JERUSALEM (inn) – Zum Ende des einwöchigen Passahfestes hat der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu eine landesweite Ausgangssperre von Dienstag, 17 Uhr, bis Donnerstag um 5 Uhr morgens angekündigt. Israelis dürfen die unmittelbare Umgebung ihres Wohnsitzes nicht verlassen und keine anderen Nachbarschaften oder gar Städte aufsuchen. Bäckereien und Restaurants sowie Supermarktabteilungen mit Chametz – gesäuerten Getreidewaren – bleiben bis Donnerstagmorgen um 2 Uhr geschlossen. Diese Einschränkungen gelten nicht für arabische Wohngebiete.
Bei der Wiedereröffnung am Donnerstag sollen Polizisten die Ansammlung großer Menschenmengen unterbinden. Hintergrund ist die Sorge, dass viele Israelis Lebensmittel kaufen wollen, von deren Konsum sie während der Feiertage aus religiösen Gründen abgesehen haben.
In seiner Ansprache dämpfte Netanjahu die Hoffnung auf eine schnelle Lockerung der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Zwar sei Israel „einer der sichersten“ Orte, wenn es um Corona-Neuinfektionen gehe, aber: „Wenn wir die Regulierungen zu schnell lockern, werden wir einen hohen Preis dafür zahlen“. Es sei „nur natürlich und menschlich“, sich das gewohnte Leben zurückzuwünschen, dennoch lasse der „Krieg gegen das Coronavirus“ keine Wahl: „Erst wenn ein Impfstoff gefunden ist, können wir in die Welt von morgen eintreten, die wieder wie die Welt von gestern sein wird.“
Ministerien liegen über Kreuz
Dennoch verriet der Premier, dass seine Regierung an einem Plan zur Lockerung der Restriktionen arbeite. Dies geschehe dann „langsam und verantwortlich“. Israelischen Medienberichten zufolge wollen die Minister am Donnerstag per Videokonferenz über konkrete Schritte beraten. Der stellvertretende nationale Sicherheitsberater, Eitan Ben-David, wird Netanjahu mehrere Konzepte vorstellen. In den vergangenen Wochen hatten das Gesundheits- und das Finanzministerium sowie verschiedene Wissenschaftler und Institutionen ihre jeweiligen Vorschläge eingereicht.
Die Vorstellungen der beiden Ministerien gehen weit auseinander. Das Finanzministerium argumentiert, die Situation lasse sich wirtschaftlich nicht mehr lange durchstehen. Es schlägt eine Lockerung in drei Etappen vor, die sich über sechs Wochen erstrecken würden. Zunächst sollen 50 Prozent der arbeitenden Bevölkerung wieder aktiv werden. Danach sollen weitere 35 Prozent folgen und die Schulen von der 1. bis zur 3. Klasse wieder öffnen. Zum Schluss sollen die restlichen Beschränkungen aufgehoben werden, während die Menschen sich weiterhin häufig die Hände waschen und Gesichtsmasken tragen, die seit Sonntag Pflicht sind. Ältere Menschen sollen auf unbestimmte Zeit zu Hause bleiben.
Das Gertner-Institut, welches das Gesundheitsministerium berät, veröffentlichte hingegen einen Bericht, demzufolge momentan keinerlei Lockerungen ratsam seien. Es hält die bisherigen Maßnahmen für gescheitert und strebt eine striktere Umsetzung der Isolationsvorgaben an. Derzeit meldet Israel 11.868 Infektionen. 136 Patienten müssen beatmet werden, 118 sind gestorben. Wieder genesen sind bisher 2.000.
Autonomiebehörde fährt Verleumdungskampagne
Derweil hat die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) ihre Beschuldigungen in Richtung Israel ausgeweitet. Sie behauptet schon seit längerer Zeit, israelische Soldaten verbreiteten die Krankheit absichtlich durch Spucken in den palästinensisch verwalteten Gebieten. PA-Sprecher Ibrahim Milhem sagte am Montag laut der Zeitung „Jerusalem Post“ über Israel: „Sie sind Handlanger des Virus. Das sind die Fakten.“ Er fügte hinzu: „Die Besatzung gründet sich auf Unterdrückung, Arroganz und das Untergraben unserer nationalen und gesundheitlichen Immunität.“
Israel hatte laut Medienberichten eine Warnung an die PA übermittelt, derartige Hetze einzustellen. Doch Premierminister Mohammed Schtaje bekräftigte die Anschuldigungen am Montag und sagte, die PA lasse sich von Israel nicht „erpressen“. In den PA-Gebieten sind zur Zeit 273 Corona-Erkrankungen registriert. Zwei Menschen sind gestorben.
Von: tk