NABLUS (inn) – Offenbar israelische Siedler haben am Freitag an der Tapuah-Kreuzung südlich von Nablus im Westjordanland Steine auf palästinensische Fahrzeuge geworfen. Dadurch kam eine Palästinenserin ums Leben. Am Montag griff ein Palästinenser Soldaten an einer Bushaltestelle mit einer Stichwaffe an. Er wurde erschossen. Der Vorfall ereignete sich an der Gitai-Avischar-Kreuzung in Samaria, dem Norden des Westjordanlandes.
Bei der Frau im Fahrzeug handelt es sich um Aischa Muhammad Talal Rabia aus dem Dorf Biddja bei Nablus. Die Mutter von acht Kindern wurde noch in ein Krankenhaus nach Nablus gebracht. Dort starb sie. Die genaue Todesursache ist bislang unklar. Fest steht, dass ihr Ehemann durch die Angriffe mit Steinen die Kontrolle über das Fahrzeug verlor und es zu einem Unfall kam. Einige Medien berichten, Talal Rabi wurde tödlich am Kopf getroffen. Ihr Ehemann erlitt eine Kopfverletzung.
Israels Inlandsgeheimdienst Schabak hat eine Untersuchung zu dem Fall eingeleitet. Auch die Polizei-Einheit für nationalistische Verbrechen in Judäa und Samaria prüft den Fall. Noch nicht ausgeschlossen ist die Möglichkeit, dass Palästinenser die Steine geworfen haben und das Auto versehentlich für ein israelisches gehalten haben.
Zur Beisetzung am Samstag in Biddja kamen Hunderte Palästinenser. Sie riefen Sprüche wie: „Mit unserem Blut und unserem Geist werden wir die Märtyrer erlösen.“ Der Ehemann der Frau, Jakub al-Rabia, betonte hingegen, dass seine Familie keine Rache wolle. Gegenüber der Tageszeitung „Yediot Aharonot“ schilderte er die Ereignisse vom Freitag. „Einer der Steine zerschlug die Windschutzscheibe und traf meine Frau am Kopf.“
Abbas: „Verbrechen darf nicht ungestraft bleiben“
Der UN-Gesandte für den Nahen Osten, Nickolay Mladenov, kritisierte die Tat. Er schrieb auf Twitter: „Ich verurteile den Anschlag, bei dem eine Frau getötet und ihr Mann verletzt wurde, durch Steine, die offenbar von israelischen Tätern geworfen wurden. Die Verantwortlichen sollten schnell vor Gericht gebracht werden.“ Er forderte beide Seiten auf, sich gegen Gewalt und Terror zu stellen.
I condemn this Friday’s attack in the #WestBank in which a #Palestinian woman was killed and her husband injured by stones allegedly thrown by #Israeli assailants. Those responsible must be swiftly brought to justice. I urge all to stand up to violence and terror.
— Nickolay E. MLADENOV (@nmladenov) 14. Oktober 2018
Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, sagte am Samstag: „Das ist ein schreckliches und hässliches Verbrechen, begangen von Siedlern unter dem Schutz der Besatzungsmacht. Es darf nicht ungestraft bleiben.“
Auch aus Israel kam Kritik. Der Knessetabgeordnete Jehuda Glick (Likud) äußerte sich ebenfalls zu dem Vorfall: „Wenn tatsächlich jüdische Siedler Steine auf palästinensische Fahrzeuge geworfen und eine Frau getötet haben, dann müssen sie so schnell wie möglich gefunden und bestraft werden.“ Glick, der selbst in einer Siedlung lebt, betonte: „Mörder sind ebenfalls Feinde der Siedlungsbewegung.“
Angespannte Stimmung im Westjordanland
Dem Vorfall waren zwei Angriffe auf Juden im Westjordanland vorausgegangen. Am Sonntag vor einer Woche hatte ein Palästinenser zwei Israelis in einem Industriepark in Samaria erschossen. Der Täter ist noch immer auf der Flucht. Am Donnerstag stach ein Palästinenser einen Reservisten nahe einer Armeebasis nieder und verletzte ihn mittelschwer. Der Täter konnte einige Stunden später festgenommen werden.
Nach dem Vorfall hatten jugendliche Siedler Steine auf palästinensische Fahrzeuge geworfen, die an einer von der Armee errichteten Straßensperre anhalten mussten. Sie flohen, als die Polizei eintraf. Laut der israelischen Rechtsorganisation „Jesch Din“ kehrten die Jugendlichen später zurück und warfen weiter Steine. Die Armee habe nichts dagegen unternommen. Das Militär äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.
Von: dn