Die internationale Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) erregt die Gemüter. Deshalb hat die israelische Tageszeitung „Yediot Aharonot“ eine Konferenz zum Kampf gegen das Phänomen veranstaltet. Zur Eröffnung sprach am Montag Staatspräsident Reuven Rivlin – und befasste sich auch mit dem Thema Israelkritik.
„Wir müssen zwischen Kritik und Delegitimierung unterscheiden, wenn wir uns mit BDS befassen“, sagte Rivlin laut einer Mitteilung des Präsidialamtes. „Kritik kann auch unter Freunden geäußert werden, aber es ist wichtig, zu gewährleisten, dass sie nicht zu einer Delegitimierung Israels wird. Die Behauptungen der Befürworter von BDS und die Kritik der Organisation gründen auf Hass und Feindschaft gegenüber Israel, einschließlich antisemitischer Elemente mit Bezug auf das Recht von Juden, in ihr Heimatland zurückzukehren.“
Herzog: Zeigen, dass Israel demokratisch ist
Oppositionsführer Jitzhak Herzog nahm in seiner Ansprache Bezug auf zwei aktuelle Ereignisse: Einerseits ging es um den
Entscheid des Obersten Gerichtes, der Gasdeal der Regierung verstoße gegen das Gesetz. Im zweiten Fall handelte es sich um die
Debatte um einen Soldaten, der einen wehrlos am Boden liegenden Palästinenser erschossen haben soll.
„Nicht alle, die uns angreifen, sind Israelhasser“, sagte der Vorsitzende der „Zionistischen Union“ einem „Yediot Aharonot“-Bericht zufolge. „Es gibt eine massive schweigende Mehrheit, die von Winden beeinflusst ist, die von hier und dort kommen. Und wenn jene schweigende Mehrheit hört, dass wir ein Oberstes Gericht haben, eine pulsierende Demokratie, Ausdrucksfreiheit und die Freiheit des Protestes, und sie sieht die wahre Geschichte unseres erstaunlichen Landes – jene Mehrheit versteht, dass die BDS-Bewegung völliger Unsinn ist. Aber um das zu haben, müssen wir zeigen, dass unsere Demokratie stark ist und ein starkes und unabhängiges Oberstes Gericht hat.“ Deshalb lehne er die Kritik am Gerichtshof ebenso ab wie die an der Armee, die den Soldaten vor Gericht stellen möchte.
Herzogs Parteigenossin Zippi Livni stimmte zu und ergänzte: „Es ist unwirksam, einfach dazusitzen und sich darüber zu beschweren, dass wir gehasst werden. Es gibt eine kleine Gruppe, die uns hasst. Ihr schließen sich diejenigen an, die mit unserer Politik nicht einverstanden sind.“ Dies könne zu einem sozialen und kulturellen Trend werden, der das Problem ausweite.
Finanzminister Mosche Kahlon und Bildungsminister Naftali Bennett repräsentierten die Koalition. Letzterer teilte mit, der Boykott habe dem Staat Israel bislang keinen wirklichen wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Palästinenser seien am meisten von Aktionen der BDS-Bewegung betroffen, „weil der Boykott dem Export aus den Siedlungen schadet, wo die meisten Arbeiter Palästinenser sind“, fügte er hinzu. „Wir brauchen Sicherheit, die Palästinenser brauchen ein Auskommen.“ Im Haushalt 2015–2016 seien umgerechnet rund 30 Millionen Euro für den Kampf gegen BDS vorgesehen.
EU-Gesandter trotzt Boykottaufruf
Auf der Konferenz meldete sich auch der EU-Botschafter in Israel, Lars Faaborg-Andersen, zu Wort. Zuvor hatten BDS-Aktivisten ihn aufgefordert, die Veranstaltung zu boykottieren. „Manchmal kritisieren mich extremistische Siedler, und nun tut es die BDS-Bewegung“, merkte der Diplomat an.
Er bekräftigte die EU-Haltung zu den israelischen Siedlungen: „Sie sind illegal nach internationalem Recht, sie sind ein Hindernis für den Friedensprozess und sie sind kein Teil Israels. Unsere Abkommen betreffen Produkte, die innerhalb Israels international anerkannter Grenzen hergestellt werden, Grenzen, die nicht die Siedlungen einschließen.“
Gleichzeitig betonte Faaborg-Andersen: „Unsere Politik ist ein Dialog mit Israel. Wir sind Israels größter Handelspartner, und wir sind Israels wichtiger internationaler Partner in Wissenschaft, Technologie, und die Liste lässt sich fortsetzen.“ Kennzeichnung sei etwas anderes als Boykott. Siedlungsprodukte dürften in Europa verkauft werden, aber sie müssten korrekt gekennzeichnet werden.
Der Botschafter fügte hinzu, BDS habe aktuell wenig Einfluss. Die Bewegung dürfe nicht zu viel Aufmerksamkeit erhalten, denn das könne ihre Macht erhöhen. Der Schlüssel zum Sieg über BDS sei, dass Israel und die Palästinenser ihren Konflikt lösten. „Ohne Palästinenserfrage wird es keine BDS-Frage geben“, sagte er im Hinblick auf die Zweistaatenlösung. (eh)