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Herausforderer Gantz und Netanjahu wollen Regierung bilden

Der Chef des erklärten Anti-Netanjahu-Bündnisses Blau-Weiß vollzieht einen politischen Stunt: Er will mit seinem politischen Hauptgegner koalieren. In Zeiten von Corona gebe es keinen Platz mehr für Taktiererei.
Benny Gantz übernimmt den Knesset-Vorsitz und macht den Weg frei für eine Einheitsregierung

JERUSALEM (inn) – Der bisherige Oppositionsführer Benny Gantz hat am Donnerstagabend den Sitz des Knessetsprechers eingenommen. Der rechte Block um den Likud von Premierminister Benjamin Netanjahu wählte Gantz – insgesamt erlangte er 74 Stimmen. Es gab 18 Gegenstimmen. Die anderen Fraktionen einschließlich „Jesch Atid“ („Es gibt Zukunft“), die ein Teil von Gantz‘ Parteienbündnis Blau-Weiß war, beteiligten sich nicht an der Abstimmung. In seiner Antrittsrede kündigte Gantz die Bildung einer „Einheitsregierung“ an.

Der ehemalige Armeechef begründete dies mit dem Hinweis auf die Corona-Krise: „Dies sind ungewöhnliche Tage, die ungewöhnliche Entscheidungen verlangen. Ich beabsichtige, auf jede mögliche Weise eine nationale Notfallregierung zu prüfen und voranzubringen.“ Dies sei nicht die Zeit für innere Zerrissenheit. Gleichzeitig warnte er: „Netanjahu weiß es gut und wir haben es in den vergangenen Tagen bewiesen: Wir werden niemals die Demokratie kompromittieren.“

Blau-Weiß ist Geschichte

Das Parteienbündnis Blau-Weiß ist an der Entscheidung zerbrochen. Nur Gantz‘ Partei „Chossen LeIsrael“ („Widerstandskraft für Israel“) geht mit Netanjahu zusammen. „Jesch Atid“ von Jair Lapid (13 Abgeordnete) will in die Opposition gehen. Was aus Telem von Mosche „Boogie“ Ja’alon (5 Sitze) wird, ist zur Stunde ungewiss. Möglichweise steht sie vor einer Spaltung. Nach dieser würden zwei Mitglieder der neuen Koalition beitreten und die anderen in die Opposition gehen.

Auf Twitter verabschiedete sich Gantz von seinen bisherigen Weggefährten mit den Worten: „Jair, Boogie, danke für den Weg, den wir über das vergangene Jahr hinweg zusammen gestaltet haben. In meinen Augen werdet ihr immer Patrioten sein, die dieses Land lieben und an jeder Stelle für es einstehen.“ Er begründete seine Entscheidung: „Am Ende des Weges, glaube ich, dürfen wir Israel nicht zu einer vierten Wahl zerren in dieser sehr schwierigen Zeit, in der das Land mit dem Coronavirus und seinen Konsequenzen umgehen muss. In diesem Punkt sind wir verschiedener Meinung.“

Netanjahu bleibt Premier – vorerst

Lapid reagierte mit harscher Kritik: „Die Corona-Krise gibt uns nicht das Recht oder die Erlaubnis, unsere Werte aufzugeben.“ Gemeinsam hätten sie versprochen, „nicht mit Extremisten und Verbrechern“ in einer Regierung zu sitzen. Er habe mit Gantz zusammengearbeitet, weil dieser „mir in die Augen geguckt und gesagt hat, er werde niemals Teil dieser bösartigen Regierung werden“. Für Lapid steht fest: „Benny Gantz hat kampflos aufgegeben und ist in Netanjahus Regierung gekrochen.“

Nach ersten israelischen Medienberichten soll Netanjahu für weitere 18 Monate, bis September 2021, Premierminister bleiben. Danach übernimmt Gantz diesen Posten. Bis dahin soll Gantz als Verteidigungsminister dienen und Juli Edelstein (Likud) würde möglicherweise auf den Posten des Knessetsprechers zurückkehren. Mit Gabi Aschkenasi soll „Widerstandskraft für Israel“ zudem den Außenminister stellen. Auch das Justizministerium geht an die Partei von Gantz.

Von: tk

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