"Ich sammle Bilder arabischer Waffensysteme und vermute, dass der Unterschied zwischen öffentlich zugänglichen Fotos und geheimen Informationen nicht sehr groß ist." Rubin redete von einer "radikalen Koalition" des Iran mit Syrien als Verbündetem und Hisbollah wie Hamas als "Satelliten".
Ob die Hisbollah den Libanon beherrsche oder der Libanon die Hisbollah kontrolliere, sei ungewiss. Im Gazastreifen gebe es neben der Hamas den "Islamischen Dschihad". Die Hamas habe jüngst die Unterstützung des Iran verloren. Die letzte Runde der Gewalt mit Israel sei vom erstarkten "Dschihad" ausgegangen.
Das neue Kriegskonzept heiße "Hybrider Krieg". "Hisbollahchef Hassan Nasrallah ist der eloquenteste Sprecher dieser radikalen Koalition, sagt aber das gleiche wie iranische Generäle", so Rubin. "Ich liebe diesen Mann nicht, aber ich mag seine Reden. Sie sind Kunstwerke." Nasrallah definierte das Konzept 2008: "Wir haben eine neue Form der Kriegsführung entwickelt, wie es sie in der Welt noch nicht gab, irgendwas zwischen klassischem Krieg und Guerillakampf." Die neue Kriegsführung folge der Vorstellung, dass die westlichen Gesellschaften innerlich schwach und moralisch korrupt seien. Sie hätten Angst vor Verlusten, "weil sie sich an das Leben klammern". Im Gegensatz dazu seien die Kämpfer des "Hybriden Krieges" stark, moralisch aufrecht, heroisch und ohne Angst, weil sie "den Tod umarmen". Der "Hybride Krieg" nutze eine empfundene soziale Asymmetrie, um die Gesellschaft des Gegners, nicht aber dessen Streitkräfte zu zerstören.
"Die gesamte Gesellschaft ist am Kampf beteiligt"
Die Idee des früheren kommunistischen Parteichefs in China, Mao Tsetung, in Vietnam praktiziert, sei in Nahost weiterentwickelt worden, sagte Rubin. Zu ihren Methoden gehöre Einschüchterung und die Drohung, das Hinterland des Feindes mit Raketen zu zerstören, ein Zermürbungskrieg mit verlustreichen Attacken auf dessen Zivilbevölkerung (mit Raketen oder Terroranschlägen), sowie das Verteilen und Verstecken der eigenen offensiven Waffen in Wohngebieten. So seien die eigenen Waffen vor Angriffen des Feindes gut geschützt. Die "menschlichen Schutzschilde" dienen zudem einer Delegitimierung des Gegners. Gemäß westlichen Normen dürfen keine "unschuldigen Zivilisten" getroffen werden, obwohl die Waffen unter Schulen, Hospitälern oder Moscheen lagern. "Für Nasrallah handelt es sich um einen Krieg zwischen zwei Gesellschaften. Deshalb unterscheidet er nicht zwischen Kämpfern und unbeteiligten Zivilisten. Denn die gesamte Gesellschaft ist am Kampf beteiligt", erklärte Rubin diese im Westen als unmoralisch empfundene Unbedenklichkeit, Kinder und Frauen zu missbrauchen.
Eine Niederlage Israels oder der USA sei umso größer, je mehr "unbeteiligte Zivilisten" durch "Kollateralschaden" getötet würden.
Entsprechend werden feindliche Streitkräfte provoziert, um sie ausbluten zu lassen und deren Gesellschaft zu demoralisieren. Gleichgültig, wie eine Schlacht ausgeht oder wie hoch die eigenen Verluste sind, werde es immer als "Sieg" dargestellt. Das verwirre die westlichen Gegner. "Wenn Nasrallah oder die Hamas nach einem Krieg mit Israel erklären, dass sie immer noch existieren, ist das ein Zeichen, dass sie gesiegt haben, gleichgültig, wie schmerzhaft die Schläge waren", erklärte Rubin. Das mache diese Organisationen "unbesiegbar".
Syrien habe sich 1973, nach dem Jom-Kippur-Krieg, diesem Konzept angeschlossen. Bis dahin führte es klassische Kriege mit Panzern und großer Armee. "Heute nicht mehr." Die Panzer verrosten irgendwo, während Syrien sein Raketenarsenal ausbaut. Die Syrer investieren in moderne Panzerfäuste und Abwehrwaffen. So könnten sie den Feind provozieren und mit viel Feuerkraft zerstören.
Rubin erzählt, jahrelang erfolglos Fotos syrischer Militärflugzeuge gesucht zu haben. Aus unerfindlichen Gründen hätten sie erstmals vor einem Jahr einige "hoffnungslos veraltete" Kampfjets im Fernsehen gezeigt, darunter sowjetische Suchoi, "die wohl nirgendwo anders mehr fliegen" und Kampfflugzeuge vom Typ MIG 23. Syrien habe sie zuletzt 1991 in Moskau gekauft.
"Wozu muss die iranische Rakete London erreichen?"
Die Iranische Luftwaffe stamme teilweise noch aus Zeiten des Schah. Der Iran und Syrien rüsten heute ihre Raketenarsenale auf. Durch Abmessen von Umfang und Länge der Raketen könne der Westen Reichweite und Gewicht des Sprengkopfs der iranischen Schihab-, Silsal- oder Aschura-Raketen ermitteln. In Nordkorea, China oder Russland entwickelte Waffensysteme wurden im Iran wesentlich verbessert. "Mir ist unverständlich, wozu der Iran die BM25-Musudan-Rakete mit 3.000 Kilometern Reichweite benötigt, also fast bis London", sagte Rubin. Die Antwort sei der von Präsident Ahmadinedschad in einer geheimen Rede geäußerte Traum einer iranischen "Weltherrschaft".
Rubin kommt zum Schluss, dass kein anderes Land neben Israel derart mit Raketen bedroht werde. Die Gefahr gehe von Terror-Organisationen (Hisbollah, Hamas und Dschihad) aus, die offen von einem UNO-Mitglied und Staat (Iran) unterstützt würden. Selbst nach einem Angriff, könne Israel diese Gefahr nicht durch einen klassischen Krieg bannen wie nach einem Angriff durch feindliches Militär. Es müsse sich vor allem passiv mit einem Abwehrschirm schützen.