JERUSALEM (inn) – Internationale Menschenrechtsorganisationen werfen Israel vor, den Palästinensern keine Impfstoffe zur Verfügung zu stellen. In einer am 22. Dezember veröffentlichten Erklärung heißt es, dass Israel „rechtliche Verpflichtungen“ gegenüber den Palästinensern habe. Diese würden die Bereitstellung „qualitativ hochwertiger Impfstoffe für Palästinenser, die unter israelischer Besatzung und Kontrolle leben“, umfassen. Unterzeichnet wurde diese Erklärung unter anderem von Amnesty International sowie den israelischen Organisationen B’Tselem und Gischa.
Die Organisationen fordern weiter, dass Israel für die Einhaltung der Kühlketten und der notwendigen Infrastruktur Sorge tragen müsse. Darüber hinaus müsse es verhindern, dass in den Palästinensergebieten der Impfstoff Sputnik V aus russischer Produktion verwendet wird. Solange dieser keine Zulassung in Israel habe, könne er auch nicht den Palästinensern verabreicht werden. Die palästinensischen Behörden hatten bereits im vergangenen Jahr angekündigt, den russischen Impfstoff zu kaufen.
Palästinenser wollen keine Zusammenarbeit
Allerdings ist in den palästinensischen Gebieten die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) für die Gesundheitsversorgung und andere Bereiche der zivilen Verwaltung verantwortlich. Dazu gehört auch die Planung und Durchführung von Impfkampagnen. Noch am 21. Dezember betonten Mitarbeiter des palästinensischen Gesundheitsministeriums gegenüber der israelischen Zeitung „Jerusalem Post“, dass keine Zusammenarbeit mit den Israelis geplant sei: „Wir arbeiten selbst daran, Impfstoffe aus verschiedenen Quellen zu erhalten. (…) Wir haben unsere eigene Regierung und ein eigenes Gesundheitsministerium.“
Auf Nachfrage der deutschen Tageszeitung „taz“ antwortete das palästinensische Gesundheitsministerium nicht. Die Journalisten wollten wissen, ob es neben einer Zusammenarbeit bei Covid-19-Tests auch eine im Bereich der Impfstrategien gibt.
Am Dienstag teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit, dass erst im Februar mit dem russischen Impfstoff gerechnet werden könne. Der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, Steven Höfner, hatte bereits Ende Dezember die Erwartungen gedämpft: Die erhofften vier Millionen Impfdosen könnten die Russen nicht zeitnah liefern.
Israel sind rechtlich die Hände gebunden
Am Mittwoch bekräftige Amnesty International derweil ihre Vorwürfe: „Die israelische Regierung muss aufhören, ihre internationalen Verpflichtungen als Besatzungsmacht zu ignorieren, und sicherstellen, dass die unter Besatzung lebenden Palästinenser (…) gleichberechtigt und fair mit COVID-19-Impfstoffen versorgt werden.“ Der Geschäftsführer von Human Rights Watch, Kenneth Roth, bezeichnete auf Twitter Israels Haltung gegenüber den Palästinensern als „diskriminierende Behandlung“.
Gegenüber der „taz“ erklärte der israelische Jurist Daniel Pomerantz, dass Israel sich rechtlich gesehen gar nicht in die palästinensische Impfstrategie einmischen dürfe. 1995 einigten sich Israelis und Palästinenser im Oslo-II-Abkommen darauf, dass die PA für die Gesundheitsversorgung verantwortlich sei. Israel dürfe daher die Verwendung des russischen Impfstoffes gar nicht verhindern. Darüber hinaus bietet Israel Palästinensern in Ostjerusalem, die eine israelische Krankenversicherung haben, ebenfalls den Impfstoff an.
Von: mas