JERUSALEM / BETHLEHEM (inn) – Ein Rundbrief des israelischen Innenministeriums hat Unruhe unter Reiseagenten gestiftet. Gemäß dem offiziellen Brief sollen die Reiseunternehmer ab dem 15. Mai keine Gruppen mehr in palästinensische Autonomiegebiete bringen dürfen, was auch für Bethlehem gilt. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass eine Übernachtung der Touristen in Bethlehem „verboten“ sei. Das wäre ein schwerer Schlag besonders für christliche Pilgergruppen, bei denen ein kurzer Besuch in der Geburtskirche in Bethlehem ein fester Programmpunkt ist. Die Reisebüros erwarten noch eine Aufklärung, zumal die neue Anweisung kaum durchführbar sei.
Inzwischen hieß es, dass diese neuen Vorschriften „eingefroren“, aber nicht aufgehoben seien. Innenminister Arjeh Deri wolle die Vorgaben neu überprüfen. In Kürze sollen „Erklärungen“ dazu veröffentlicht werden. Unklar ist in dem von den Grenzbehörden unterzeichneten Schreiben, wer diese Regeln überwachen soll und bei wem ein Ausnahmeantrag gestellt werden kann.
Angeblich, laut der Tageszeitung „Ha’aretz“, sei auch der Geheimdienst Schabak beteiligt gewesen, wegen „Sicherheitsbedenken“ beim Aufenthalt von Touristengruppen in Bethlehem. Individuelle Touristen seien freilich nicht betroffen, weil die ohnehin keine Genehmigung benötigen, um Bethlehem zu besuchen. Israelischen Bürgern ist jedoch grundsätzlich der Besuch in allen Autonomiegebieten strikt verboten.
Bethlehem rechnet mit Touristenboom
Ein Übernachtungsverbot in Bethlehem wäre ein schwerer wirtschaftlicher Schlag für die Reiseunternehmen, insbesondere für Gruppen aus Ländern wie Indien, Sri Lanka, Indonesien und Osteuropa. Die Hotelpreise in Jerusalem sind unerschwinglich hoch, während man in Bethlehem schon eine Übernachtung zum Preis von nur 22 Euro erhalten kann. Selbst in billigen Jerusalemer Hospizen muss man oft das Dreifache entrichten. Um Geld zu sparen übernachten viele Besucher deshalb in Bethlehem.
Pro Jahr rechnet man mit einer Million Touristen-Übernachtungen in Bethlehem allein. Das neue israelische Verbot wäre deshalb auch ein schwerer Schlag für die palästinensische Wirtschaft. Bethlehem hatte sich auf den Touristenboom vorbereitet und in den vergangenen Jahren zusätzlich Hotels gebaut. Heute können Fahrzeuge und Busse unkontrolliert in das Westjordanland einreisen. Bei den Kontrollpunkten entlang der „Grenzen“ stehen die Ampeln in Richtung besetzte Gebiete meist auf Grün, während Autos, die nach Israel einreisen wollen, genauer unter die Lupe genommen werden. Meistens werden auch sie durchgewunken, darunter auch Touristenbusse.
Von: Ulrich W. Sahm