen im Gazastreifen 20 Palästinenser und drei Israelis. Mit Schana wurden drei Passanten getötet.
Laut dem abschließenden Armeebericht hatte der israelische Panzerkommandeur die Erlaubnis erbeten, das Feuer auf eine kleine Gruppe zu eröffnen. Die Palästinenser hätten einen unbekannten schwarzen Gegenstand an einem Stativ befestigt und auf die Soldaten gerichtet. „Die Panzerbesatzung war nicht in der Lage, die Art des Gegenstandes zu bestimmen, der an dem Stativ angebracht wurde“, schreibt Brigadegeneral Avihai Mandelblit, der ranghöchste Ankläger des Militärs, in einem Brief an Reuters. „Sie konnte ihn nicht zwangsläufig als Panzerabwehrrakete, Mörsergranate oder Fernsehkamera identifizieren.“ Die Nachrichtenagentur hat das Schreiben am Mittwoch veröffentlicht.
Zuvor seien die Truppen bereits unter palästinensischen Beschuss gekommen, so Mandelblit. „Dies trug zu einer erhöhten Alarmbereitschaft bei und verstärkte den Verdacht, dass die wahrgenommenen Personen in der Tat eine Bedrohung für den Panzer und seine Besatzung darstellten.“ Zudem hätten Schana und sein Kollege Wafa Misjed, der bei dem Angriff verletzt wurde, kugelsichere Kleidung getragen, wie sie bei militanten Palästinensern üblich sei.
Reuters: „Schana war als Journalist zu erkennen“
Dem widersprach Reuters. Die Männer hätten blaue kugelsichere Westen getragen. Ihr Fahrzeug sei deutlich mit einem Presseschild gekennzeichnet gewesen. Palästinensische Journalisten im Gazastreifen verwenden blaue Westen mit englischer Beschriftung, um erkannt zu werden. Hingegen sind bei Terroristen Jacken üblich, die schwarz oder mit Tarnfarben versehen sind. Sie sind mit Granaten oder militärischer Ausrüstung beladen, wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ berichtet.
„Ich bin äußerst enttäuscht, dass dieser Bericht einen unangemessenen Gebrauch von tödlicher Gewalt in einer Lage stillschweigend hinnimmt, von der die Armee selbst zugegeben hat, dass sie nicht klar analysiert werden kann“, sagte Reuters-Chefredakteur David Schlesinger. Daraus könne man den Schluss ziehen, dass jeder, der eine Kamera in Position bringe, eine tödliche Reaktion hervorrufen könne.
In einem Brief an die Armee warf die Londoner Nachrichtenagentur zahlreiche Fragen auf. Unter anderem wollte sie wissen, warum die Soldaten die Möglichkeit ausgeschlossen hätten, dass Schana ein Kameramann sein könnte. Schließlich habe er sich mehrere Minuten vollständig im Sichtfeld des Panzers befunden. Eine weitere Frage lautete, warum sich das Militärfahrzeug nicht aus der mutmaßlichen Gefahrenzone begeben habe. Reuters untersuche seine Möglichkeiten, gerichtlich vorzugehen.
„Ergebnis gefährdet Medienvertreter“
Auch der Verband für ausländische Journalisten in Israel und den Palästinensergebieten (FPA) äußerte Kritik an dem Untersuchungsergebnis: „Der bloße Verdacht auf mögliche Feindseligkeiten sollte nicht ausreichen, um übermäßige tödliche Gewalt zu rechtfertigen. Wir hoffen, dass die Schlussfolgerung der Armee nicht anscheinend Soldaten die freie Erlaubnis gibt, zu schießen, ohne sich über das Ziel im Klaren zu sein. Das würde die Fähigkeiten der Medien, über den Konflikt zu berichten, sehr einschränken.“ Schana sei deutlich als Journalist gekennzeichnet gewesen.
Seit 1992 sind acht weitere Medienvertreter im Westjordanland und dem Gazastreifen getötet worden. Dies teilte das in New York ansässige „Committee to Protect Journalists“ (Komitee zum Schutz von Journalisten) mit.