BE’ER SCHEVA (inn) – Die Stadt Be’er Scheva erinnert am heutigen Montag an ein besonderes Ereignis: Vor 40 Jahren war der damalige ägyptische Präsident Anwar al-Sadat zu Gast in der Stadt am Rande der Negevwüste. Nach dem Abschluss des Friedensvertrags zwischen Ägypten und Israel stand die Unterzeichnung weiterer regionaler Abkommen auf dem Plan. Weil Sadat gerne den Abrahams-Brunnen in Be’er Scheva besuchen wollte, fand ein Treffen dort statt.
Be’er Scheva bedeutet „Brunnen der Sieben“ oder „Brunnen des Schwurs“. Der Erzvater Abraham hatte laut biblischer Überlieferung (1. Mose 21,22 ff) dort eine Vereinbarung mit Abimelech, dem Philister-König von Gerar, über die Nutzung eines Brunnens geschlossen. Sadats Wunsch sei es gewesen, gerade an diesem Ort ein weiteres Friedensabkommen zu unterzeichnen.
Für Be’er Scheva war es der bis dahin höchstrangige Besuch von Politikern überhaupt: Sadat kam zusammen mit seinem Vizepräsidenten Hosni Mubarak, der später selbst Präsident wurde. Zudem beteiligten sich an dem Treffen Israels Premier Menachem Begin und Staatspräsident Jitzhak Navon sowie der US-amerikanische Außenminister Cyrus Vance.
Be’er Scheva unter Bürgermeister Elijahu Nawi hatte 1979 nur eine Woche Zeit, um sich auf den Besuch am 27. Mai vorzubereiten. Die Stadt wurde von Müll gereinigt. Schulen veranstalteten einen Wettbewerb, bei dem Schüler Sadat und Begin zeichnen sollten. Das schönste Porträt wurde dann den Präsidenten überreicht. Ein Bekleidungsgeschäft verschenkte zu jedem Kauf eine ägyptische Flagge.
Erinnerungen an den großen Tag
Eine Mitarbeiterin der Stadthalle, Jael Bracha, sprach 40 Jahre nach dem Besuch mit der Tageszeitung „Yediot Aharonot“: „Wir erinnerten uns immer noch an unsere Kriege mit Ägypten. Während des Sechs-Tage-Krieges 1967 befanden sich 2.000 bis 3.000 ägyptische Gefangene in der Nähe meines Hauses in Be’er Scheva. Wir Kinder sind nach der Schule dorthin gegangen, um sie zu sehen. Wir haben ihnen Wasser und Kleinigkeiten zum Essen gegeben und ein bisschen auf Arabisch gesprochen.“ Die Gefangenen seien nett gewesen, erzählte Bracha. „Dann wurden sie nach Hause, nach Ägypten geschickt. Und als Sadat kam, war es, als schließe sich der Kreis.“
Be’er Schevas aktueller Bürgermeister, Ruvik Danilovich, war bei Sadats Besuch erst neun Jahre alt, erinnert sich aber noch an diesen Tag. Gegenüber „Yediot Aharonot“ sagte er: „Heute verstehe ich die Bedeutung dieses Besuches. Das ist die Stadt Abrahams, die sowohl dem Volk Israel als auch den Muslimen heilig ist. Der Besuch war wie eine Schnur, die das erste Friedensabkommen des jüdischen Volkes mit der Neuzeit verband.“
Bei der Hauptveranstaltung am 27. Mai hielten Bürgermeister Nawi und Präsident Navon ihre Ansprachen in fließendem Arabisch. „Das Abkommen, das wir (mit Ägypten) unterzeichnet haben, ist nur ein Teil eines umfassenden Friedensplans für die gesamte Region. […] Die Dinge, die früher unmöglich ausgesehen haben, sehen jetzt wie Realität aus. Und morgen werden die Dinge, die jetzt wie ein Traum aussehen, wahr“, sagte Navon damals.
Wunden heilen und Leid verhindern
Sadat betonte in seiner Ansprache: „Wir werden nicht nach den harten Positionen beurteilt werden, die wir eingenommen haben, sondern wir werden beurteilt werden für die Wunden, die wir geheilt haben, die Seelen, die wir gerettet haben, das Leiden, das wir verhindert haben.“ Er fügte hinzu: „Ich weiß, dass die vergangenen 30 Jahre der jüdischen Existenz in Ägypten hart waren. Aber ist das genug, um 3.000 Jahre zu vergessen, in denen Juden gleiche Rechte hatten und Teil hatten an der Entwicklung der ägyptischen Kultur, Wirtschaft und sogar an der Verteidigung unserer Grenzen?“
Am 27. Mai 1979 hatten sich Sadat, Begin und Vance zunächst in der Stadt El-Arisch auf der Sinai-Halbinsel getroffen. Dort sprachen sie unter anderem mit ägyptischen und israelischen Soldaten, die in den Kriegen zwischen beiden Ländern verwundet worden waren. Anschließend flogen die Politiker gemeinsam nach Be’er Scheva. Die Ben-Gurion-Universität im Negev verlieht Sadat an diesem Tag zudem die Ehrendoktorwürde.
Von: dn