Die israelische Armee und der Inlandsgeheimdienst untersuchen das Schicksal zweier vor Monaten im Gazastreifen verschwundener Israels. Das ist am Donnerstag nach Aufhebung einer Nachrichtensperre bekannt geworden. Über das Schicksal der beiden ist wenig bekannt, sagte ein ungenannter Armeesprecher laut der israelischen Tageszeitung „Yediot Aharonot“.
Psychische Probleme vermutet
Die Armee hat bislang nur den Namen eines der beiden Männer veröffentlicht: Der äthiopisch-stämmige Avraham Mengisto aus der Küstenstadt Aschkelon ging Anfang September vergangenen Jahres am Strand entlang Richtung Süden und überstieg den Sicherheitszaun zum Gazastreifen. Die Armee sichtete den 28-Jährigen und rief ihn zurück. Er ging jedoch weiter. Die radikal-islamische Hamas nahm ihn umgehend gefangen.
Die Armee mutmaßt, dass Mengisto geistig krank ist und er deshalb so gehandelt hat. Er sei schon oft tagelang nicht nach Hause gekommen. Wo er sich derzeit befindet und ob er noch lebt, sei unklar. Die Hamas habe angegeben, den Mann befragt und dann freigelassen zu haben, da er kein Soldat sei. Inzwischen halte er sich in Ägypten auf. Die Armee vermutet jedoch, dass sich Mengisto weiter in Hamas-Gefangenschaft befindet.
Vorwurf des Rassismus
Der zweite Verschollene ist laut Armee ein junger israelischer Araber. Er stamme aus der Beduinenstadt Hura. Vor drei Monaten sei er über den Eres-Übergang in den Gazastreifen gelangt. Dort sei er in Gefangenschaft der Hamas geraten. Bereits zuvor habe er mehrmals den Gazastreifen betreten und sei auch nach Jordanien und nach Ägypten gegangen.
Die Familie Mengistos, die von Sozialhilfe lebt, wirft Armee und Regierung vor, nicht genügend auf sie eingegangen zu sein und zu wenig für die Freilassung Avrahams getan zu haben. Sie wirft den Verantwortlichen Rassismus vor. „Ich bin mir sicher, dass wir eine andere Lage hätten, wenn Avraham weiß wäre“, sagte Avrahams Bruder Jalo. Von der nun erfolgten Berichterstattung erhofft sich die Familie mehr Druck auf die Verantwortlichen.
Rivlin: Humanitäre Angelegenheit
Die Mutter Avrahams sagte bei einem Treffen mit dem Bürgermeister von Aschkelon, sie warte jeden Tag auf die Rückkehr ihres Sohnes. „Seit er verschwunden ist, hat mein Leben angehalten. Ich bete für seine Rückkehr, und bitte jeden, der uns helfen kann, dies zu tun.“
Israels Staatspräsident Reuven Rivlin nannte den Fall eine „humanitäre Angelegenheit“. Er rief die Hamas auf, Avraham gesund auszuliefern. „Wir werden weiterhin alle Versuche unternehmen, diesen Vorfall so schnell wie möglich hinter uns zu bringen.“ (inn)