WARSCHAU (inn) – Polen hat empört auf eine Äußerung der israelischen Sängerin Noa Kirel reagiert. Diese hatte beim Eurovision Song Contest in Liverpool die höchste Punktzahl von dem osteuropäischen Land erhalten.
„Zwölf Punkte von Polen zu erhalten, nachdem dort fast die gesamte Familie Kirel im Holocaust ermordet wurde, ist eine große Leistung“, sagte sie in einem Interview, das am 14. Mai in der Zeitung „Yediot Aharonot“ veröffentlicht wurde. Polens Unterstaatssekretär Paweł Jabłoński (PiS) kritisierte in einem Twitter-Post diese Aussage. Es sei eine Tatsache, dass viele Israelis Polen als Mittäter deutscher Verbrechen und nicht als deren Opfer sähen. Dies geschehe nicht aus Böswilligkeit, sondern aufgrund mangelhafter Bildung.
Auch die polnische Parlamentsabgeordnete Anna Maria Żukowska (Neue Linke) beschwerte sich auf Twitter über den Kommentar der Sängerin: „Spiegelt diese Aussage das Niveau der Holocaust-Aufklärung in Israel wider?“
Unterstaatssekretär lädt Sängerin nach Polen ein
Jabłoński wies auf eine Vereinbarung zwischen Israel und Polen hin. Sie ermöglicht es israelischen Jugendgruppen, Polen zu besuchen, um die polnische Geschichte zu verstehen. Im Rahmen dieser Vereinbarung möchte er Noa Kirel nach Polen einladen, um zu verstehen, warum die Sängerin so über sein Land denkt und damit er erklären könne, warum solche Aussagen schmerzhaft seien. In Polen könne sie selbst die Orte sehen, an denen die Nazis an Polen und Juden ihre Verbrechen begangen haben.
Die polnische Beteiligung an den NS-Verbrechen ist schon lange Teil einer hitzigen Debatte zwischen Israel und Polen. Vor allem das umstrittene Holocaust-Gesetz befeuerte diese Diskussion. Das Gesetz sah ursprünglich Geld- und Haftstrafen für diejenigen vor, welche die aktive Beteiligung Polens an den Nazi-Verbrechen behaupteten. Es wurde nach israelischer Empörung jedoch abgeschwächt. Polen ist dennoch bis heute sehr kritisch gegenüber Kommentaren wie dem von Kirel eingestellt.
Nora Kirel hat beim Eurovision Song Contest für Israel den 3. Platz belegt. Sie kommentierte die Bewertung ihres Auftritts durch Polen weiterhin mit den Worten, dass ihr wirklicher Sieg darin bestehe, Israel ins Bewusstsein zu rücken und ihr Land stolz zu machen. (ahe)
4 Antworten
Ich kann diesen Satz von Noa durchaus nachvollziehen. Sie wunderte sich, dass sie 12 Punkte von Polen erhielt und in ihren Gedanken waren gleichzeitig die Ermordungen an ihren Vorfahren im besetzten Polen von Deutschen.
Die Polnische Regierung will das immer so nicht stehen lassen und sich ausschließlich als Zwangsarbeiter
ansehen. Zwang von deutschen Nazis damals, Juden zu ermorden.
OT:
Ich war in Auschwitz-Birkenau. In Krakau lernte ich einen Zwangsarbeiter kennen, Karol, Mitte 90 J.
Er erzählte mir, dass er als Jugendlicher für die Deutschen im KZ arbeiten musste, Juden in Brennöfen stecken musste. Er unter Zwang, andere machten mit. Das ist das Problem der Polnischen Regierung.
Sie fühlen sich als Opfer, wobei es auch Täter gab.
Herzlichen Glückwunsch, Noa, beim ESC. Wir haben alle unsere „traurige, leblose Geschichte“ in den Familien, unserer Vorfahren. Shalom
Da sind diese 2 polnischen Vertreter mehr als nur dünnhäutig. Auf Grund dieser Dünnhäutigkeit interpretieren sie den Satz von Noa -ich befürchte- bewusst falsch. Schade, weil absolut nicht notwendig.
Die Nazis haben die Vernichtungslager absichtlich nach Polen verlegt,weil Bevölkerung dort sehr
antijüdisch eingestellt war. Es wurde z.B. jeder geflüchtete der SS übergeben, ganz wenige haben
Juden geholfen so gut es ging. Dass niemand in Polen freiwillig in einem solchen Lager mitgearbeitet hat,ist ja klar und dass die Polen unter der deutschen Herrschaft gelitten haben ebenso.
Natürlich waren die Nazis die Verbrecher und das darf auch nicht entschuldigt oder schön geredet werden.
Diese empfindlichen Reaktionen von polnischer Seite offenbaren aber doch, dass man eben manches dem
Verdrängen und Vergessen preißgeben will. Ein guter Weg währe das Geschehene zu akzeptieren und Positieve Schritte aufeinander zu zu tun.
Als wir in Israel waren, besuchten wir am Freitag Vormittag die Holokaustgedenkstätte und ich war schon
erschüttert von dem Allem, ich war emotional total aufgewühlt. Und dann am Nachmittag im Mahane Yehuda Markt sprachen mich 3 Jungs an wo ich her komme, (scheinbar sah man mir nicht an dass ich Deutscher bin) ich sagte Germany,und die flippten fast aus vor Begeisterung. Ich hab das foto von ihnen
immer noch. Das waren jetzt junge Juden und mein Vater war noch im Krieg.
Es gibt also auch nach so einer Vergangenheit positieve Perspektieven für die Zukunft.
Nora Kirel hat vollkommen recht. Natürlich waren die Polen nicht allesamt Opfer. Sie haben auch fleißig mitgemacht. Interessant ist auch die versuchte Vertuschung der nach dem 2ten Weltkriege bestehenden polnischen KZs. Und, wer ein Gesetz zum Schutz gegen Behauptungen der Mittäterschaft beim Holocaust erlassen muß, hat mit Sicherheit Dreck am Stecken.