Das britische Energieunternehmen BP hat die Konzession erhalten, Gasfelder vor der Küste von Gaza zu erschließen. Die Profite würden den Palästinensern zugute kommen. In den vergangenen Monaten führte Israel mit Zypern Gespräche über angrenzende Gasfelder und deren gemeinsame Erschließung. Dies wiederum rief die Türkei auf den Plan. Die hält den Norden Zyperns besetzt und stellt eigene Ansprüche auf Seegebiete, die das griechische Zypern für sich beansprucht. Potentiellen Streit und Kriegsdrohungen gab es auch schon aus dem Libanon, weil die Seegrenzen zwischen Israel und Libanon niemals vertraglich abgesteckt worden sind. Es geht um Gasfelder wie „Tamar“ (Dattel) oder „Leviathan“ (Wal).
Die vom amerikanischen Präsidenten Barack Obama vermittelte „Entschuldigung“ Israels wegen der neun getöteten IHH-Aktivisten auf der blockadebrechenden Mavi Marmara diente politischen, militärischen und wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten, wie sich inzwischen herausstellt.
Alon Liel, ein ehemaliger israelischer Botschafter in Ankara, verriet, dass schon „seit Monaten“ stille Verhandlungen zwischen Israel und der Türkei über den Bau einer Gas-Pipeline liefen. Zwei Wochen vor der „Versöhnung“ und dem Obama-Besuch berichtete die „Financial Times“ von Gesprächen zwischen dem amerikanischen Unternehmen Nobel Energy und der israelischen Delek-Gruppe mit den entsprechenden Partnern in der Türkei und sogar in Jordanien. Nobel und Delek haben die Lizenz, Israels Gasfelder zu erschließen. Liel sagte dem „Wallstreet Journal“: „Zypern kollabiert wirtschaftlich. Israel hat verstanden, dass es seine Exportpläne nicht mit der Hilfe Zyperns umsetzen kann.“
Annäherung an Türkei unerwartet
Bisher hatten die israelischen Medien eher über eine Kooperation mit Zypern berichtet, ein Flüssiggas-Terminal zu errichten, zumal vor Obamas Besuch nicht zu erwarten war, dass es in absehbarer Zeit zu einer erneuten Annäherung mit der wirtschaftlich und geostrategisch viel wichtigeren Türkei kommen könnte. Plötzlich hat sich das Blatt gewendet. Die befürchtete Staatspleite Zyperns dürfte zusätzlich zur Annäherung zwischen Ankara und Jerusalem beigetragen haben.
Nach Angaben des „Wallstreet Journal“ schätzt der israelische Energieexperte Amit Mor den möglichen Umsatz durch den Gas-Export auf jährlich 3 bis 4 Milliarden Dollar, bei aktuellen Preisen. Die Kosten für den Transport durch eine Pipeline in die Türkei machten nur ein Fünftel dessen aus, was Lieferungen via Zypern kosten würden. Unklar ist noch der Verlauf der künftigen Pipeline von Israel in die Türkei. Denn Israel befindet sich noch im Kriegszustand mit dem Libanon und die Türkei pflegt keine diplomatische Beziehungen mit Zypern.
Der amerikanische Erdöl-Experte Steve Levine behauptete beim Online-Dienst „Quartz“, dass die plötzliche Bereitschaft des türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan, sich mit der kurdischen PKK zu vertragen, auch mit potentiellen Erdgaslieferungen aus dem kurdisch-kontrollierten Nord-Irak in die Türkei zusammenhänge.
Die Erschließung der Erdgasfelder vor der Küste Israels hatte während des israelischen Wahlkampfes zu öffentlichen Kontroversen geführt, weil wieder einmal viel zu niedrig besteuerte Oligarchen Milliardengewinne machen könnten, während der Staat und die Bevölkerung Israel von dem erwarteten Goldsegen viel zu wenig profitieren. Die Öl-Unternehmen konterten, dass sie ganz allein das Risiko der außerordentlich teuren Entdeckung und Erschließung der Erdgasfelder trügen. Bei Diskussionen in den Knesset-Ausschüssen hieß es, dass die Verteilung der Gewinne internationalen Normen entspreche.