Nach dem
Anschlag in Tel Aviv, bei dem am Mittwochabend vier Menschen getötet und sieben schwer verletzt wurden, riegelt Israel das Westjordanland und den Gazastreifen ab. Während des
Schawuot-Fests, das bis Sonntagnacht geht, werden sämtliche Grenzübergänge zu den palästinensischen Autonomiegebieten geschlossen, berichtet der israelische Armeesender „Galei Zahal“. Zum Freitagsgebet auf den Tempelberg dürften Palästinenser aus dem Westjordanland aber nach den üblichen Regelungen gehen.
Unter den Beschlüssen des israelischen Kabinetts habe sich auch die Entscheidung befunden, die Leichname getöteter palästinensischer Angreifer zunächst nicht mehr zu ihren Familien zurückzugeben. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman soll diese Maßnahme initiiert haben. Er habe auch die schnellere Zerstörung von Häusern palästinensischer Attentäter gefordert. Das israelische Militär hat laut eigenen Angaben auch zwei weitere Bataillone, die mehrere hundert Soldaten umfassen, ins Westjordanland gesendet.
Dritter Attentäter gefasst
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu gab bekannt, dass die Polizei einen Komplizen der beiden Attentäter festgenommen hat. Wie die Tageszeitung „Jerusalem Post“ berichtet, habe es Razzien in Jatta, der palästinensischen Heimatstadt der Attentäter, gegeben. Dort sei der dritte Mann geschnappt worden. „Wir haben die Arbeitserlaubnis der Familienmitglieder eingeschränkt und eine Sicherheitszone um Tel Aviv errichtet“, sagte Netanjahu.
Der Tel Aviver Bürgermeister Ron Huldai (Avoda) hat derweil mit einem Interview für Aufsehen gesorgt, das er „Galei Zahal“ gegeben hat: „Wir sind vielleicht der einzige Staat auf der gesamten Welt, in dem Menschen unter unserer Besatzung leben, ohne Bürgerrechte eingeräumt zu bekommen.“ Die Führer Israels behaupteten dagegen, dass diese Gebiete in gleicher Weise behandelt würden. „Der Schmerz, den wir ertragen müssen, hat uns noch nicht zu der Erkenntnis gebracht, dass wir Dinge ändern müssen“, sagte Huldai.
Polizist beherbergte Terrorist
Mit Verspätung kommen auch teils unglaubliche Geschichten über den Anschlag in Tel Aviv ans Tageslicht. Der unverletzte der beiden Terroristen mischte sich unter die fliehenden Israelis aus dem Max-Brenner-Restaurant und suchte in einem Wohnhaus Zuflucht. Das berichtete der israelische Rundfunk. Ein Polizist entdeckte den Mann, wie er vor seinem Haus Passanten um ein Glas Wasser bat. Der Polizist war nicht im Dienst, hatte aber die Schießerei gehört. Er dachte, dass es sich um eines der Opfer handelte und lud den Mann in seine Wohnung ein. Er bot ihm zur Beruhigung ein Glas Wasser. Um seinen Kollegen zu helfen, verließ er erneut seine Wohnung, während er den Fremden bei Frau und Kindern im Wohnzimmer zurückließ.
Auf dem Weg nach unten stürmte ihm ein Kollege mit gezückter Pistole entgegen. Er war einer jener Polizisten, die einen Terroristen vor der Cinemathek angeschossen und überwältigt hatten. Gemeinsam betraten sie die Wohnung, wo der herauf stürmende Polizist bemerkte, dass der „Gast“ genauso gekleidet war wie der andere Terrorist, den er gerade überwältigt hatte.
Es stellte sich heraus, dass der Gast in der Wohnung des Polizisten kein „Opfer“ des Anschlags war, sondern einer der beiden Täter. Gemeinsam fesselten sie den Gast mit Handschellen. Wenig später konnte der 21-jährige Attentäter abgeführt und in das Schikma-Gefängnis gebracht werden.
Reaktionen: Abbas, UN-Sicherheitsrat, Merkel
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, veröffentlichte laut der Nachrichtenagentur WAFA am Donnerstag eine Erklärung: „Wir verurteilen Gewalt und Angriffe auf Zivilisten beider Seiten.“ Um Frieden zu erreichen, ermahne er jeden, der mit seinem Handeln zu einer erhöhten Anspannung und zu Stress beitrage. Die Flucht in die Gewalt gelte es zu unterlassen.
Seit dem Beginn der aktuellen Terror-Welle in Israel im vergangenen Herbst verurteilte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum ersten Mal einen der Angriffe. Wie die „Jerusalem Post“ berichtet, hätten die Mitglieder des Sicherheitsrats den Anschlag in Tel Aviv „auf das Schärfste verurteilt“.
Terrorismus in allen Ausprägungen sei die größte Gefahr für internationalen Frieden und Sicherheit. Die Mitglieder sprachen den Angehörigen der Opfer und der israelischen Regierung ihre „tiefste Sympathie“ und Kondolenzen aus. Die Verantwortlichen für diese Tat müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon, bezeichnete die Stellungnahme als „wichtig und moralisch“. Die Bilder des Anschlags durch die palästinensischen Attentäter hätten die Mitglieder des Sicherheitsrates erreicht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte den Angehörigen der Opfer ihre Anteilnahme aus. In einem Kondolenztelegramm schreibt sie an Premierminister Netanjahu: „Die Nachricht von dem terroristischen Anschlag im Sarona-Vergnügungsviertel in Tel Aviv hat mich tief erschüttert.“ Sie verurteile diesen feigen Angriff auf das Schärfste. Den Verletzten wünsche sie eine rasche und vollständige Genesung.
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes: „Unsere Gedanken sind bei unseren israelischen Freunden und den Familien der Opfer.“ Mord und Terror seien durch nichts zu rechtfertigen. Schon gar nicht könnten sie ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein: „Wer solche Taten auch noch rechtfertigt, macht sich mitschuldig an dem Mord von Unschuldigen, und auch an der politischen Blockade.“ (mm/uws)