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Israel reagiert zurückhaltend auf Trump-Aussagen zu „Illoyalität“ unter US-Juden

Nach Äußerungen von US-Präsident Trump über „Illoyalität“ jüdischer Wähler der Demokraten erntet der Republikaner Kritik von jüdischen Verbänden in den USA. Israelische Politiker reagieren hingegen zurückhaltend.
US-Präsident Trump zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik an seinen Äußerungen

JERUSALEM / WASHINGTON (inn) – Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat am Mittwoch mit der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, telefoniert. Rivlin dankte der führenden Demokratin für ihr „uneingeschränktes Engagement für die Beziehungen zwischen den USA und Israel“. Er betonte weiter, dass Freundschaft zu Israel „keine Parteiangelegenheit“ sei. „Es ist eine nationale Verantwortung“, sagte Rivlin. Der Name von US-Präsident Donald Trump kam in einer von Rivlins Büro verbreiteten Meldung nicht vor. Das Telefonat habe „vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse“ stattgefunden, hieß es jedoch in dem Text.

Trump hatte am Dienstag im Weißen Haus Unverständnis für amerikanische Juden geäußert, die die Demokraten wählen. „Das zeigt, dass sie entweder total unwissend sind, oder aber äußerst illoyal“, sagte der Republikaner. Umfragen gehen davon aus, dass etwa drei von vier US-Juden bei den Midterm-Wahlen im November für die Demokratische Partei gestimmt haben. Trump hatte sich zuvor entsetzt über Äußerungen der demokratischen Kongressabgeordneten Ilhan Omar gezeigt, die Unterstützungsgelder für Israel in Frage gestellt hatte. „Ich kann nicht fassen, dass wir überhaupt darüber diskutieren“, sagte Trump und fragte: „Wie tief ist die Demokratische Partei gesunken?“ Die Partei unterstütze ihre beiden umstrittenen Abgeordneten mehr als Israel, stellte Trump fest. Führende Demokraten hatten das israelische Einreiseverbot für die zwei demokratischen Abgeordneten Ilhan Omar und Raschida Tlaib kritisiert, darunter Nancy Pelosi.

Telefonierte am Mittwoch mit Staatspräsident Rivlin: US-Demokratin Pelosi Foto: Gage Skidmore, flickr
Telefonierte am Mittwoch mit Staatspräsident Rivlin: US-Demokratin Pelosi

US-Juden werfen Trump antisemitische Stereotype vor

Mehrere jüdische Vertreter in den USA sowie demokratische Politiker warfen Trump vor, antisemitische Stereotype zu verwenden. „Es ist unklar, wem gegenüber Juden [laut Trump, Anm. d. Red.] ,illoyal‘ seien sollen, aber Anschuldigungen von Illoyalität wurden schon lange dazu benutzt, Juden anzugreifen“, äußerte sich etwa Jonathan Greenblatt von der „Anti-Defamation-League“ (ADL) auf Twitter. Juden dürften nicht als „politischer Spielball“ missbraucht werden. Trumps Vorwurf der Illoyalität sei „absolut gefährlich“ und „auf schockierende Art spaltend“, meinte auch der Vorsitzende des „American Jewish Committee“, David Harris.

Republikanische Vertreter hingegen unterstützten Trump. „Wir nehmen den Präsidenten ernst, nicht wörtlich“, hieß es etwa aus der „Republican Jewish Coalition“. „Trump benennt das Offensichtliche: aus Sicht derer, die sich um Israel sorgen, ist die Position vieler gewählter Demokraten anti-israelisch geworden“, schrieb die Organisation auf Twitter. Trump gehe es um „das Überleben des jüdischen Staates“.

Keine Reaktion von Netanjahu und Gantz

In Israel meldeten sich unterdessen Vertreter der Opposition kritisch zu Wort. „Normal müsste der Premierminister der erste sein, der eine Entschuldigung fordert“, kritisierte Tamar Sandberg Benjamin Netanjahu. Sandberg ist Knesset-Abgeordnete der links-grünen Meretz-Partei, die bei den kommenden Wahlen im Bündnis „Demokratisches Lager“ antritt. Kritik an dem Likud-Chef kam auch von Ajman Odeh, dem Anführer der arabischen „Vereinigten Liste“. „Ich weiß nicht, was abstoßender ist: die antisemitische Stellungnahme von Trump oder das verlogene Schweigen von Netanjahu“, sagte er der Onlinezeitung „Sman Israel“.

Netanjahu hat sich bisher nicht zu Trumps Aussage zu Wort gemeldet. Vertreter seiner Likud-Partei äußerten sich zurückhaltend: „Wir dürfen uns nicht in politische Streitigkeiten in den USA einmischen. Wir pflegen gute Beziehungen mit beiden, Demokraten und Republikanern, und müssen dies auch weiterhin tun“, erklärte etwa Energieminister Juval Steinitz gegenüber dem Radiosender „Reschet Bet“. Auch die Chefs anderer israelischer Parteien, etwa der Anführer des blau-weißen Bündnisses, Benny Gantz, haben sich bisher nicht zu Trumps Einlassungen positioniert. Die Onlinzeitung „Times of Israel“ bat bei den Vorsitzenden der wichtigen Parteien um Stellungnahmen, erhielt jedoch nach eigenen Angaben keinerlei Antworten.

Wirft Netanjahu „verlogenes Schweigen“ vor: der arabisch-israelische Politiker Ajman Odeh Foto: Adi Cohen Zedek (עדי כהן צדק)
Wirft Netanjahu „verlogenes Schweigen“ vor: der arabisch-israelische Politiker Ajman Odeh

„Ein jüdisches Volk, zwei Realitäten“

Trump setzte sich indes am Mittwoch gegen seine Kritiker zur Wehr: „Wenn man für einen Demokraten stimmt, ist man sehr illoyal dem jüdischen Volk und Israel gegenüber“, spezifizierte und bekräftigte der Präsident am Mittwoch seine Aussage vom Vortag auf Nachfrage eines Reporters. Omar und Tlaib seien „das Gesicht der Demokratischen Partei“ geworden. „Ich bin verantwortlich für zahlreiche großartige Sachen für Israel“, verwies er zudem unter anderem auf die Botschaftsverlegung nach Jerusalem. Den Vorwurf des Antisemitismus wies er zurück. „Das ist nur in Ihrem Kopf antisemitisch“, entgegnete er einem Journalisten auf eine entsprechende Nachfrage. Via Twitter zitierte Trump zudem den Journalisten Wayne Allyn Root. Dieser hatte gesagt, die Israelis liebten Trump, „als ob er der König Israels wäre. Sie lieben ihn, als wäre er die zweite Wiederkehr Gottes.“

In Teilen Israels und der USA gibt es seit längerem die Sorge, dass sich die guten Beziehungen zwischen beiden Staaten zu sehr auf die Freundschaft zwischen Trump und Netanjahu stützten, während sich die Einstellung der Demokraten zu Israel, aber auch das Verhältnis Israels zu den Demokraten verschlechtere. Beobachter konstatieren zudem ein angespanntes Verhältnis zwischen Israel und liberalen Juden in den Vereinigten Staaten. In jüngster Zeit haben jüdische Organisationen in den USA mehrfach Entscheidungen Netanjahus kritisiert, so etwa zuletzt den Beschluss, den Abgeordneten Omar und Tlaib die Einreise zu verweigern. Die konservative Tageszeitung „Jerusalem Post“ kommentierte am Donnerstag auch mit Blick auf die abweichenden Reaktionen in den USA und Israel auf Trumps Äußerungen: „Ein jüdisches Volk, zwei unterschiedliche Realitäten“.

Von: ser

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