GAZA (inn) – Zum ersten Mal seit drei Jahren hat das palästinenische Kabinett am Dienstag seine wöchentliche Sitzung im Gazastreifen abgehalten. Der palästinensische Premier Rami Hamdallah erklärte, mit allen palästinensischen Parteien und Organisationen zusammenarbeiten zu wollen. „Wir sind hier, um das Kapitel der Entzweiung zu beenden und unser Nationalprojekt wieder auf den richtigen Pfad zu lenken, um die israelische Besatzung auf Basis des Internationalen Rechts und der UN-Resolutionen zu beenden.“
In der Sitzung forderte Hamdallah ein „sofortiges“ Ende der Blockade des Küstengebietes durch Ägypten und Israel. Eine gelungene Versöhnung würde zudem Geldgeber dazu verpflichten, ihre Versprechen zu erfüllen. Auf einer Geberkonferenz nach dem Gaza-Konflikt von 2014 hatten mehrere Staaten 5,4 Milliarden US-Dollar zugesagt.
Herzlicher Empfang
Im Anschluss an die Sitzung erklärte der Sprecher der so genannten Einheitsregierung, Jusef al-Mahmud, es würden jetzt Ausschüsse gebildet, um offene Fragen zu klären. Als Beispiele nannte er die Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Er lobte zudem die „historische“ Rolle Ägyptens bei der Bemühung um Vermittlung.
Bereits am Montag war Hamdallah mit Ministern und Beamten der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) über den Eres-Übergang in den Gazastreifen gekommen. Nach einem Bericht der israelischen Tageszeitung „Ha’aretz“ gab es dort einen feierlichen Empfang durch Bewohner und Politiker, darunter auch Vertreter der islamistischen Hamas.
Hamdallah erklärte bei dem Empfang: „Wir sind auf Anweisung des Präsidenten Mahmud Abbas gekommen, um in Gaza-Stadt zu erklären, dass der palästinensische Staat nicht errichtet wird, wenn es keine Einheit zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen gibt.“ Weiter kündigte er an, dass seine Regierung dazu bereit ist, Verantwortung für den Küstenstreifen zu übernehmen.
Abbas: Hamas muss militärischen Flügel aufgeben
Am Dienstag war zudem der ägyptische Sondergesandte für die Versöhnungsgespräche, Chaled Fausi, in Gaza eingetroffen. Zuvor hatte er in Ramallah Gespräche mit Abbas geführt. Der Präsident der PA hatte am Montag in einem Interview erklärt, mit der Hamas sei man zwar ideologisch nicht überein, „aber man kann nicht leugnen, dass sie Teil des palästinensischen Volkes sind ist“. Abbas forderte die Hamas jedoch auf, ihren bewaffneten Arm, die Isadin-al-Kassam-Brigaden, aufzugeben.
Die israelische Regierung hat sich zu den Versöhnungsversuchen der Palästinenser skeptisch geäußert. Voraussetzung für einen Friedensprozess sei die Akzeptanz des Staates Israel sowie die Anerkennung Israels als jüdischen Staat, sagte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu laut Mitteilung seines Büros am Dienstag in der Siedlung Ma’ale Adumim. „Wir sind nicht bereit, eine falsche Versöhnung zu akzeptieren, die auf Kosten unserer Existenz geht.“
Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sieht die Versöhnungsbemühungen zum Scheitern verurteilt. Seiner Meinung nach gehe es beiden Seiten nur darum, durch wechselseitige Schuldzuweisungen die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Der Vorsitzende des arabischen Parteienbündnisses Vereinigte Liste, Ajman Odeh, kritisierte hingegen die Äußerungen der Regierung. „Gegner der Versöhnung sind Gegner des Friedens“, sagte er laut der Nachrichtenseite „Jerusalem Online“.
Eine Einheitsregierung hatte sich zuletzt 2014 gebildet, 2015 kam es jedoch zum Bruch. Der Streit schwelt seit dem Jahr 2006. Damals hatte die Hamas bei den Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat der Fatah-Partei von Abbas eine Niederlage zugefügt. Diese akzeptierte das Ergebnis jedoch nicht. 2007 übernahm die Hamas nach einem blutigen Konflikt die Kontrolle im Gazastreifen.
Von: df