Ein Sohn von Hamas-Mitbegründer Scheich Hassan Jussef hat der Terror-Organisation den Rücken gekehrt und ist nach Südostasien geflohen. Dort hat er gegenüber einem israelischen Fernsehsender die Korruption und Vorgehensweisen der Hamas offengelegt. Das Interview wurde am Mittwoch auf „Kanal 12“ ausgestrahlt. Zusätzliche Aufmerksamkeit bekommt der Fall durch den Umstand, dass Suheib Jussef der Bruder des sogenannten „Grünen Prinzen“ Mosab Jussef ist. Dieser hatte jahrelang mit israelischen Geheimdiensten zusammengearbeitet und seine Lebensgeschichte in dem Buch „Sohn der Hamas“ veröffentlicht.
Suheib Jussef traf sich mit dem israelischen Reporter in einer Moschee und machte öffentlich, wie er von der Türkei aus für den sogenannten „politischen Arm“ der Organisation arbeitete. Er erledigte geheimdienstliche Aufgaben, wie auch die anderen dort stationierten Mitglieder. So verfüge die Hamas über hocheffektive Abhörsysteme, um die Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde von der Fatah zu bespitzeln. Auch Israelis würden abgehört, sowie Menschen in anderen arabischen Ländern. Allerdings diene die Abhörarbeit keinem politischen Ziel. Die Informationen würden an den Iran gegen finanzielle Unterstützung verkauft. Die Bankgeschäfte liefen über die Türkei.
Des Weiteren rekrutiere das Hamas-Personal von der Türkei aus Minderjährige für Terroranschläge im Westjordanland. Zweck dieser Attacken seien weder der „Widerstand“, noch die „Befreiung“ Jerusalems oder palästinensischen Landes. Sie täten es nicht einmal, weil sie Juden hassen, sondern einzig und allein, um die Krise aus dem Gazastreifen in das Westjordanland zu exportieren.
Die einen prassen, während die anderen darben
Er sei zunehmend wütend auf die Korruption in der Hamas geworden, sagt Jussef. Die Führer in der Türkei hätten in luxuriösen Hotels gewohnt und ihre Kinder auf Privatschulen geschickt. Von der Hamas würden sie gut bezahlt. „Sie bekommen zwischen vier- und fünftausend Dollar im Monat, haben Wachpersonal und Swimming Pools“, erzählt der Hamas-Sohn. Außerdem äßen sie in den besten Restaurants. Dort sei es nicht unüblich, für ein Essen 200 Dollar pro Person auszugeben. „Sie zahlen 200 Dollar für einen Gang pro Person und eine Familie in Gaza lebt von 100 Dollar im Monat?“, fragt er rhetorisch.
Er resümiert: „Ich wuchs in der Hamas auf, ich habe für die Hamas gearbeitet. Aber als ich Zeuge von Korruption wurde, bin ich gegangen und habe die Verbindung gekappt.“ Er sei sich bewusst, dass die Hamas ihn nun wahrscheinlich töten will, habe aber keine Angst. „Wenn sie mich zum Märtyrer machen wollen, werde ich ein Märtyrer“, sagt er. Er hoffe, dass sein Vater seine neuen politischen Ansichten akzeptiere. Immerhin habe er seinerseits 40 Jahre lang die Ansichten seines Vaters in Ehren gehalten. Außerdem wolle er ihm die Augen für die Wahrheit öffnen, was aus der Hamas geworden sei. Scheich Hassan Jussef sitzt zur Zeit in einem israelischen Gefängnis.
Trotzdem ganz anders als sein Bruder
Allerdings distanziert sich Suheib Jussef von seinem Bruder Mosab Jussef. Anders als dieser habe er niemanden betrogen und sei immer loyal gegenüber der Hamas gewesen. Mosab wird mit Blick auf seine ehemals quasi-royale Stellung innerhalb der Hamas und die Farbe ihrer Flagge auch „Grüner Prinz“ genannt. Er hatte als rechte Hand des Vaters und als Sicherheitschef der Hamas über fast ein Jahrzehnt Informationen an Israels Inlandsgeheimdienst Schabak geliefert und während der Intifada geholfen, zahlreiche Terroranschläge zu verhindern. Um die Jahrtausendwende kam er zum Glauben an Jesus. Später erhielt er politisches Asyl in den USA. Im Jahr 2010 erschien seine Autobiografie.
Gegen Juden habe er nichts, erklärt Suheib Jussef. In dem Interview nennt er sie „Leute des Buches“ und versicherte, keine Feindschaft gegen sie zu hegen. „Leute des Buches“ ist im Islam eine gängige Bezeichnung für Juden und Christen. Muslime stellen diese über Menschen, die mehrere Götter anbeten. Nachteile haben die Monotheisten in muslimischen Ländern dennoch zu erdulden.
Jussefs Hauptmotivation sei es, die Hamas im Interesse der Palästinenser zu demaskieren. „Das Problem in Gaza ist, dass die Hamas sich mit Gewalt an die Macht klammert“, sagt er. Wenn sie die Macht aus den Händen legte, gäbe es keine Probleme. Ihren Anführer Ismael Hanije forderte er auf, doch selbst an den Grenzzaun zu kommen, um Steine zu werfen. „Was hat die Hamas von ihren Attacken? Gar nichts. Es ist eine rassistische Terror-Organisation und eine Gefahr für das palästinensische Volk.“
Inzwischen hat die Hamas mit einer breiten Kampagne auf das TV-Interview reagiert. Als „Zeichen der Einigkeit“ startete sie Demonstrationen sowie Medien- und Social Media-Aktionen. Auch die Fatah schlägt sich auf ihre Seite, nimmt etwa an Demonstrationen teil, obwohl Suheib Jussef in dem Interview darstellt, dass die Fatah eines der Hauptziele der Hamas-Aktivitäten ist. Hamas-Führer Hanije rief Scheich Hassan Jussefs Frau an, um ihr zu sagen, dass seine Organisation zu ihnen steht. Im Internet lassen ihre Anhänger mit Blick auf Scheich Jussef verbreiten: „Wir alle sind deine Söhne.“
Von: tk